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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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umklammerte sie das riesige Messer.
    Nicht, dass es mich sonderlich überraschte, aber ich sah sofort, dass die Frau noch nie ein Messer in der Hand gehalten hatte. Für mich war das natürlich gut, denn es gab keine idiotensichere Methode, einen Messerangriff zu überleben, wenn man selbst keine Waffe besaß.
    Davonlaufen war immer noch das Beste, wenn man es schaffte. Die zweitbeste Möglichkeit bestand darin, hinter etwas Deckung zu suchen.
    Keine dieser Möglichkeiten stand mir offen, also blieb mir nichts weiter übrig, als die Hand, in der sie das Messer hielt, außer Gefecht zu setzen oder zuzuschlagen.
    Meine Schwangerschaft und meine Erschöpfung arbeiteten gegen mich. Noch schlimmer war, dass ich es nicht einfach nur mit einem mickrigen Springmesser zu tun hatte. Wenn Mathis es richtig anstellte, konnte sie mir mit dem Ding den Arm abhacken.
    Sie legte die eineinhalb Meter, die uns noch trennten, schneller als erwartet zurück und drehte sich seitwärts, die linke Schulter zu mir gewandt. Dann stürzte sie sich auf mich, die Klinge geradewegs auf meinen Bauch gerichtet.
    Ich wich atemlos aus und taumelte zurück, mehr als nur ein klein bisschen erschrocken darüber, um wie wenig die Messerspitze meinen dicken Bauch verfehlt hatte.
    »Sie sollten die Sache ernst nehmen«, sagte Luther.
    Kaum hatte ich mich von dem Schrecken erholt, als Mathis schon wieder angriff. Dieses Mal stach sie mit dem Messer von oben nach unten zu. Da es schon fast dunkel war, konnte ich die Entfernung nicht richtig einschätzen und wich daher hastig zurück, als die Messerspitze nur wenige Zentimeter vor meinen Augen vorbeisauste.
    Mathis schien sich an ihre Rolle als Angreiferin zu gewöhnen.
    Als sie sich wieder aufrichtete, kam mir eine Idee. Vielleicht musste ich sie ja gar nicht anfassen.
    Ich drehte mich um und rannte, so schnell es meine dicken Beine erlaubten. Meine Schuhsohlen drohten auf dem nassen Metallgitter auszurutschen.
    Hinter mir ertönten Schritte. Mathis rannte mir nach. Aber sie hatte nicht mit meiner Flucht gerechnet – ein Umstand, der mir ein paar Schritte Vorsprung verschaffte.
    Ich gelangte auf die andere Seite des Wassertanks und sahgenau das, was ich mir erhofft hatte – den Haken, an dem die Kette befestigt war, deren anderes Ende an Cynthias Halsband hing. Als ich davor niederkniete, wurde mir schwindlig, und der Schweiß brannte in meinen Augen. Da kam sie auch schon angerannt und fuchtelte wie wild mit dem Messer herum.
    Ich griff nach der Kette und schlang sie mir um den Unterarm. Inzwischen war Cynthia nur noch eineinhalb Meter von mir entfernt.
    Zum ersten Mal seit Monaten war ich dankbar dafür, dass ich so viel zugenommen hatte.
    Genau in dem Moment, als Mathis zustach, zerrte ich mit aller Kraft an der Kette.
    Ihr Kopf flog nach hinten und die Schuhe hoben vom Laufsteg ab. Dann prallte sie mit Schultern und Rücken so hart auf das Metallgitter, dass ihr die Luft aus der Lunge gepresst wurde.
    Ich eilte zu ihr und beugte mich über sie, um sie mit einem Handballenschlag ins Gesicht außer Gefecht zu setzen. Ich holte mit dem rechten Arm aus, hielt dann aber inne.
    Das Messer lag mit blutiger Klinge neben Cynthia auf dem Laufsteg.
    Sie hielt beide Hände stöhnend an ihre Seite gepresst, als wollte sie verhindern, dass etwas aus ihrem Körper trat. Ein Rinnsal aus Blut lief wie aus einem undichten Wasserhahn durch das Metallgitter und tröpfelte auf die Betonoberfläche darunter.
    Obwohl es schon fast dunkel war, sah ich, dass das Blut hellrot war. Das Messer hatte eine Schlagader erwischt.
    Ich kniete mich neben sie. Ihre Augen standen weit offen, nicht vor Schmerz, sondern vor Verwunderung.
    »Ich will nicht sterben.«
    Ich brachte meine Hände an ihre Seite und sagte: »Lassen Sie mich mal.« Als ich auf ihre Wunde drückte, lief mir Blut zwischen den Fingern hindurch, und zwar sehr viel. Sie hatte sicheine schwere Verletzung zugefügt. Als ich fester drückte, stieß sie einen Schrei aus.
    »Sie ist verletzt, Luther.«
    »Ich weiß. Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel mich all diese Überwachungskameras gekostet haben?«
    »Ihre Kameras sind mir scheißegal. Sie braucht sofort ärztliche Hilfe.«
    »Wie hat es sich angefühlt, sie zu töten, Jack?«
    »Das war ein Unfall. Und sie ist noch nicht tot.«
    »Aber Sie haben es getan.«
    »Nein, Luther. Das waren
Sie.
Helfen Sie ihr. Bitte.«
    »Sehen Sie das Messer? Werfen Sie es runter.«
    Ich kam seiner Aufforderung nach.
    »Und

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