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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Eichentischen und lederbezogenen Stühlen. Ich ging zu den hohen Erkerfenstern am Ende des Speisesaals. Durch das geriffelte Glas sah ich unscharf, wie die Tennisspieler den Platz verließen und auf mich zukamen.
    Links von mir befand sich eine Flügeltür aus massivem Holz. Ich schlich auf Zehenspitzen darauf zu und blickte in die Hotelküche. Das milchige Licht von den Küchenfenstern warf seinen grauen Schein über endlose Nirostaflächen. Überall Stahl, Chrom, altes Linoleum. In offenen Regalen war schweres, weißes Steingut gestapelt. Der Raum hätte ins Museum gepasst; Titel: »Die wiederaufgelegte Moderne oder Die Küche der Zukunft. Um 1966.« Ich machte kehrt und ging durch den Korridor zurück. Plötzlich Stimmengemurmel.
    Blitzschnell huschte ich hinter die offene Speisesaaltür und presste mich mit dem Rücken flach gegen die Mauer. Durch den Spalt zwischen Tür und Türpfosten entdeckte ich Mrs. Dunne im Tennisdress mit dem Schläger unter dem Arm. Sie hatte Beine, so wohlgeformt wie dorische Säulen, in die der Rand des Slips, der unvorteilhafterweise unter ihrem kurzen Tennisröckchen hervorschaute, einschnitt. An einer Wade wand sich eine Krampfader wie eine Weinranke. Nicht eine Strähne ihres platinblonden Haares hatte sich gelöst. Ich vermutete, dass ihr Begleiter Dr. Dunne war. Im nächsten Augenblick waren die beiden verschwunden. Ihre Stimmen entfernten sich. Von Dr. Dunne hatte ich nur lockiges, weißes Haar, rosarote Haut und die korpulente Statur gesehen.
    Ich trat aus meinem Versteck hervor und kehrte in die Hotelhalle zurück. Am Empfang saß jetzt eine Dame im orangeroten Hotelblazer. Sie blickte mir flüchtig entgegen, als sie mich kommen sah, doch sie war offenbar zu gut geschult und in den Tugenden einer Empfangsdame bewandert, als dass sie sich die Frage erlaubt hätte, wo ich denn gewesen war.
    »Ich habe mich ein bisschen umgesehen«, sagte ich. »Ich möchte hier vielleicht ein Zimmer mieten.«
    »Das Hotel ist für drei Monate wegen Renovierung geschlossen. Wir machen erst am ersten April wieder auf.«
    »Haben Sie einen Prospekt?«
    »Sicher.« Sie griff automatisch unter die Theke und zog einen Faltprospekt hervor. Sie war über dreißig, vermutlich Absolventin einer Hotelfachschule, und fragte sich bestimmt, weshalb sie alles, was sie gelernt hatte, an ein Hotel verschwendete, in dem es wie auf der Müllkippe stank. Ich warf einen Blick auf die Broschüre, die sie mir gegeben hatte. Es war dieselbe, die in meinem Motel auslag.
    »Ist Dr. Dunne hier? Ich würde gern mal mit ihm sprechen.«
    »Er ist gerade vom Tennisplatz gekommen. Sie müssen ihm im Korridor begegnet sein.«
    Ich schüttelte verdutzt den Kopf. »Nein, ich habe niemanden gesehen.«
    »Augenblick bitte. Ich rufe ihn an.«
    Sie hob den Hörer eines Haustelefons und wandte mir den Rücken zu, sodass ich ihre Lippenbewegungen nicht deuten konnte, während sie mit leiser Stimme mit der Person am anderen Ende sprach. Dann legte sie wieder auf. »Mrs. Dunne wird jeden Moment hier sein.«
    »Großartig. Ist hier vielleicht irgendwo eine Toilette?«
    Sie deutete auf den Gang links vom Empfang. »Die zweite Tür rechts.«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Ich hatte natürlich geflunkert. Sobald ich außer Sichtweite war, lief ich den Korridor entlang bis zum anderen Ende, wo er auf einen Quergang traf, der zu den Büros der Hotelverwaltung führte. Alle Büros rechts und links des Korridors waren leer. Bis auf eines. Ein hübsches Messingschild besagte, dass es sich um Dr. Dunnes Arbeitszimmer handelte. Ich ging hinein. Auf dem Stuhl lag ein Häufchen durchgeschwitzte Tenniskleidung, und ich hörte hinter einer Tür mit der Aufschrift »Privat« Duschwasser rauschen. Ich nahm mir die Freiheit, einmal um seinen Schreibtisch herumzugehen, während ich auf ihn wartete, und ließ meine Finger durch seine Papiere gleiten, fand aber nichts, das mich interessiert hätte. Ein Pharma-Vertreter war offenbar da gewesen und hatte Gratisproben eines Medikaments gegen Magen- und Darmgeschwüre und entsprechende Merkblätter dagelassen. Ein glänzendes Farbfoto auf der Broschüre zeigte ein Zwölffingerdarmgeschwür von der Größe des Planeten Jupiter.
    Die Aktenschränke waren verschlossen. Ich hatte gehofft, seine Schreibtischschubladen ein wenig durchforschen zu können, doch ich wollte mein Glück nicht überziehen. Manche Leute flippen völlig aus, wenn jemand bei ihnen herumschnüffelt. Ich horchte. Das Wasser rauschte nicht mehr.

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