Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
ein riesiger Design-Fehlgriff sind –, strahlt noch immer die Atmosphäre einer Taverne aus dem Revolutionskrieg aus. Es liegt direkt am Kanal, und im Winter kommen in dicke Schals gewickelte Kids auf Schlittschuhen vorbei, auf dem Weg in eine andere Stadt, und man hat das Gefühl, gleich Loretta Young, Jimmy Gleason und Cary Grant als Engel Dudley in Jede Frau braucht einen Engel zu begegnen.
Wir fünf gingen zum Essen hinein. Ich dachte mir, dass die Sache sich zum Besseren wenden könnte, als Belle sagte, Norton dürfe auf dem Stuhl neben ihr sitzen. Sie hüstelte verlegen – es sollte auf keinen Fall so aussehen, als würde sie nachgeben – und murmelte, er sei so wohlerzogen, da mache es keinen Unterschied, wo er sitze.
Der Lunch verlief ziemlich ereignislos – wenn man davon absieht, dass wir gegen Ende des Essens alle sahen, wie Belle Norton ein Stückchen von ihrer Hühnerbrust zusteckte.
Die letzte halbe Stunde unserer Autofahrt kuschelte sich Norton an Belle und beanspruchte locker ein Drittel der Rückbank für sich. Ich bin sicher, dass meine Mutter dort nunmehr eingeklemmt saß, aber sie wusste wohl selbst, dass es keinen Zweck hatte, sich zu beschweren.
Das Wochenende, das wir auf der Sweetwater Farm in der Stadt Glen Mills in Pennsylvania verbrachten, war absolut spektakulär. Das Haus wurde von einem Paar namens Rick und Grace geführt. Sie hatten die Anlage gekauft, zu der ein wunderschönes Farmhaus von 1734 und diverse Nebengebäude gehörten, die sie zu weiteren Gästezimmern oder Suiten umgebaut hatten. Rick war ein gutaussehender Typ, der sich beim Jagen oder Polospielen ebenso zu Hause fühlte wie beim Zubereiten des Weltklassefrühstücks für die Gäste (eine, wie ich zugeben muss, etwas einschüchternde Kombination). Grace war die perfekte Gastgeberin, warmherzig und freundlich, von hübsch ganz zu schweigen. Genau genommen sah sie ein bisschen aus wie Grace Kelly, und wie sich herausstellte, hatte das seinen Grund. Am ersten Abend begaben sich einige von uns – ja, einschließlich Norton – in die Lounge des Haupthauses, wo es einen Billardtisch und Brandyflaschen gab. Mein Freund Ziggy (der zusammen mit seiner Frau Nancy zu den Stammgästen auf diesen Frühlingsreisen gehörte; eine der Regeln auf diesen Trips lautete »Keine Kinder!«, also überließen sie ihren Sohn Charly sich selbst) beschloss, wir seien es uns schuldig, zu trinken und zu spielen, also machten wir das, während sich Norton in einem großen, bequemen Sessel am Feuer ausruhte. Während des Spiels fiel mir auf, dass überall im Raum Fotos von Grace Kelly in Silberrahmen hingen – Privatfotos, keine Filmfotos. Am nächsten Morgen fragte ich Rick, was es damit auf sich hätte, und er sagte, Grace Kelly sei die Tante seiner Frau Grace. Dadurch fühlte ich mich ihnen noch mehr verbunden, hatte ich doch immer gedacht, ich hätte einen großartigen Fürsten von Monaco abgegeben.
Norton, der eine großartige Katze von Monaco abgegeben hätte, hatte im Lauf der Jahre mit diversen Tieren Kontakt gehabt – anderen Katzen, Hunden in allen Formen und Größen, einem vietnamesischen Hängebauchschwein, einem Kamel, sogar einem Keiler. Aber seine erste Ziege und sein erstes Pferd lernte er auf dieser Fahrt kennen. Das Zusammentreffen mit dem Pferd verlief relativ unspektakulär. Norton schnupperte ein bisschen und schoss dann davon, da er beschlossen hatte, es gebe viel bessere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen, als mit jemandem, der über das Hundertfache seiner Größe und ein Zehntel seiner Intelligenz verfügte. Das Zusammentreffen mit der Ziege gestaltete sich ein wenig dramatischer.
Wie sich herausstellte, hatte Belle nicht nur vor Katzen Angst. Sie war überhaupt nicht sonderlich begeistert von Tieren. Als sie über das Grundstück streifte, tat sie daher ihr Bestes, den zottelhaarigen, weiß-grauen Ziegenbock zu ignorieren, der sie offenbar unbedingt kennenlernen wollte. Mit achtzig kam Weglaufen einfach nicht in Frage, als die Ziege sich ihr also näherte und sich an sie presste, tat Belle das Naheliegende. Sie streckte die Hände aus, um sich den Bock vom Leibe zu halten. Als ich Belles Stimme hörte, die ruhig, aber bestimmt sagte: »Könnte jemand hierherkommen, bitte! Sofort!«, sah die Sache so aus, dass der Ziegenbock den Kopf gesenkt hatte, Belle hatte die Hände starr von sich gestreckt, sodass sie auf dem Kopf des Bocks lagen, und der Ziegenbock schob eine kleine alte Dame langsam, aber sicher
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