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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hatte eine Art psychischer Schallgrenze bei mir überschritten. Mrs. Dunne stand jetzt so dicht vor mir, dass ich ihren Atem roch, und das war wahrlich keine Freude.
    »Ich hatte gehofft, hier Informationen über einen Fall zu bekommen, an dem ich arbeite. Aber das war wohl ein Irrtum.«
    »Ruf die Polizei an!«, befahl Dr. Dunne tonlos.
    Ohne Vorwarnung hob sie den Tennisschläger wie ein Samurai-Schwert.
    Ich sprang zurück, als der Schläger niedersauste. Ich glaubte zu träumen. »Madam. Das tun Sie lieber nicht noch mal!«
    Sie schlug erneut zu und verfehlte mich.
    Ich war dem Schlag geradezu wie in Trance ausgewichen. »He! Aufhören!«
    Sie ging schon wieder auf mich los. Diesmal spürte ich den scharfen Luftzug des peitschenden Tennisschlägers in meinem Gesicht. Es war absurd. Ich hätte gern laut gelacht, aber der Schläger zischte mit einer Heftigkeit durch die Luft, die mir Übelkeit verursachte. Ich wich zurück, als sie wiederum ihr Kriegsbeil schwang. Sie verfehlte mich wieder. Ihr Gesicht wirkte völlig konzentriert, die Augen blitzten, die Lippen waren leicht geöffnet. Hinter ihr stand Dr. Dunne, und ich nahm flüchtig wahr, dass seine Miene allmählich besorgter wurde.
    »Elva, das genügt«, erklärte er.
    Offenbar hörte sie ihn gar nicht oder wollte ihn nicht hören. Jedenfalls schwenkte sie diesmal den Tennisschläger seitwärts wie ein Breitbeil, verlagerte ihr Gewicht und setzte zu einem diagonalen Schlag an und verfehlte mich nur um Haaresbreite, weil ich schnell genug reagierte. Sie war wie besessen, und ich hatte Angst, sie könnte mich am Hinterkopf treffen, falls ich mich umdrehte und zu fliehen versuchte, und einen solchen Schlag steckt so leicht keiner weg.
    Wieder fuhr der Schläger nach oben. Der Holzrahmen sauste wie eine Messerschneide auf mich nieder, und diesmal war sie schneller gewesen. Ich hatte keine Zeit mehr, auszuweichen, und fing den Schlag mit dem linken Unterarm ab, den ich instinktiv hob, um mein Gesicht zu schützen. Der Schläger traf mit einem scheußlichen Knacken. Im ersten Augenblick spürte ich nur so etwas wie eine Hitzewelle in meinem Arm, keinen Schmerz. Es war eher wie ein Schlag gegen meine Psyche, der endlich meine Aggressivität freisetzte.
    Ich traf sie mit der Oberseite meiner Hand am Mund und schleuderte sie gegen Mr. Dunne. Die beiden gingen mit einem überraschten Aufschrei gemeinsam zu Boden. Die Luft um mich herum fühlte sich plötzlich leer, wattig und sauber an. Ich packte sie brutal bei der Bluse und riss sie auf die Beine. Ohne nachzudenken, versetzte ich ihr einen gezielten Faustschlag und registrierte das Knacken, mit dem meine Knöchel in ihrem Gesicht landeten, erst einen Augenblick später.
    Plötzlich packte jemand von hinten meinen Arm. Die Empfangsdame klammerte sich an mich und schrie wie am Spieß. Mit der Linken hielt ich noch immer Elvas Bluse. Sie versuchte, wild um sich schlagend, sich von mir zu befreien, und hatte die Augen dabei vor Angst weit aufgerissen.
    Allmählich kam ich wieder zur Vernunft und ließ die Faust sinken. Elva jubelte beinahe vor Erleichterung und starrte mich erstaunt an. Ich weiß nicht, was sie in meiner Miene gelesen hatte, aber ich wusste, was ich in ihren Augen gesehen hatte. Die Siegesgewissheit machte mich fast schwindlig, ein Glücksgefühl durchflutete mich wie bei einer Sauerstoffkur. Der physische Kampf hat eine stärkende, befreiende Wirkung, indem er uralte chemische Prozesse im Körper auslöst — ein wohlfeiles Hochgefühl mit manchmal tödlicher Wirkung. Ein Schlag ins Gesicht ist das Demütigendste, was es gibt, und man kann nie vorhersagen, was man sich damit einhandelt. Ich habe erlebt, dass harmlose Auseinandersetzungen an einer Bartheke nach einer Ohrfeige ein tödliches Ende nahmen.
    Mrs. Dunnes Lippen waren geschwollen, ihre Zähne blutig. Bei diesem Anblick verflog mein Hochgefühl ziemlich schnell. Erst jetzt spürte ich den pulsierenden Schmerz in meinem Arm, der mir unwillkürlich die Luft nahm, und ich krampfte mich zusammen. Der Schläger hatte einen hässlichen blutunterlaufenen Streifen hinterlassen. Ein Glück, dass ich sie nicht nach einer Runde Golf angetroffen hatte.
    Elva begann herzzerreißend zu schluchzen, als ob sie das Opfer wäre — eine Dreistigkeit, schließlich hatte sie mich angegriffen. In mir rührte sich erneut die Wut, und ich erlag beinahe der Versuchung, wieder auf sie loszugehen. Aber ich war verletzt, und der Wunsch, meine Wunde zu verbinden, war

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