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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Timberlake an der Hauswand. Sie war kreidebleich. Die Schatten unter ihren Augen wirkten wie melodramatisch geschminkt.
    Das Heulen der Polizeisirenen zerriss die stille Morgenluft.
    Durch die verglaste Seitenwand des Korridors konnte ich sehen, wie Polizisten in Uniform die Treppe heruntergelaufen kamen und in den Innenhof rannten. Frauen kreischten auf, als hätten die Schüsse jahrelang unterdrückte Gefühle plötzlich freigesetzt. Die in Panik geratene Menge im Korridor wogte vorwärts und teilte sich abrupt.
    Tap Granger lag auf dem Rücken, die Arme seitlich ausgebreitet wie beim Sonnenbaden. Jemand hatte ihm die rote Skimütze vom Gesicht und über die Stirn gezogen, wo sie ihm wie ein lascher Hahnenkamm übers Haar hing. Er trug ein kurzärmeliges Hemd, und ich konnte sogar die Falten erkennen, die seine Frau hineingebügelt hatte. Seine Arme wirkten mager. Tap war tot. Bailey war nirgends zu sehen.
    Als ich in den Gerichtssaal zurückkehrte, wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass unter meinen Schritten Glassplitter und Schutt knirschten. Royce Fowler war wieder auf den Beinen und schwankte unsicher durch die leeren Bankreihen. Sein Mund zitterte.
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie damit nichts zu tun hatten«, begann ich.
    »Wo ist Bailey? Wo ist mein Junge? Sie werden ihn niederschießen wie einen räudigen Hund.«
    »Nein, das werden sie nicht tun«, widersprach ich. »Er ist schließlich nicht bewaffnet. Aber sie finden ihn sicher. Ich will zu Ihren Gunsten annehmen, dass Sie keine Ahnung von dem hatten, was hier passieren sollte?«
    »Wer war der Kerl mit der Mütze?«
    »Tap Granger. Er ist tot.«
    Royce sank auf eine Bank und verbarg das Gesicht in den Händen. Der Schutt unter meinen Füßen knirschte. Als ich hinuntersah, wurde mir klar, dass der Fußboden mit weißen Körnchen übersät war.
    Verwirrt starrte ich an mir herab, dann bückte ich mich und hob eine Hand voll davon auf. »Was ist denn das?«, murmelte ich unwillkürlich. Im selben Augenblick wusste ich es, aber es machte keinen Sinn. Taps Schrotgewehr war mit Salzkristallen geladen gewesen.

9

    Als wir endlich zum Motel zurückkehrten, war Royce dem Zusammenbruch nahe, und ich musste ihm ins Bett helfen. Ann und Ori hatten beim Arzt erfahren, was geschehen war, und waren sofort nach Hause gefahren. Sie kamen kurz nach uns. Bailey Fowler wurde im Fahndungsaufruf als »vermutlich gefährlicher Killer im Besitz einer Schusswaffe« bezeichnet. Die Straßen von Floral Beach wirkten so leer und ausgestorben wie nach einer Naturkatastrophe. Ich glaubte beinahe zu hören, wie überall in der näheren Umgebung die Türen verriegelt wurden und alte Damen hinter ihren Vorhängen hervorlugten. Wie man auf die Idee kommen konnte, Bailey sei dumm genug, ausgerechnet in seinem Elternhaus Zuflucht zu suchen, war mir unbegreiflich. Trotzdem musste auch die Polizei diese Möglichkeit durchaus in Betracht gezogen haben, denn ein Polizeibeamter in brauner Uniform erschien im Motel und führte ein langes und ausführliches Gespräch mit Ann; dabei hatte er ständig die Hand am Knauf seiner Waffe und ließ seine Blicke unaufhörlich umherschweifen, als suche er Anzeichen dafür, dass der Flüchtige im Haus versteckt gehalten wurde.
    Kaum war der Streifenwagen wieder abgefahren, strömten Freunde der Familie mit ernsten Gesichtern ins Haus und brachten etwas zum Essen mit. Etliche dieser Leute hatte ich bereits im Gerichtssaal gesehen, und ich war nicht sicher, ob Mitgefühl oder Sensationslust sie hergetrieben hatte.
    Zwei Damen aus der Nachbarschaft wurden mir als Mrs. Maude und Mrs. Emma vorgestellt. Sie waren ältliche Schwestern, die Bailey bereits von klein auf kannten. Robert Haws, der Baptistenpfarrer, erschien mit seiner Frau June, eine weitere Besucherin war Mrs. Burke, die Inhaberin des zwei Blocks weit entfernten Waschsalons. Sie sei kurz vorbeigekommen, erklärte sie, um zu fragen, ob sie irgendwie helfen könne. Ich hoffte, sie würde für die Wäsche Spartarife anbieten, aber offenbar kam ihr das gar nicht in den Sinn. Mrs. Maudes Miene nach zu schließen, missbilligte sie den tiefgefrorenen Käsekuchen zutiefst, den die Dame aus dem Waschsalon mitbrachte. Mrs. Maude und Mrs. Emma wechselten einen Blick, der besagte, dass es nicht das erste Mal war, dass Mrs. Burkes hausfraulicher Eifer zu wünschen übrig ließ. Das Telefon klingelte unaufhörlich. Mrs. Emma bestritt in Eigenregie die Aufgabe der Telefonistin, wimmelte Anrufe ab und führte

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