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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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eine Liste mit Namen und Telefonnummern für den Fall, dass Ori später zurückrufen wollte.
    Royce weigerte sich, mit irgendjemandem zu sprechen, während Ori von ihrem Bett aus Hof hielt, endlos wiederholte, wie sie die Neuigkeit erfahren, was sie dabei zuerst gedacht, wie lange es gedauert hatte, bis sie die Bedeutung all dessen begriffen hatte, und dass sie in ihrem Unglück einen Schreikrampf bekommen, sodass der Arzt ihr ein Beruhigungsmittel verabreicht hatte. Tap Grangers Schicksal oder die Gefahr, in die sich ihr Sohn mit dieser Flucht begeben hatte, waren für die »Ori-Fowler-Show«, in der sie die Starrolle spielte, nur von marginaler Bedeutung. Bevor ich eine Chance hatte, das Zimmer unbemerkt zu verlassen, rief uns der Reverend zum Gebet zu sich. Ich muss gestehen, dass mir ordentliche Gebetsriten nie beigebracht worden sind. So viel ich weiß, faltet man dabei die Hände, senkt ernst den Kopf und verkneift sich Seitenblicke auf andere Andächtige. Gegen religiöse Praktiken habe ich eigentlich nichts. Ich verspüre nur keine große Lust, mir von anderen ihren Glauben aufoktroyieren zu lassen. Sobald Zeugen Jehovas vor meiner Tür auftauchen, frage ich sie als Erstes nach ihrer Adresse und versichere ihnen, dass ich spätestens in einer Woche zu ihnen kommen und sie mit meinen Überzeugungen traktieren werde.
    Während der Reverend um Baileys willen mit dem lieben Gott Zwiesprache hielt, erlaubte ich meinen Gedanken abzuschweifen und nutzte die Zeit, die Frau des Geistlichen zu beobachten. June Haws war ungefähr fünfzig, klein und wie fast alle Frauen ihrer Gewichtsklasse zu einer vorwiegend sitzenden Lebensweise geschaffen. Nackt war sie vermutlich weiß und hatte, vornehm ausgedrückt, Fettgrübchen. Sie trug weiße Baumwollhandschuhe, die auf der Höhe der Handgelenke Flecken von einer bräunlichen Tinktur aufwiesen. In einer medizinischen Fachzeitschrift abgebildet, mochten sie ein Paradebeispiel für einen besonders komplizierten Fall von Schuppenflechte sein.
    Als Pfarrer Haws in seinem langatmigen Gebet endlich zum Schluss kam, entschuldigte sich Ann und ging in die Küche. Es war klar, dass ihre offensichtliche Diensteifrigkeit ein Vorwand war, sich immer wieder entziehen zu können. Ich gab vor, ihr helfen zu wollen, und begann Untertassen und Tassen zu decken, Kekse auf Teller mit Papierspitzendeckchen zu legen, während Ann eine große Kaffeemaschine aus rostfreiem Stahl aus dem Büro in die Küche wuchtete. Auf der Küchentheke standen bereits eine Kasserolle Tunfisch, überzogen mit einer Schicht Kartoffelchipsbröseln, ein Nudel-Hackfleisch-Auflauf und zwei Obstpudding-Formen, die ich auf Anns Bitte in die Gefriertruhe stellte. Es war erst eineinhalb Stunden her, dass Bailey unter dramatischen Umständen aus dem Gerichtssaal entflohen war. Ich glaubte nicht, dass Gelatine so schnell fest wurde, aber diese christlichen Damen kannten vermutlich irgendwelche Tricks mit Eiswürfeln, die Salate und Desserts speziell zu solchen Gelegenheiten in Rekordzeit fest werden ließen. Ich malte mir aus, dass es vermutlich einen Anhang zum Kirchen-Kochbuch der Damen über »Snacks für plötzliche Todesfälle« gab... und wobei Zutaten verwendet wurden, die jede Hausfrau für den unverhofft eintretenden Katastrophenfall stets vorrätig haben konnte.
    »Kann ich irgendwie helfen?«, fragte June Haws von der Küchentür her. Mit ihren Baumwollhandschuhen sah sie aus wie ein Sargträger für jemanden, der möglicherweise erst kürzlich an derselben Hautkrankheit gestorben war. Ich schob einen Keksteller beiseite und zog einen Stuhl heran, damit sie sich setzen konnte.
    »Nein, danke... für mich nicht, Kleines«, wehrte sie ab. »Ich sitze nie. Warum lässt du mich nicht weitermachen und ruhst deine Füße aus, Ann?«
    »Wir schaffen das ganz gut«, sagte Ann. »Wenn du Mutter von Bailey ablenken kannst, dann ist das für uns die beste Hilfe.«
    »Haws liest ihr aus der Bibel vor. Es ist unglaublich, was diese Frau alles durchmachen muss. Das muss einem ja das Herz brechen. Wie geht’s deinem Vater?«
    »Es war natürlich ein Schock für ihn.«
    »Der arme Mann.« Sie sah mich an. »Ich bin June Haws. Ich glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden.«
    »Entschuldige, June«, warf Ann ein. »Das ist Kinsey Millhone, Privatdetektivin, Pop hat sie engagiert, um uns zu helfen.«
    »Privatdetektivin?«, wiederholte sie ungläubig. »Ich dachte, so was gibt’s nur im Fernsehen.«
    »Freut mich, Sie

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