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Klammroth: Roman (German Edition)

Klammroth: Roman (German Edition)

Titel: Klammroth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isa Grimm
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auf ihre Frage. Zumindest würden Lily und die anderen sich bei diesem Wetter nicht vor dem Tunnel herumtreiben. Trotzdem war ihr unwohl, und sie spielte mit dem Gedanken, doch wieder umzukehren.
    Ein hartes Hämmern am Seitenfenster ließ sie zusammenzucken.
    »Lassen Sie mich rein!«, rief Herzog, als wollte er ihr im nächsten Moment das Sondereinsatzkommando auf den Hals hetzen.
    Statt ihn auf der Beifahrerseite einsteigen zu lassen und dann Gefahr zu laufen, dass er sie im Trockenen umstimmte, öffnete sie ihre Tür und trat zu ihm in den Regen.
    Sein alter Ford stand neben dem Subaru, aber selbst auf den wenigen Metern war Herzog völlig durchnässt worden.Er trug wieder den Parka mit den vielen Taschen, schien aber vergessen zu haben, dass er eine Kapuze hatte. Sein wilder Haarwust klebte ihm in langen Strähnen an Stirn und Wangen. Er sah aus wie jemand, dem man ganz sicher nicht an solch einem Ort und um diese Uhrzeit begegnen wollte. Trotzdem wäre sie ihm am liebsten um den Hals gefallen.
    »Haben Sie völlig den Verstand verloren?«, fuhr er sie an.
    Anais schlug die Tür zu und deutete über den Vorplatz zum Stillen Haus. »Gehen wir?«
    Sie sah die Fassade über sich aufragen wie eine schwarze Felswand. Seit ihrem letzten Besuch schien das Gemäuer gewachsen zu sein, die Giebel wirkten noch spitzer.
    »Scheiße.« Er zog den Kopf tiefer in seinen Kragen. »Lassen Sie uns abhauen und von mir aus morgen wiederkommen.«
    »Um mir das zu sagen, sind Sie doch nicht den weiten Weg gefahren.«
    »Nein. Um Sie festzunehmen.«
    Einen Moment lang glaubte sie tatsächlich, dass er das ernst meinte. »Okay«, sagte sie dann. »Später?« Damit setzte sie sich in Bewegung und lief zum Treppenaufgang des Portals hinüber.
    Herzog blieb neben ihr. »Was zum Teufel tun wir hier?«
    »Wir suchen etwas.«
    »Aha«, meinte er griesgrämig.
    »Verraten Sie mir, wie Sie’s erklärt haben?«
    »Was? Und wem?«
    »Ihrer Frau. Wo Sie um diese Uhrzeit noch hin sind.«
    »Sie ist Kummer gewöhnt.« Er hielt kurz vor der angelehnten Haustür inne, dann stieß er sie auf. Mit einem Knirschen, das durch alle Zimmer des Hauses zu hallenschien, gab der schwere Eichenflügel nach. »Ich war ohnehin noch im Büro.«
    Anais überspielte, wie sehr sie der Anblick der finsteren Vorhalle einschüchterte. »Und wie erklären Sie ihr das ?«
    »Muss ich nicht. Sie ist Polizistin. Einen Rang über mir.«
    »Einen Euro für Ihre Gespräche beim Sonntagsfrühstück.«
    »Wir frühstücken nicht.«
    »Gott, Sie sind so ein Klischee!«
    Er schob sich die Strähnen aus dem Gesicht. »Sagte die Thrillerautorin, der nachts plötzlich einfällt, in einem verlassenen Herrenhaus Detektiv zu spielen.«
    Aus einer seiner Parkataschen zog er eine Lampe. Sie war nicht so massig wie die von Erik, aber ihr Strahl kam Anais so hell wie ein Autoscheinwerfer vor.
    »Und nun?«, fragte er.
    Sie wischte sich mit dem klitschnassen Ärmel über die Stirn. Nicht ihre beste Idee, wie so manches an diesem Abend. »Suchen wir erst mal das Zimmer, in dem wir heute früh waren.«
    Er trat mit einem raschen Schritt vor sie und leuchtete zwischen ihnen zur Decke. Seine Augen schienen einzusinken, die Schatten betonten die Ringe darunter. »Erst mal sagen Sie mir, warum wir hier sind.«
    »Sie wären nicht hergekommen, wenn ich Ihnen das am Telefon erzählt hätte.«
    »Jetzt bin ich ja da.«
    »Nicht ganz leicht, das zu erklären, fürchte ich.«
    »Sie sind Schriftstellerin. Geben Sie sich Mühe.«
    Sie hielt seinem herausfordernden Blick stand. »Eigentlich war es nur ein Gefühl, das ich heute Morgen hatte. Nennen Sie es Intuition.«
    Sie hatte erwartet, dass ihn das auf die Palme bringen würde, aber er sah sie nur eine Weile lang stumm an, dann nickte er. »Intuition ist in Ordnung. Aber ich wüsste gern, warum das nicht bis morgen früh warten konnte.«
    »Weil ich meine Tochter so schnell wie möglich von hier fortbringen will.«
    Seine dichten Augenbrauen rückten enger zusammen. Wieder vergingen Sekunden, in denen er nichts sagte. »Ist sie in der Pension?«
    »Das hoffe ich. Aber ich bin, ehrlich gesagt, nicht sicher. Sie   … na ja, sie ist vierzehn.« Anais hatte das ungute Gefühl, dass er Mädchen in diesem Alter nur aus Vermisstenanzeigen kannte.
    »Okay«, sagte er. »Zeigen Sie mir, was Ihnen eingefallen ist.«
    Sie atmete auf. »Danke.«
    Er senkte die Taschenlampe, schwenkte sie durch die Halle und ging los. Dreck und Glassplitter knirschten unter

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