Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung
kennen zu lernen«, sagte ich. »Leider ist unsere Arbeit gar nicht so aufregend wie im Film.«
»Hoffentlich nicht! Diese schrecklichen Schießereien und Verfolgungsjagden! Wenn ich daran denke, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Man möchte meinen, dass das für ein nettes Mädchen wie Sie kaum der richtige Beruf ist.«
»So nett bin ich gar nicht«, widersprach ich bescheiden.
Sie lachte und hielt das offenbar für einen Witz. Ich ging jeder Diskussion aus dem Weg, indem ich nach einem Keksteller griff. »Ich bringe das hier nur schnell rüber«, murmelte ich und verließ die Küche.
Draußen im Korridor machte ich langsamer. Ich saß in der Falle. Mir blieb nur die Wahl zwischen salbungsvollen Bibellesungen im einen und erbarmungslosen Plattitüden im anderen Zimmer. An der Schwelle blieb ich stehen. Während meiner Abwesenheit hatte sich noch der Direktor der Highschool zu den anderen gesellt, war jedoch ins Gespräch mit Mrs. Emma vertieft und schien mich nicht zu bemerken. Schließlich ging ich weiter ins Wohnzimmer, wo ich Mrs. Maude den Keksteller übergab, mich hastig entschuldigte und ins Büro weiterlief. Reverend Haws deklamierte gerade eine Furcht erregende Passage aus dem Alten Testament voller schrecklicher Heimsuchungen und Entbehrungen. Oris Los musste vergleichsweise harmlos erscheinen, was vermutlich der tiefere Sinn für die Vorstellung war.
Ich ging in mein Zimmer hinauf. Es war kurz vor zwölf Uhr mittags, und ich nahm an, dass die kleine Versammlung bis zu einem warmen Mittagessen ausharren würde. Wenn ich Glück hatte, gelang es mir, mich über die Seitentreppe hinunter und zu meinem Wagen zu schleichen, bevor jemand merkte, dass ich nicht mehr da war. Ich wusch das Gesicht und kämmte mich. Ich hatte gerade die Jacke über dem Arm und eine Hand auf dem Türknauf, als es klopfte. Mein erster Gedanke galt Dwight Shales. Möglicherweise hatte er von seiner Behörde das Okay dafür erhalten, mit mir zu reden. Ich machte auf.
Vor mir stand Reverend Haws. »Verzeihen Sie den Überfall, aber Ann meinte, dass Sie vermutlich in Ihrem Zimmer zu finden seien«, begann er. »Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, mich vorzustellen. Robert Haws, der Pfarrer der Baptistengemeinde von Floral Beach.«
»Hallo. Wie geht’s?«
»Danke bestens. Meine Frau June hat mir erzählt, wie nett sie sich mit Ihnen vorhin unterhalten hat. Sie meinte, Sie hätten vielleicht Lust, heute Abend an unserer Bibelstunde in der Kirche teilzunehmen?«
»Wie nett«, erwiderte ich. »Leider weiß ich noch nicht, ob ich heute Abend hier sein werde. Aber trotzdem vielen Dank für die Einladung.« Ich schäme mich, es zuzugeben, aber ich imitierte den salbungsvoll jovialen Ton, der hier üblich zu sein schien.
Wie seine Frau schätzte ich Reverend Haws auf ungefähr fünfzig. Allerdings hat er sich besser gehalten, dachte ich. Er sah, vorausgesetzt man mochte den Typ, recht gut aus: volles, rundes Gesicht, randlose Brille, sandfarbenes, grau meliertes, und volles Haar, mit einem Hauch von Frisiercreme. Er trug einen dezent karierten Anzug und ein schwarzes Hemd mit weißem Halskragen, Details, die bei einem protestantischen Geistlichen nur auf eine Marotte des Trägers hindeuten konnten. Ich vermochte mir nicht vorzustellen, dass Baptistenpfarrer sich normalerweise so kleideten. Davon abgesehen hatte er den unbekümmerten Charme eines Mannes, der sein gesamtes Erwachsenendasein hindurch nur fromme Komplimente empfangen hatte.
Wir schüttelten uns die Hand. Er hielt meine fest und tätschelte sie, während er einen intensiven christlichen Augenkontakt pflegte. »So viel ich gehört habe, sind Sie aus Santa Teresa. Kennen Sie zufällig Millard Alston von der Baptistengemeinde in Colgate? Wir sind zusammen auf dem Seminar gewesen. Wie lange das her ist, erzähle ich Ihnen allerdings lieber nicht.«
Ich entzog meine Hand seinem feuchten Griff und lächelte charmant. »Der Name kommt mir nicht bekannt vor. Aber natürlich bin ich selten in der Gegend.«
»Zu welcher Kirchengemeinde gehören Sie? Sie sind doch hoffentlich keine dieser schrecklichen Methodisten, oder?« Er lachte dabei, um mir zu zeigen, welch ausgefallenen Humor er hatte.
»Ganz und gar nicht«, entgegnete ich.
Sein Blick war auf das Zimmer hinter mir gerichtet. »Begleitet Ihr Mann Sie?«
»O nein! Wirklich nicht.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Heiliger Bimbam, ich bin schon viel zu spät dran.« Der »Heilige Bimbam« blieb mir fast
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