King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
Notizen. »Alle waren Prostituierte und drogenabhängig. Jedem Opfer ist aus kurzer Entfernung in die Brust geschossen worden, dann wurde es in einer Seitenstraße unter einer Decke oder einem zusammengefalteten Karton abgelegt.«
»Gab es irgendwelche kriminaltechnisch verwertbaren Spuren?«
»Absolut nichts von den Tatorten. Es scheint, als hätten sie die Leichen einfach eingesammelt und wären wieder verschwunden. Bei einigen der Opfer wurden Samenspuren gefunden, doch wenn man bedenkt, wie diese Frauen gelebt haben, ist das sicher kein Wunder. Eine DNS-Analyse der Proben ist nicht erfolgt und wurde, soweit ich es beurteilen kann, auch nicht angeordnet.«
Wades Miene verhärtete sich. Wenn die Opfer sieben Partygirls aus Meston Heights gewesen wären, die genauso harte Drogen genommen und ebenso viel herumgevögelt hätten, wären die DNS-Tests von oberster Priorität gewesen.
Das Missverhältnis zwischen den Bevölkerungsschichten, das darüber entschied, wem Gerechtigkeit widerfuhr und wem nicht, war sicher weder ein alleiniges Problem von King City noch neu für Wade, doch je öfter er ihm begegnete, desto mehr wurmte es ihn.
»Sonst noch etwas?«, fragte er, legte die große Chipstüte zur Seite und sah sich nach irgendetwas um, womit er sich die Hände abwischen konnte.
Charlotte nickte. »Sie sind alle mit derselben Waffe getötet worden und alle hatten Olivenöl im Gesicht.«
»Ist Olivenöl so eine Art biologische Feuchtigkeitscreme?«, fragte Billy. »Ich habe mal gelesen, dass Japanerinnen sich sogar Vogelscheiße auf die Haut schmieren.«
»Nein, Billy, es ist ein Muster«, erklärte Charlotte so oberlehrerhaft, wie sie nur konnte. »Und zwar ein nicht zu übersehendes. Hier treibt ein Serienmörder sein Unwesen und niemand unternimmt auch nur das Geringste dagegen.«
»Wir schon«, sagte Wade.
»Aber die Frau, die wir gefunden haben, ist weder erschossen oder zugedeckt worden, noch hat man sie mit Salatsoße geduscht«, meinte Billy.
»Da haben Sie recht. Sie passt nicht ins Muster. Deswegen nehme ich an, dass wir es mit zwei Mördern zu tun haben«, erwiderte Wade, während er sich ein Stück Schreibmaschinenpapier nahm und damit seine Hände säuberte. Als Serviette taugte das Papier nichts.
Er blickte auf und sah, dass Charlotte und Billy ihn anstarten. Zum ersten Mal schienen sich die beiden einig zu sein.
»Ich habe vergessen, Servietten zu kaufen«, sagte Wade. »Soll ich mir jetzt die Hände an der Hose abwischen?«
»Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen«, sagte Charlotte, »aber wir arbeiten nicht bei der Mordkommission.«
»Wir sind ja gerade knapp Polizisten«, erklärte Billy.
Charlotte warf ihm einen wütenden Blick zu. »Wenn du so über dich denkst?«
»Wir sind die einzigen Gesetzesvertreter in Darwin Gardens«, erklärte Wade. »Also müssen wir uns der Sache annehmen.«
Die Mission Possible war tagsüber eine Suppenküche, aber nachts wurden die Tische zur Seite geräumt und durch Feldbetten für die Junkies, Betrunkenen und Durchreisenden ersetzt, die sonst nicht gewusst hätten, wo sie bleiben sollten.
Ungefähr sechzig dieser blassäugigen Männer und Frauen, die meisten von ihnen indianischer Abstammung, liefen herum und warteten, während Bruder Ted sich mit einigen Freiwilligen an den Umbau machte, die Tische zusammenklappte und aufstapelte.
Wade und Charlotte kamen herein, und die Obdachlosen versuchten, sich in die dunkelsten Ecken zu drücken, von denen es allerdings durch das grelle Licht der Leuchtstoffröhren nur wenige gab. Also senkten sie ihre Köpfe und hofften, dass wenn sie selbst die Cops nicht sahen, sie ebenfalls nicht gesehen wurden. Und das war gar nicht so kindisch, wie es schien. Charlotte trug eine Mappe und folgte Wade im Abstand von ein oder zwei Schritten. Er begrüßte Bruder Ted und stellte die beiden einander vor.
»Könnten wir Sie kurz sprechen?«, fragte Wade.
»Aber natürlich.« Der Mann führte sie hinüber zu einem der letzten Tische in einer Ecke des früheren Lagerhauses.
»Das war eine beeindruckende Show, die Sie da neulich Abend abgezogen haben«, sagte Bruder Ted.
»Ich habe nur meinen Job gemacht, Pater.«
»Polizisten zu verhaften, scheint ihre Spezialität zu sein.«
»Ich habe es mir nicht ausgesucht«, sagte er. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Alles, was in meiner Macht steht.«
Wade warf Charlotte einen auffordernden Blick zu, die Ted die Mappe gab.
»Ich muss Sie warnen«, sagte sie. »Es sind
Weitere Kostenlose Bücher