Kings of Cool: Roman (German Edition)
blicken lassen. Das ist jetzt zwei Wochen her.
Er hat den Jungen angesehen und gesagt: »Hallo, John.«
Der Junge hat geantwortet: »Ich heiße Chon .«
Der kleine Wichser.
Schönen Dank auch für die vielen Karten, Briefe und Besuche, Chon .
Natürlich gibt er Taylor die Schuld. Sie hat sich achtzehn Monate nachdem er einfuhr, scheiden lassen. Er hat alles unterschrieben – was machte das schon für einen Unterschied?
Jetzt guckt er Roger an, der ein bisschen nervös wirkt, ein bisschen fahrig, und er sagt: »Ich will mein Geld.«
»Ist alles da für dich, John«, sagt Roger schnell. »Sind ein paar Zinsen zusammengekommen, hat schön für dich gearbeitet.«
»Wie viel?«
»Zweiundfünfzigtausend.«
»Als Nächstes sagst du besser ›April April‹, du Wichser.«
»Meinst du, so ein Antrag auf Straferlass ist billig?«, fragt Roger. »Du kannst dich bei Meldrun bedanken, der hat jede einzelne Stunde berechnet. Von den Richtern und Kongressabgeordneten mal ganz zu schweigen. Alle halten die Hand auf. Und Taylor? Glaubst du, die ist nicht jede zweite Woche vorbeigekommen? Übrigens hab ich sie nie zweimal im selben Kleid gesehen. Du liebe Zeit, und ich hab gedacht, meine Frau würde viel shoppen. Außerdem hast du ein Kind, John, auf einer privaten Schule –«
»Damit ist jetzt Schluss.«
»Wie auch immer«, sagt Roger, »ich hab jedenfalls mein Bestes für dich getan. Das haben wir alle. Du bist frei. Genieß dein Leben.«
»Zahl mich aus.«
»John, du willst nicht –«
»Zahl mich aus.«
274
John zieht in ein kleineres Haus und schickt »Chon« auf die öffentliche Schule.
Dann besucht er einen alten Freund und steigt wieder ins Marihuana-Geschäft ein, kontaktiert einen anderen alten Freund und nimmt für dreihunderttausend Ware in Kommission.
Aber es dauert, das alles zu verticken.
Es dauert, auf dem Markt Fuß zu fassen.
Ungefähr drei Wochen nach Johns Wiedereinstieg ging Chon die Brooks Street entlang, als ein Wagen neben ihm heranrollte und ihn ein Typ aufforderte, einzusteigen. Sie brachten ihn auf eine alte Ranch draußen in Hemet und behielten ihn dort, bis John bezahlt hatte, was er schuldig war.
Dreihunderttausend.
Chon war einen ganzen Monat lang da draußen, hatte eigentlich viel Spaß, blätterte in der Penthouse , klaute seinen Entführern Kippen und bretterte mit einem Quad übers Gelände, dann kam Big John persönlich vorbei und holte ihn ab.
»Siehst du, wie sehr ich dich liebe?«, fragte Big John, als sie im Wagen saßen.
»Siehst du, wie sehr mich das interessiert?«, erwiderte Chon und streckte ihm den Stinkefinger entgegen.
Big John schlug ihm ins Gesicht.
Fest.
Chon zuckte mit keiner verfluchten Wimper.
Eine Woche später geht John eine Straße entlang, als ein Wagen heranfährt und er aufgefordert wird, einzusteigen. Sie bringen ihn runter nach Mexiko.
275
Bis ganz runter, vorbei an TJ, Rosarito und Ensenada, die ganze Baja-Halbinsel runter.
John denkt, er kriegt eine Kugel in den Hinterkopf, aber dann fahren sie einen Hügel rauf und über den Gipfel, und dann steht da ein großes Haus, umgeben von einer Lehmmauer, und sie fahren durch das Tor auf das Gelände.
Der Doc kommt zur Tür heraus.
Kein Hemd, weite khakifarbene Cargo-Shorts, Sandalen.
Umarmt John wie einen lange verschollenen Sohn.
»Du hättest mich einfach anrufen können«, sagt John.
»Wärst du gekommen?«
»Nein.«
»Hab ich mir gedacht.«
Für einen Toten sieht der Doc gut aus. Ein paar weiße Strähnen im Haar, dessen Ansatz einige Zentimeter die Stirn raufgewandert ist. John hat ihn über zehn Jahre nicht gesehen – seit dem getürkten Selbstmord und Docs Abtauchen ins »Zeugenschutzprogramm«.
»Ich hab gedacht, du verkaufst Aluminiumverkleidungen in Scottsdale«, sagt John.
»Scheiß drauf«, sagt der Doc. »Hab mich bei der ersten Gelegenheit aus dem Staub gemacht und bin hier runtergezogen. Freiheit ist kostbar, mein Sohn.«
»Was du nicht sagst«, sagt John. »Du hast mich verraten, Doc.«
Der Doc schüttelt den Kopf. »Ich hab dich geschützt. Bobby und die anderen Arschgesichter wollten dich umbringen. Ich hab dich da rausgeholt, in Sicherheit gebracht.«
»Zehn Jahre, Doc. Meine Frau ist weg, mein Sohn ist mir fremd –«
»Du hast sie doch beide nie gewollt«, sagt der Doc. »Sei ehrlich.«
»Was willst du, Doc?«
»Ich will dir helfen. Was gutmachen.«
»Wie?«
»Du hast weiter dran geglaubt, Johnny«, sagt der Doc. »Du bist mir treu
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