King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
dort in Untersuchungshaft nehmen.«
Wade war zwar immer noch schläfrig, aber nicht so müde, dass er den politischen Schachzug nicht erkannte, der hier auf dem Spielfeld von King City vorbereitet wurde.
»Damit du als der Detective in den Akten stehst, der sie festgenommen hat«, sagte Wade.
Harry zuckte die Achseln. »Ich bin bei der Mordkommission, du bist Streifenpolizist. So läuft das nun mal.«
»Viel wichtiger ist aber, dass die Festnahme dann mit Meston Heights in Verbindung gebracht wird und Darwin Gardens gar nicht erst erwähnt zu werden braucht«, sagte Wade. »Natürlich nur unter der Bedingung, dass heute Morgen keine Fotos gemacht worden sind, als ich sie hergebracht habe, und auch niemand sie im Internet veröffentlicht hat.«
Was natürlich, da war sich Wade sicher, einige der Zuschauer getan hatten.
Harry schüttelte den Kopf. »Dieses Schaulaufen für den Abschaum in der Division Street war nicht okay.«
»Es ist auch nicht besser, wenn man es für die Medien vor dem Hauptquartier macht.«
»Du solltest gelegentlich mal darüber nachdenken, was für die Stadt am besten ist und nicht für deinen persönlichen Kreuzzug.«
»Die Menschen hier müssen merken, dass das Gesetz auch für sie da ist.«
»Nein, müssen sie nicht«, widersprach Harry. »Weil es ihnen nämlich scheißegal ist. Sie kommen nicht für die Steuern auf, die diese Stadt am Leben erhalten. Und sie finanzieren auch keine Wahlkampagnen oder wählen Leute in ihre Ämter.«
»Da hast du Recht«, sagte Wade. »Es sind lediglich diejenigen, die wir beschützen und denen wir helfen sollen.«
Harry Shrake seufzte und schüttelte den Kopf. »Jetzt weißt du, warum du hier allein bist und warum du Rückenschmerzen hast.«
»Kann schon sein, aber zumindest kann ich noch in den Spiegel sehen«, entgegnete Wade und öffnete seinem früheren Partner die Tür. »Und zwar nicht nur, um nachzusehen, ob der Braunton meiner Augenbrauen wie Scheiße aussieht.«
Wade wusste, das war nicht fair gewesen, aber es zu sagen, hatte ihm gutgetan. Er schloss hinter Harry die Tür und ging wieder ins Bett.
Er schlief bis 20 Uhr und es fühlte sich an wie eine Belohnung, die er sich durch die Aufklärung des Mordes an Glory Littleton verdient hatte. Diese sechs Stunden Schlaf – eigentlich acht, wenn er die zwei Stunden dazu rechnete, die ihm vor Harry Shrakes Besuch vergönnt gewesen waren – hatten ihn mental und physisch wieder zu Kräften kommen lassen. Seit Tagen hatte er sich nicht mehr so ausgeruht gefühlt.
Er duschte, rasierte sich, zog seine Uniform an und ging in die Küche.
Als er am Samstag aus New King City zurückgekommen war, hatte er unterwegs ein paar Pappteller, zwei kleine Schüsseln, einige Plastikbestecke, ein paar Hundert Plastikbecher und zwei Tüten voller Lebensmittel gekauft.
Jetzt schüttete er Müsli in eine der Schüsseln und kippte etwas Milch darüber. Dann begann er zu frühstücken.
Es war das erste Mal, dass er in seiner neuen Wohnung aß, und es gefiel ihm.
Er nutzte diese Minuten der Ruhe, um nachzudenken und noch einmal die Ereignisse des vergangenen Tages Revue passieren zu lassen. Und während er das tat, fiel ihm etwas auf, das ihm bisher entgangen war.
Eigentlich war es ihm gar nicht entgangen. Er hatte es deutlich gesehen. Er hatte nur den Zusammenhang nicht erkannt, der ihm jetzt gerade klar wurde, und ihn überkam ein überraschendes Gefühl der Trauer.
Er wünschte, er müsste nicht tun, was er jetzt zu tun hatte.
Doch es bestand kein Grund zur Eile.
Nachdem er aufgegessen hatte, wusch er die Schüssel ab, warf den Löffel weg und ging nach unten zur Arbeit.
Als er die Wache betrat, sah er Charlotte und Billy an ihren Schreibtischen sitzen und ihn wütend anstarren. Das Einzige, worin sich die beiden offenbar immer einig waren, schien ihre Fassungslosigkeit darüber zu sein, was er tat.
»Haben Sie etwas auf dem Herzen?«, fragte Wade und wandte sich den beiden zu.
Billy ergriff zuerst das Wort. Wade hatte eigentlich damit gerechnet, dass Charlotte die Führung übernehmen würde. Es schien ihr Spaß zu machen, ihn zurechtzuweisen.
»Sie haben es zugelassen, dass dieses Arschloch die offizielle Festnahme vornimmt und sich dadurch auch die Aufklärung des Mordes an Glory Littleton auf die Fahnen schreiben kann«, schimpfte Billy. »Das war unser Fall.«
»Wichtig ist nur, dass ihre Mörderin gefasst worden ist«, entgegnete Wade. »Wir machen das hier nicht, um uns irgendwelche
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