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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Rittrichter. Seine Aussprache war so undeutlich, dass »lebend« wie »Lehm« klang.
    Der Schütze schüttelte den Kopf. »Ich mache Schluss. Dem Adelsrat ist es gleichgültig, ob wir sie lebendig bringen oder tot.«
    Wieder spürte Erenis Schmerzen in sich, aber diesmal war es kein schockierendes Leid, sondern Angst, schlichte Furcht. Sie wollte nicht erschossen werden. Ihr blieb immer die Möglichkeit, sich ihrem direkten Kontrahenten ins Schwert zu stürzen, um wenigstens durch eine echte Klinge zu fallen. Aber andererseits sah sie dies nicht ein. Wenn der Scherge nicht stark genug war, sie niederzuringen, wenn der gesamte Kampf nichts weiter als ein wogendes Patt war – warum sollte sie ihm dann zum Opfer fallen wie ein erwartungsgemäß schwaches Weib? Sie hasste es alleine schon, dieses Klischee zu erfüllen, und am Ende eben doch den Männern zu unterliegen. Und aus diesem Grund empfand sie Furcht vor dem Mann mit der Armbrust, der jetzt fertig gespannt hatte und näher kam, zum ersten Mal nicht rückwärts-, sondern vorwärtsging, die Waffe erhoben, ihren Kopf als Ziel wie vorher den Hekteis.
    Eigentümlicherweise bekam sie in dieser zugespitzten Situation sogar noch mit, wie eine weitere Gestalt die Gasse betrat, vorne, an der Hauptstraße, von wo auch sie selbst mit ihren Verfolgern gekommen war.
    War das Turnier schon zu Ende? Fanden sich jetzt etwa die ersten Schaulustigen ein? Durften diese Inspizienten oder Büttel oder was immer sie auch sein mochten etwas begehen, das wie ein Mord aussah, wenn es dafür Zeugen gab?
    Die Gestalt an der Gassenmündung trug einen Kaftan, der ihrem eigenen ähnlich war. Wüstenkleidung, aber nicht weiß, sondern dunkelgrau, mit Gurten und Verschnürungen, enger anliegend, weniger hinderlich.
    Es war eine Frau. Eine Frau mit einer verschattenden Kapuze.
    Und sie streifte diese Kapuze zurück.
    Erenis parierte und griff an, parierte und griff an, ihr Kampf wie etwas endlos auf der Stelle Tretendes, wie etwas, das in zehn Jahren immer noch am selben Ort stattfinden mochte, um dann längst von Weithergereisten bestaunt zu werden. Aber sie sah den Mann mit der Armbrust rechts, der jetzt stehen blieb, weil er sie aus dieser Nähe nicht verfehlen konnte. Und sie sah die Frau mit der zurückgestreiften Kapuze links, in größerer Entfernung.
    Es war Neeva.
    Die außer ihr jetzt letzte noch nicht vom Schicksal bezwungene Klingentänzerin.
    Neeva? Neeva hier? Sie hatte Hektei erwartet, in Brendin Grya. Hektei, ihre kleine Schwester. Aber nicht Neeva, ihre einzige, ihre größte Rivalin seit jeher.
    Doch es ergab Sinn. Wenn Brendin Grya ein Anziehungspunkt war, der Hektei hierherzog, um an den Festspielen teilzunehmen, und Erenis, um Hektei zu sehen – warum sollte dann nicht auch Neeva den Weg hierhin auf sich genommen haben, womöglich ebenfalls, um Hektei zu sehen? Und warum sollte sie dann nicht jetzt an genau diesem Ort sein, in dieser schäbigen, von Anwohnern verlassenen Gasse, in der eine ihrer Schwestern vor wenigen Momenten ihr Leben ausgehaucht hatte und eine andere sich noch wehrte?
    Erenis überlegte, ob sie wieder »Hilf mir!« rufen sollte. Das Bündnis mit ihrer langjährigen Klingenschwester beschwörend. Das gemeinsam in der Schule vergossene Blut. Schon als Kinder hatten sie mit- und gegeneinander gefochten, mit Schwertern aus Holz, aus biegsamem Blech, und schließlich mit den echten, den einzig wahren.
    Aber das letzte Mal, dass sie »Hilf mir!« gesagt hatte, heute erst, vor wenigen Augenblicken, hatte dies Hektei das Leben gekostet. Und das wollte sie jetzt nicht mehr, niemals wieder. Der Mann mit der Armbrust konnte auch Neeva erschießen, er brauchte seinen Arm nur um wenige Zoll in ihre Richtung zu drehen. Nein. Nicht auch noch Neeva. Sie selbst mochte verloren sein, doch Neeva hatte mit der Sache nichts zu schaffen. Neeva verkörperte jetzt die Zukunft der Klingentänzerinnen.
    Doch wäre es nicht auch irgendwie schön, wenn sie alle hier den Tod finden würden? Die drei letzten Schwestern? Gemeinsam?
    Dieser Gedanke kam wie aus großer Ferne in sie und brachte neuen Schmerz.
    Der Mann mit der Armbrust krümmte den Finger, ihre Schläfe als Ziel. Sie schlug nach vorne und wehrte ab, schlug nach vorne und wehrte ab, doch er würde sie nicht verfehlen. Er war geübt an sich bewegenden Zielen.
    Neeva rührte keinen Finger, um ihr zu helfen.
    Weshalb denn auch? Wahrscheinlich hatte sie sie in ihrer Wüstenverkleidung noch gar nicht erkannt. Und selbst

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