Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
über den Rasen. Sie wissen doch, wie es aussieht, wenn einem das Benzin ausgeht und man in den Leerlauf schaltet, die Schulter beugt und versucht, seinen Wagen die Straße entlangzuschieben? Genau daran fühlte ich mich jetzt erinnert. Nur dass in diesem Falle Belle das Auto war.
Es war gar nicht so schwierig, sie aus ihrer Notlage zu befreien, ich muss aber doch sagen, dass der erste Mensch – na ja, das erste, äh, Tier – vor Ort niemand anderer war als Norton (das war vor etlichen Jahren, und ich war jünger, aber selbst damals verfügte ich nicht über eine katzengleiche Geschwindigkeit). Also, ich möchte nicht so weit gehen zu behaupten, dass Norton meiner Tante zu Hilfe eilte. Brillant, ja, das würde ich über meine Katze sagen. Furchtlos? Absolut, auf jeden Fall nach normalen Katzenmaßstäben. Aber mit den Instinkten eines Feuerwehrmannes, der beim kleinsten Alarm losrennt, um Leute zu retten? Hmmm. Ich glaube, er war eher fasziniert von dem Anblick (wie wir alle; wir hatten unsere liebe Not, nicht laut loszulachen, als Belle auf dem Rasen Ziegenski fuhr). Als der Ziegenbock Norton sah, drehte er den Kopf, was Belle eine Atempause verschaffte. Es übersteigt meine Vorstellungskraft, was der Ziegenbock dachte, als er eine Katze direkt auf sich zurennen sah. Ebenso wenig kann ich mir die Denkblasen über dem Kopf meiner Scottish Fold vorstellen, als er seine ältliche Reisegenossin und die Ziege erblickte. Ich weiß aber, dass die Krise mit einer Pattsituation endete. Einige von uns konnten die Ziege abdrängen und irgendwie ablenken, während sich Belle, so schnell sie ihre Beine trugen, auf ihr Zimmer begab und sich einen kräftigen Schluck aus der Flasche Scotch gönnte, die sie in ihrer Reisetasche versteckt hatte. Ich weiß auch, dass in diesen zwei Tagen viele andere Aktivitäten stattfanden: ein Besuch im Hagley Museum in Wilmington, gegenüber am anderen Flussufer (dort, wo sich früher die DuPont-Fabriken samt Anwesen und Garten befanden), Winterthur (ein Ort in Amerika, den man gesehen haben muss; auch eine Du-Pont-Schöpfung – majestätische Galerien voll angewandter Kunst und alter amerikanischer Möbel und ein spektakulärer naturnaher Garten), Longwood Gardens (Janis kann gar nicht genug bekommen von Gartenbesichtigungen) und das allseits beliebte Pilzmuseum (okay, das ist vielleicht kein Muss; wir taten dies auf Nancy Aldermans Geheiß, die bei diversen Reisen mit uns darauf bestand, dass wir das Bleistiftmuseum, das Kaffee- und Tee-Museum und nun, in Kennett Square, Pennsylvania, eine Einrichtung besuchten, die die faszinierende Geschichte der Pilze ausbreitete. In ihrer Broschüre verkünden sie, man könne »die wachsenden Pilze in allen Entwicklungsstadien sehen« und dabei »die bezaubernde Welt der Shiitake-, Portabella-, Crimini- und Austernpilze entdecken«. Außerdem gab es ein »erstaunliches Angebot individueller Geschenkideen … alle mit Pilzdekor«. Falls Sie mir nicht glauben, fragen Sie sich doch einfach mal: Kann ein Mensch sich so etwas wirklich ausdenken?).
Der für mich schönste Anblick wurde uns auf der Rückfahrt nach New York zuteil. Nachdem Belle ein Wochenende mit Norton verbracht – und den grauenhaften Zusammenstoß mit der Ziege überlebt – hatte, war sie nur zu glücklich, meine Katze die ganze Fahrt gemütlich auf ihrem Schoß sitzen und vor sich hin schnurren zu lassen.
Der lebende Beweis, dass niemand – ob Hund, Mensch oder Katze – je zu alt ist, um noch etwas Neues zu lernen.
Für das Weinanbaugebiet in Nordkalifornien erklärten sich unsere Freunde Paul und Laurie Eagle »freiwillig« bereit, sämtliche Arrangements für die Reise zu organisieren. Und sie machten ihre Sache großartig, besonders, indem sie drei herrliche Steinhäuser auf dem Anwesen mieteten, die zu einer der besten Winzereien in der Gegend gehörten. Es fühlte sich an, als schliefen wir inmitten eines Weinbergs in der Toskana. Aber so schön und spaßig diese Reise auch war, Norton kam dieses Mal nicht mit (ja, er hätte die Quartiere im Weinberg geliebt; nein, er hätte die Schlammbäder in Saratoga nicht geliebt). Ich hielt mich streng an eine Regel, wenn es ums Reisen mit Norton ging. Fliegen ist für eine Katze strapaziös. Weite Flüge sind noch strapaziöser (versuchen Sie mal, acht bis zehn Stunden – die Taxifahrten zum und vom Flughafen mitgerechnet – ohne Katzenklo durchzuhalten). Wenn ich also nicht mindestens eine Woche in Kalifornien blieb, blieb Norton an
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