Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
er so besorgt war. Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, mich geradewegs in eine neue Runde unseres beliebten Streits über sein dominantes Gehabe zu stürzen, aber seine strenge, angespannte Körpersprache signalisierte mir, dass ich die nicht hätte gewinnen können. Zudem beschlich mich das ungute Gefühl, dass meine Beziehung mit Devereux sich gar nicht so sehr von den Szenen unterschied, die Klientinnen bei meiner freiwilligen Arbeit im Frauenhaus schilderten. Deren Partner waren vielleicht keine Nachtwandler, aber das Machtungleichgewicht fühlte sich genauso an.
»Na gut«, lenkte ich ein und zog mir das Kleid über den Kopf. »Ich lasse mich von dir zu meinem Stadthaus bringen, weil ich da sowieso hinwollte, aber wenn wir dort sind, reden wir!«
Er nickte kurz und legte seine Arme um meine Taille, ohne zu warten, bis ich meine Schuhe angezogen hatte. Und schon fuhren
wir mit dem Vampirexpress.
Wir landeten in meinem Wohnzimmer, und ich schwankte ein wenig, als Devereux mich losließ. Für gewöhnlich brauchte ich einen Moment, ehe ich sicher auf den Beinen stand. Der Effekt ähnelte dem, wie ich ihn als Kind erlebt hatte, nachdem ich Rollschuh gelaufen war. Nach Stunden auf Rollen war es komisch, sich wieder normal auf glatten Oberflächen zu bewegen. Meine Tiefenwahrnehmung war durcheinander, und mir war schwindlig. So fühlte es sich eben an, wenn man mittels Gedanken reiste.
Ich tapste zur Couch hinüber und plumpste in die Polster.
Devereux folgte mir und baute sich mit in die Seiten gestemmten Fäusten vor mir auf. »Was machst du denn? Wir müssen zu meinem Penthouse. Pack ein paar Sachen!«
Ich setzte die gefassteste Miene auf, die ich zustande brachte, und erwiderte: »Wie ich bereits erwähnte, gehe ich nirgends hin, ehe du mir nicht verrätst, was los ist! Warum regt dich dieser Hallow so auf? Wer ist er? Du kannst dich ebenso gut hinsetzen und es mir erzählen, denn bevor du das nicht tust, passiert gar nichts.«
Mehrere Sekunden lang fixierte er mich mit seinem Blick, dann seufzte er theatralisch und nahm neben mir Platz.
Vielleicht lassen alte Bäume sich doch biegen.
»Bäume?«
»Egal.« Ich imitierte seine wegwerfende Geste von vorhin. »Erzähl mir von Hallow!«
Er hielt seine Hand in die Höhe, die Innenfläche zu mir gerichtet, und seine Stimme klang eisig. »Du musst aufhören, seinen Namen zu nennen. In der magischen Welt kommt das Aussprechen des Namens einer Einladung gleich. Und besonders für dich ist es wichtig, ihn nicht zu sagen, weil er bereits Zugang zu deinen Gedanken hatte und dein Verhalten beeinflusste. Du darfst ihn nicht einmal denken!«
»Aber warum?«, fragte ich perplex. Würde ich es nicht merken, wenn jemand mein Verhalten beeinflusst?
»Warst du dir meines Einflusses bewusst, als wir uns erstmals begegnet sind?«, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage. »War dir klar, dass dein gesteigertes Interesse an Intimität und deine höhere Erregbarkeit allgemein von schlummernden Sehnsüchten rührten, die ich in dir geweckt hatte?«
»Was redest du da?«
»Zu jener Zeit hast du gesagt, dass du dich von mehreren Männern angezogen fühltest. Ja, du hast dich dafür sogar selbst verurteilt.«
»Du meinst, du hattest etwas mit mir gemacht? Du hast meine Reaktionen gesteuert?« Ich ballte die Fäuste.
»Ja, aber nicht absichtlich. Ich hatte lediglich deine … unterdrückte … Sexualität zutage gefördert.«
Tatsächlich hatte ich es merkwürdig gefunden, dass mich auf einmal so viele Männer beachteten. Und wie unglaublich, dass Devereux mir das nie gesagt hatte!
»Du hättest mich gern aufklären dürfen, statt zuzugucken, wie ich mir ohne Ende Vorwürfe mache!«
»Ja«, gestand er achselzuckend, »das hätte ich wohl, aber es schien nie der geeignete Zeitpunkt zu sein.«
»Nie der geeignete Zeitpunkt? Du hast jedoch haufenweise Zeit, um mich wegen dieses Hallow zu warnen?«
Devereux schloss kurz die Augen. Wahrscheinlich zählte er im Geiste bis zehn oder was immer Vampire taten, um sich zu beruhigen. Dann sah er mich wieder an. »Diese Kreatur ist der älteste Vampir auf dem Planeten. So alt, dass ich mir den Geist eines solchen Wesens nicht einmal vorstellen kann. Etwas scheint zu geschehen, wenn man so außergewöhnlich lange lebt. Die Zeit fängt an, die Hirnzellen zu deformieren, und folglich erweist sich das alte Gehirn, der primitive Mechanismus, als das verlässlichere.
Menschen sind naturgemäß Raubtiere und Vampire umso
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