King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
Stunde später in einem überfüllten Kino im Clayton Shopping Center saß, wünschte er sich, er hätte Brookes Rat befolgt und zwei Aspirin genommen.
Der Film, in den Brooke ihn geschleppt hatte, war eine dieser mit großem Aufwand produzierten Comicverfilmungen, in denen gut aussehende Menschen in bunten Kostümen versuchten, ihre mehr als trivialen Ängste abzubauen, indem sie sich gegenseitig mit Autos bewarfen und dabei so viel Lärm machten wie nur irgend möglich.
Wade bekam davon bohrende Kopfschmerzen. Er schloss die Augen, was ein wenig zu helfen schien, und im nächsten Moment war er eingeschlafen. Er sackte in seinem Sitz zusammen und kippte sich die Popcornkrümel aus seinem Becher über den Schoß.
Brooke störte es nicht, dass ihr Vater den Film verschlief. Er brauchte ganz offensichtlich ein wenig Ruhe, und sie war einfach nur froh, mit ihm zusammen sein zu können. Aber auch dankbar, dass sein Schnarchen von den lautstarken Zerstörungsorgien der Superhelden übertönt wurde und ihr dadurch mögliche Peinlichkeiten erspart blieben, falls sich zufällig Freunde von ihr ebenfalls im Publikum befanden.
Als der Abspann lief, stieß sie ihn an, um ihn zu wecken. Er blinzelte heftig, setzte sich in seinem Sitz auf und rollte den Kopf von einer Seite zur andern, um seine Halsmuskeln zu lockern.
»Tut mir leid, dass ich eingeschlafen bin«, sagte er und fegte sich die Krümel vom Schoß. »Bist du sauer?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin froh, dass du den Film verschlafen hast. Dadurch waren die Sexszenen nicht so peinlich für mich.«
»Sch!«, sagte Wade und blickte sich um. »Ich weiß, dass es in diesem Film keine solchen Szenen gegeben hat, denn Superhelden haben keinen Sex. Sie fliegen stattdessen durch die Gegend. Und du solltest dir überlegen, was du sagst.«
»Ich soll nicht über Sex reden?«, erwiderte sie und grinste.
»Das ist noch nichts für dreizehnjährige Mädchen.«
»Aber es gibt eine Menge dreizehnjährige Mädchen, die Jungs schon einen blasen.«
»Ich hoffe, du gehörst nicht dazu.«
»Nein. Ich wollte damit nur sagen, du schützt meine Unschuld nicht, wenn du mir verbietest, über Sex zu reden.«
»Das weiß ich, glaub mir. Ich habe die raue Wirklichkeit des Lebens jeden Tag vor Augen. Aber du wolltest mich doch eben nur schocken.«
»Und es hat funktioniert«, stellte sie zufrieden fest. »Jetzt bist du hellwach.«
Sie verließen das Kino und gingen ins Shoppingcenter. Es war einem idyllischen Dorf nachempfunden, das aus einem wilden Mix europäischer Baustile bestand und sich nur rein zufällig mitten in Washington State zu befinden schien.
Es gab eine dänische Windmühle auf einer Apotheke. Eine deutsche Holzfassade wie bei einem Schwarzwaldhaus an einer Lebensmittelhandlung. Ein italienisches Café mit einer Subway-Filiale darin und verschiedene französische Litfaßsäulen mit zwiebelförmigen Eisenkuppeln, auf denen für so lebenswichtige Dinge wie Bikinizonenenthaarung zu Discountpreisen geworben wurde.
Wade und Brooke gingen zum Panda Express, der im spanischmaurischen Stil gehalten war, um etwas zu essen. Sie setzten sich draußen an einen Tisch, von wo sie auf einen kleinen See voller Enten und einer drei Stockwerke hohen Nachbildung von Big Ben mit einer gewaltigen Rolex als Turmuhr blicken konnten, der den Mittelpunkt des Centers bildete.
Alles war bemerkenswert sauber, und die Fußwege aus Pressbeton, die wie altes, aber unbeschreiblich blankes Kopfsteinpflaster wirken sollten, glänzten im Licht der Nachmittagssonne.
»Wo wohnst du?«, wollte Brooke wissen.
Es war ein Thema, das er gehofft hatte, vermeiden zu können, ganz besonders gegenüber Alison, obgleich er wusste, dass er der Frage nicht lange würde ausweichen können. Aber er brauchte Zeit, um sich einzuleben und zu überlegen, wie er es den beiden am besten verkaufen konnte.
»Ich würde viel lieber über dich reden«, sagte Wade.
»Abgesehen davon, dass meine Eltern sich getrennt haben und ich meine erste Periode habe, hat sich in meinem Leben nicht viel verändert«, erwiderte sie. »Ich wohne immer noch im selben Haus, gehe jeden Tag in dieselbe Schule, habe gute Noten, und ich frage mich oft, wie es wohl meinem Dad geht.«
»Du kannst mich jederzeit anrufen«, sagte er.
»Dasselbe gilt für dich«, entgegnete sie. »Aber irgendwie bin immer ich es, die anruft.«
»Ich habe einfach unglaublich viel um die Ohren, das ist alles. Ich vermisse dich sehr. Das Schwerste für mich
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