King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
vergessen, mit wem ich rede. Also was führt dich her, Tom?«
Wade gab Appleby ein Bild von Glory Littleton.
»Ach, verdammt«, sagte Appleby. »Sie war so ein süßes Mädchen. Ich habe gehört, dass man sie umgebracht hat. Was ist passiert?«
»Genau das versuche ich herauszufinden. Hast du sie gekannt?«
»Wir haben uns nur gegrüßt«, sagte Appleby. »Ich habe sie jeden Abend gesehen, wenn sie kam, und dann noch mal vier Stunden später, wenn sie wieder ging. Aber ich habe sie immer im Auge behalten, bis sie im Bus saß.«
»Sie hat in Darwin Gardens gewohnt«, sagte Charlotte. »Was sollte ihr in einer Straße drohen, in der Gucci, Louis Vuitton und Armani ihre Läden haben?«
»Sie ist tot, oder?«, entgegnete Appleby.
»War sie Montag hier?«, fragte Wade.
Appleby schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht aufgetaucht.«
»Hatte sie hier einen Spind?«
Appleby griff nach einem Schlüsselbund, drückte auf einen Knopf, mit dem er die Türen zur Lobby versperrte, und stand auf. »Kommt mit.«
Er führte sie zu einer nicht beschrifteten Tür, die er aufschloss. Dahinter erstreckte sich ein mit Linoleum ausgelegter Gang mit weißen Wänden und Leuchtstoffröhren an der abgehängten Decke.
»Kein Marmor und keine Kronleuchter für die Hilfskräfte«, stellte Charlotte fest.
Sie folgten Appleby zu einem fensterlosen Raum, in dessen Mitte, umgeben von bunt zusammengewürfelten Plastikstühlen, ein zerkratzter Tisch stand. Es gab auch noch eine Couch aus Kunstleder, die mit Klebeband geflickt war, einen Automaten für Süßigkeiten, einen Kühlschrank, eine Spüle, eine Mikrowelle, einen Vorratsschrank und an einer Wand eine ganze Reihe Spinde, die aussahen, als habe man sie von einem Schrottplatz geholt. In einer Ecke stand ein Putzwagen, der mit Staubwedeln, Besen, einem Staubsauger und Reinigungsmitteln ausgestattet war.
»Willkommen im Pausenraum für die Angestellten, obwohl sich niemand hier aufhält. Alle nehmen sich ihr Mittagessen und gehen nach draußen. Die Putzfrauen bewahren hier ihre Uniformen auf und ziehen sich in der Toilette auf der anderen Seite des Ganges um.« Appleby trat zu einem der Spinde und klopfte mit dem Fingerknöchel gegen das Blech. »Dieser war Glorys.«
»Hast du einen Schlüssel dafür?«, fragte Wade.
»Nein. Aber der Schrank unseres Hausmeisters ist da drüben, und ich gehe jetzt in die Pause.«
Wade und Appleby schüttelten sich die Hände, dann verließ der Wachmann den Raum. Verwirrt sah Charlotte ihm nach.
»Was sollte das denn bedeuten?«
»Er wollte uns damit sagen, dass wir keinen Schlüssel brauchen«, erwiderte Wade, ging hinüber zu dem Schrank, öffnete die Tür und spähte hinein.
»Aber wir brauchen zumindest einen Durchsuchungsbeschluss.«
»Das hier ist beides.« Wade nahm einen Bolzenschneider aus dem Schrank und lächelte. »Ein ziemlich vielseitiges Werkzeug.«
Er ging zu Glorys Spind, kniff das Schloss durch und gab es Charlotte.
»Für jemanden, der die Korruption bei der MCU hat auffliegen lassen«, sagte sie und warf das Schloss auf den Tisch, »gehen sie auch ziemlich locker mit dem Gesetz um.«
Wade legte den Bolzenschneider zur Seite, zog ein paar Handschuhe aus seiner Tasche und streifte sie über.
»Die Cops, gegen die ich ausgesagt habe, sind nicht nur einige gesetzliche Feinheiten umgangen, damit sie ihren Job erledigen konnten.« Er öffnete den Spind und begann, ihn zu durchsuchen. Zuerst nahm er eine Schachtel Tampons und etwas Make-up heraus. Beides legt er auf die Couch. »Sie haben sich bestechen lassen und sich an dem Bargeld und den Drogen, die wir als Beweise sichergestellt haben, bedient und außerdem Schutzgelderpressungen direkt aus dem Hauptquartier der Polizei heraus organisiert.«
»Aber so wie hier fängt die Korruption immer an«, wandte sie ein.
»Ich versuche nur, einem Mädchen, das brutal ermordet und wie Müll auf einem Parkplatz entsorgt worden ist, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.« Er legte einen Stapel Klatschmagazine und einen Putzkittel auf die Couch, dann wandte er sich wieder dem Spind zu. »Ich versuche nicht, irgendjemanden zu erpressen oder mich selbst zu bereichern.«
»Aber wenn man erst einmal anfängt, die Vorschriften zu umgehen«, sagte sie, »ist man bald der Meinung, dass sie eigentlich alle keine Gültigkeit mehr haben.«
»Deswegen sind ja Sie hier«, sagte er. »Ich frage mich, was Glory wohl geputzt hat, während sie die hier getragen hat.«
Wade zog mehrere Teile
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