Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
ausstreckte. Um mich von etwas abzuhalten, das ich gewiss bereut hätte – dasselbe alte Lied, nur mit einer neuen Strophe –, zog ich ein Badelaken vom Handtuchständer und reichte es Tom.
Mit einem süffisanten Grinsen nahm er es und rubbelte sich das Haar. Ihm war durchaus bewusst, welche Wirkung er auf mich hatte.
Ich räusperte mich und sah ihn streng an. »Wie bist du in mein Haus gekommen? Ich bin hundertprozentig sicher, dass ich abgeschlossen hatte.«
Er warf das Handtuch auf den Boden und stieg aus der Dusche. Junior zeigte sich von seiner besten Seite; offenbar war er froh, mich zu sehen. »Zoe hat mich hergebracht. Das war irre! Sie hat uns einfach von Los Angeles hierhergedacht. Mit Vampiren herumzuhängen ist ziemlich eindrucksvoll.« Er lachte. »Aber was erzähl ich das der Freundin des großen Vampirzampanos.« Nun musterte er mich von oben bis unten. »Was hast du da auf deinem Pulli? Und deiner Jeans? Warst du beim Lieblingssport des Kuhdorfs, Schlamm-Catchen?« Lachend warf er seinen Kopf in den Nacken. »Mann, das hätte ich gern gesehen!«
Ich blickte auf das getrocknete Blut an meinen Sachen. Toms Ahnungslosigkeit ersparte mir immerhin eine Erklärung. »Sehr witzig!«
Tom trat auf mich zu und nahm mich in die Arme. Der »Schlamm« auf meiner Kleidung schien ihn nicht zu stören. »Schön, dich zu sehen, Kismet! Du hast mir gefehlt.«
Ich stemmte meine freie Hand gegen seine Brust und schob ihn weg. Ja, von wegen! »Ich hätte ihm gefehlt« war sein Code für »Ich will was von dir«.
»Spar dir deine Don-Juan-Nummer, Doc Hollywood! Selbst wenn ich nicht mit dem Zampano zusammen wäre, würde ich nichts mit dir oder Tom junior anfangen. Das gehört alles längst der Vergangenheit an. Also, wo ist Zoe? Im ›Crypt‹?«
Tom hatte Zoe kennengelernt, als wir eine Nacht gemeinsam in Devereux’ Club, dem »Crypt«, verbracht hatten. Er war einfach vor meiner Tür aufgetaucht und hatte sich selbst eingeladen, mich und mein Date, Alan Stevens, zu begleiten. Alan war FBI -Profiler, ermittelte in dem Serienmörderfall und kam fast ums Leben. Davor hatte ich Tom ein paar Jahre nicht gesehen und war überrascht, dass er sich für die Möchtegernvampirrecherche interessierte. In jener Nacht kam er erstmals mit der Untoten-Unterwelt in Berührung. Anscheinend reizte ihn etwas an dem Lebensstil, denn kurze Zeit später verschwand er mit der hübschen Zoe nach Kalifornien, ohne auch nur Lebewohl zu sagen.
Nicht dass ich mich darüber gewundert hätte. Tom und ich waren vom selben Fach und viele Jahre ein Paar gewesen. Aber Toms Philosophie lautete »So viele Frauen, so wenig Zeit«, weshalb wir uns vor beinahe drei Jahren getrennt hatten – nicht ganz freundschaftlich. Ich brauchte eine Weile, um mich von der Enttäuschung zu erholen, doch jetzt konnte ich mich nicht einmal mehr entsinnen, was ich je an ihm gefunden hatte – sah man einmal von einem Funken Restlust ab. Tom verkörperte das Lehrbuchbeispiel für »Narzisstische Persönlichkeitsstörung«. Für ihn drehte sich die Welt ausschließlich um Tom Radcliffe.
Er nahm seine Arme von mir und fuhr sich mit den Händen durch sein langes nasses Haar. »Mhm, sie schläft in einem von Devereux’ Extrasärgen. Er soll einige stehen haben, um auswärtige Gäste unterzubringen.«
Ich nickte. »Ja, das ist ein richtiges Blutsauger-Holiday-Inn.«
Tom lachte und zeigte auf die Badezimmertür. »Kannst du mir meine Sachen geben? Sie hängen am Haken.«
Ich griff nach seiner Designerjeans und dem modischen T-Shirt. »Wieso hast du geduscht? Und vor allem: Warum musstest du
hier
duschen? Konntest du dir kein Hotelzimmer nehmen?«
Und wo ist deine Unterwäsche?
Er streifte sich die Jeans über und zog den Reißverschluss sehr langsam zu. »Tja, ich bin hergekommen, statt in ein Hotel zu gehen, weil Zoe sagte, dass Devereux praktisch bei dir wohnt, und ich will mit ihm sprechen. Duschen musste ich, weil Zoe und ich … na ja, wir hatten uns ein bisschen vergnügt, und danach wollte ich mich frisch machen.«
»Oh, bitte! Und wo genau habt ihr euch vergnügt?« Im Geiste sah ich eklige Flecken auf meiner Bettwäsche oder der Couch. Oder auf meinem Teppich! Ich wollte die durchsichtigen roten Flecken auf seiner feuchten Brust erwähnen, die mein Pulli dort hinterlassen hatte, aber Tom hatte sein grünes T-Shirt übergezogen, ehe ich die Worte herausbrachte.
Er runzelte die Stirn. »Zu deiner Information: Ich hatte ein Badelaken auf deinem Bett
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