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Kings of Cool: Roman (German Edition)

Kings of Cool: Roman (German Edition)

Titel: Kings of Cool: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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vielleicht bringt Intelligenz ja auch Empfindsamkeit mit sich, vielleicht haben sie Mitgefühl mit den Toten, von denen sie leben.
    Natürlich wurde er für diesen Augenblick ausgebildet. In der Sekunde, in der sie die Tür öffnen, um ihn rauszuholen, wird sein Körpergedächtnis übernehmen, aber er weiß, dass er noch schwach ist, frisch verwundet nach der Begegnung mit Crowe  – seine Chancen stehen schlecht, aber er will die Gelegenheit nutzen und den Krähen noch ein bisschen mehr Fleisch servieren.
    Ich kann euch verdammt noch mal mitnehmen.
    Der Wagen fährt vom Highway ab auf einen Schotterweg und Chon merkt, dass seine Muskeln verkrampfen, er zwingt sich, sie zu entspannen.
    Mein Vater hat eine Waffe, die innerhalb weniger Zehntelsekunden mir gehören wird  – so lange dauert es, sie ihm zu entreißen. Den anderen bewaffneten Typen durch den Rücksitz erschießen, dann den Fahrer, dann John.
    Er geht den Filmclip in Gedanken durch, bis er glatt und perfekt abläuft und sich sein Körper die Sequenz eingeprägt hat.
    Der Wagen fährt auf eine schmalere Straße ab, und Chon sieht Lichter, die von einem Haus kommen müssen. Als sie über die steinige Straße einen Hügel hinaufholpern, erkennt er, dass es ein ganzes Anwesen mit mehreren Gebäuden ist.
    Eine hohe Lehmziegelmauer schlängelt sich den Hügel hinauf.
    Glasscherben oben auf der Mauer reflektieren das Scheinwerferlicht.
    Zwei Wachen mit Maschinenpistolen über den Schultern halten den Wagen vor dem Holztor an. Der Fahrer sagt etwas zu einem der Wachmänner in einer Sprache, die in Chons Ohren nach Osteuropa klingt, und der Wagen fährt auf das Gelände.
    Das Haus ist groß, zwei Stockwerke, sehr schlicht und mediterran.
    John steigt aus dem Wagen.
    »Und komm nicht auf die Idee, dein Special-Forces-Kung-Fu auszuprobieren«, sagt er zu Chon. »Wir sind in Mexiko. Du kannst nirgends hin.«
    Da ist Chon nicht so sicher.
    Er ist nicht so sicher, dass er die zwei im Wagen nicht töten, über die Mauer springen und hundert Meilen durch die Baja-Wüste laufen kann.
    Das Problem ist Ben.
    Im Prinzip ist er eine Geisel.
    O auch, falls sie bei ihm ist.
    Er sieht seinen Vater ins Haus gehen.

271
    »Leonard«, sagt Dennis, »hat dein Freund Chon ein Handy?«
    Ben antwortet nicht.
    »Herrgott noch mal«, sagt Dennis, »vertrau jemandem, nur einmal im Leben  – auch wenn's ein Drogenfahnder ist. Hat er ein Handy?«
    Ben nennt keine Namen.
    Er nennt eine Nummer.

272
    Eine andere Wache macht John die Tür auf.
    John tritt ins Foyer, als
    der Doc die Treppe runterkommt.
    Ja, der Doc.

Laguna Beach, Kalifornien
1991

273
    John geht die Ocean Avenue entlang zum Strand und hat ein seltsames Gefühl.
    Es ist komisch, den Ozean zu sehen, draußen rumzulaufen und keinen Stacheldraht und keine Wachtürme vor der Nase zu haben, nicht überlegen zu müssen, wer gerade hinter einem geht und was er von einem wollen könnte.
    Zehn Jahre im Bundesgefängnis in Indiana, und jetzt ist er wieder in Laguna.
    Als freier Mann.
    Zehn Jahre einer vierzehnjährigen Haftstrafe, bis dem Antrag auf Straferlass stattgegeben wurde, und jetzt ist er draußen  – ohne Auflagen, kein Scheiß mit Bewährungshelfer oder so. Er muss niemandem Bescheid gegen, wenn er ein Bier trinken oder kacken gehen will.
    Er geht rüber zum Turm der Rettungsschwimmer, dann über den Bohlenweg.
    Roger Bartlett ist schon da.
    »Hi, John«, sagt Roger. »Willkommen zu Hause.«
    »Ja.«
    »Und danke, dass du hierher gekommen bist«, sagt Roger, »und nicht ins Büro.«
    Ja klar, denkt John, wenn's um Moral geht, sind Banken sensibel.
    John schnaubt. »Wir hatten Geld auf sämtlichen Banken in Newport, Laguna und Dana Point, überall. Verdammt, ich hab schon mit fünfzehn Säcke voll bei euch Arschlöchern abgeliefert. Niemand hat sich je beschwert. Wenn wir nicht gewesen wären, hättet ihr überhaupt nicht die Kohle für eure Wuchergeschäfte gehabt.«
    We built this city on rock-and-roll? Bullshit.
    Ein guter Teil dieser Stadt wurde mit Dope gebaut. Mit Geld, das den Banken zufloss und in Form von Hypotheken für Häuser, Geschäfte, Unternehmen wieder herauskam. In den zehn verfluchten Jahren, die er im Loch saß, weil er etwas verkauft hatte, das jemand kaufen wollte, wurde ziemlich viel gebaut.
    Jetzt kommt er nach Hause, und da sitzt ein zehnjähriger Fremder auf dem Sofa, Taylor wirft ihm die Schlüssel zu und sagt: Jetzt bist du dran , und verschwindet durch die Tür. Hat sich seitdem nicht mehr

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