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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Winnipeg ankamen, wo sie über Nacht blieben, tauchte ihr Zug aus der scheinbar grenzenlosen Landschaft hervor, einer Landschaft von düsteren Bäumen, stillen Wasserflächen und Gestein, belebt nur durch vereinzelte, silbrig leuchtende Birken und gelegentlich einen Wasserfall. Selbst Trevor Blythe, zunächst gefesselt von der Wildnis dieses riesigen Waldes, war ihrer im Laufe des zweiten Reisetages überdrüssig geworden.
    Schließlich hatte der Wald der Prärie Raum gegeben, die sich ungezähmt bis zum Horizont erstreckte. Jetzt erst erfaßten sie die unendliche Weite Kanadas, wie radikal sich das Land von allen anderen Teilen des britischen Empire unterschied.
    »Es ist wirklich ein Kontinent«, bemerkte Trevor, über Karten gebeugt, »und wir haben kaum die Hälfte durchquert«, aber Lord Lutons anschließende Frage gab der schwärmerischen Begeisterung gleich einen Dämpfer. »Tausend Meilen öder Prärie, ohne Geschichte, ohne Kultur, können es doch wohl niemals mit hundert Meilen einer geschichtsträchtigen Gegend irgendwo in Deutschland, Holland oder Belgien aufnehmen, oder bist du da anderer Meinung?« Und er zeigte wenig Interesse an der sich ungehemmt ausdehnenden neuen Metropole Manitobas und blieb unbeeindruckt von den elektrischen Straßenbahnen, die durch die Stadt rumpelten - offensichtlich zum Stolz der Einwohner.
    Westlich von Winnipeg, als der Zug an Stationen haltmachte, die so seltsame Namen wie Moose Jaw, Swift Current oder Medicine Hat trugen, kamen Passagiere an Bord, die in den Augen der Engländer keine Ähnlichkeit mehr mit dem Menschenschlag hatten, der ihnen aus England bekannt war, und nur wenig mit dem, dem sie bisher im östlichen Kanada begegnet waren. Kaum noch einer sprach Französisch, aber das Englische schien dennoch nicht verbreiteter zu sein als die fremd klingenden Sprachen der baltischen Länder. Hier liefen die Männer nicht in maßgeschneiderten Anzügen aus Londoner Modehäusern herum, diese Männer hatten sich die Prärie Untertan gemacht, Rinder gezüchtet und kleine Läden betrieben, und ihre Frauen sahen genauso tüchtig aus wie sie. Erstaunlich war die Anzahl der Frauen, die allein oder zu zweit reisten.
    Zu der bunten Mischung von Nationalitäten, die sich bereits in dem Zug eingefunden hatte, gesellte sich jetzt noch die große Gruppe derjenigen, die aus dem Westen der Vereinigten Staaten nach Norden gekommen war, kräftige, ungeschlachte Männer mit kantigen Gesichtern, die slawischen Ursprung erkennen ließen, oder mit hellblondem Haar, das auf nordeuropäische Herkunft schließen ließ. In jedem Abteil wimmelte es nun von angehenden Goldgräbern, von denen viele ihre gesamte Habe mitgebracht hatten. In dem ganz in Weiß und Gold gehaltenen Speisewagen schwirrten Sprachen und Dialekte durcheinander, die man noch nie gehört hatte, und der Wagen der zweiten Klasse, der »Colonial Car«, war so voll, daß sich Fogarty sein luftiges Bett mit einem Schweden teilen mußte, der sagte, er käme aus Montana.
    Die Freunde Lutons amüsierten sich über die Wirkung, die die Flut der Neuankömmlinge auf den Lord hatte. »Eine lebhafte Bande, das kann man wohl sagen! Kein Wunder, daß sie uns Oregon und halb Kanada weggenommen haben. Ich frage mich nur, wie es der alte Marquis geschafft hat, sie zurückzuhalten. Wenn diese Kerle erst einmal loslegen, sind sie nicht mehr zu bremsen.« Distanziert und leicht überheblich beobachtete er die Amerikaner und dachte sich dabei seinen Teil: »Entweder sind sie dreist und unverfroren, ohne jedes Gespür für angemessene soziale Unterschiede, oder sie sind primitive Tölpel, die erst kürzlich aus irgendeinem kleinen Land auf dem Kontinent herübergekommen sind, kaum besser als die Bauern, die man in jedem französischen Kaff antrifft.« Unmut regte sich in ihm bei dem Gedanken, diese Sorte Amerikaner in ihrer groben Kleidung könnten ihre Plätze womöglich in der ersten Klasse einnehmen, die einzigen in dem überfüllten Zug, die noch frei waren. »In England würden sie so etwas nicht wagen«, dachte er und war froh, daß er es so eingerichtet hatte, daß seine Reisegruppe mit amerikanischem Territorium nicht in Berührung kam.
    Mit solchen Leuten eine längere Zeit gemeinsam verbringen zu müssen, dabei hätte er sich nicht wohl gefühlt.
    Die beiden Jüngeren aus Lutons Gruppe, gezwungen, sich dahin zu setzen, wo noch Plätze frei waren in dem überfüllten Speisewagen, knüpften ohne jede Scheu ein Gespräch mit ihren

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