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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Grundstück geschrumpft, und rechts und links davon hatte sich Gewerbe angesiedelt: eine Immobilienfirma und ein bescheidenes Ärztehaus. Trey Kirchner kam in den Empfangsbereich heraus, als er mich hörte, und streckte mir zum Gruß die Hand entgegen, während er sich vorstellte. »Trey Kirchner«, sagte er. »Selma hat angerufen und mir gesagt, dass Sie heute kämen. Erfreut, Sie kennenzulernen, Miss Millhone. Kommen Sie doch mit in mein Büro, dann können wir besprechen, wie ich Ihnen weiterhelfen kann.« Kirchner war Mitte Fünfzig, groß und breitschultrig und hatte eine Taille, die nur wenig schlaffer war als vermutlich vor zehn Jahren. Seine Haare waren von einem hellen Grau, seitlich gescheitelt und um die Ohren kurz geschnitten. Sein Lächeln war einnehmend und rief konzentrische Falten auf beiden Seiten seines Mundes hervor. Er trug eine Brille mit großen Gläsern und einer dünnen Me- tallfassung. Seine Augenwinkel sackten leicht ab und erzeugten irgendwie einen Ausdruck tiefsten Mitgefühls. Sein Anzug saß knapp, war perfekt gebügelt, und sein Hemd sah frisch gestärkt aus. Seine Krawatte war konservativ, aber nicht düster. Alles in allem bot er ein Bild tröstlicher Kompetenz. Er hatte etwas Solides an sich: ein Mann, der von Natur aus so aussah, als könne er sämtliche vom Tod hervorgerufenen Gefühle wie Schmerz, Verwirrung und Wut auffangen.
    Ich folgte ihm einen langen Flur entlang in sein Büro, das wohl früher als Eßzimmer gedient hatte. Der Teppich war blaß und der Holzboden zur Farbe gelaugter Kiefer gebeizt. Die Vorhänge waren beige, aus Seide oder Schantung, jedenfalls ein schimmernder Stoff. Leichenhallendekor beinhaltet oft eine Wandtäfelung und darüber Bilder, auf denen sanfte Berglandschaften zu sehen sind, immergrüne Wälder mit Wegen, die sich zwischen den Bäumen hindurchwinden. Hier lag eine Aquarellwelt vor mir: pastellfarbene Himmel voller Wolken und die Andeutung eines Lüftchens, das die Wipfel der Tapetenbäume streifte. Auf beiden Seiten des Flurs befanden sich in regelmäßigen Abständen breite Schiebetüren, die offenstanden und den Blick auf die Aufbahrungsplätze freigaben, allerdings ohne Bewohner und leer, abgesehen von mehreren Reihen grauer Klappstühle aus Metall und ein paar Farnen in Töpfen. Die Luft war frisch und durchzogen von Nelkenduft, obwohl keine Blumen zu sehen waren. Vielleicht war es irgendein merkwürdiger Duftstoff für Leichenhallen, der durch die Klimaanlage geblasen wurde. Die gesamte Umgebung schien auf schlafwandlerische Ruhe ausgerichtet. Das Büro, das wir betraten, war offenbar für Publikumsverkehr bestimmt, da kein Buch, kein Aktenordner und kein Blatt Papier zu sehen waren. Ich nahm an, dass Kirchner woanders im Haus ein Büro hatte, wo die wirkliche Arbeit erledigt wurde. Irgendwo außer Sichtweite mußten sich auch die Utensilien für die Autopsien befinden: Kameras, Röntgengeräte, ein rostfreier Stahltisch, Knochensäge, Skalpell und Hängewaage. Der Raum, in dem wir uns aufhielten, war so fad wie Pudding - kein Formalingeruch, keine trüben Deckelgläser voller Organschnipsel - und lieferte keinen Hinweis auf die Vorgänge, mittels deren eine Leiche zur Verbrennung oder Beerdigung vorbereitet wird.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte er und zeigte auf zwei identisch aussehende Polsterstühle, die auf der einen Seite eines kleinen Beistelltischs standen. Seine Art war entspannt, angenehm, freundlich und seltsam unpersönlich. »Sie sind also wegen Toms Tod hier.« Er griff über den Tisch, öffnete die Schublade und nahm einen flachen braunen Aktendeckel heraus, in dem ein fünfseitiger Bericht steckte. »Ich habe Ihnen eine Kopie des Autopsieberichts anfertigen lassen, falls Sie das interessiert.«
    Ich nahm den Aktendeckel. »Danke. Ich dachte schon, ich müßte Sie dazu überreden.«
    Er lächelte. »Die Unterlagen sind öffentlich zugänglich. Ich hätte die Kopie mit der Post schicken und Ihnen den Weg ersparen können, wenn Selma früher darum gebeten hätte.«
    »Toms Tod wurde also als Fall für den amtlichen Leichenbeschauer eingestuft?«
    »Zwangsläufig«, antwortete er. »Sie wissen ja, dass er ohne Zeugen und vermutlich ohne große Vorzeichen draußen auf dem Highway 395 gestorben ist. Er war seit fast einem Jahr nicht mehr beim Arzt gewesen. Wir nahmen an, dass es sein Herz war, aber vor der Obduktion weiß man das ja nie genau. Es hätte auch ein Aneurysma sein können. Jedenfalls hat Calvin Burkey die Autopsie

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