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Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Doch mit denselben Ornamenten und Mustern aus bunten Bildern – die hier auf dem Berg mit weißer Seide abgehängt waren – und goldenen Mustern.
    »Der Petersdom!«, rief Pius und setzte sich mit einem Ruck auf. Natürlich! Rom würde helfen – nicht umsonst hatten die Architekten des Spaichinger Gotteshauses die mächtige Kuppel des Petersdoms im Maßstab 1:10 kopiert. Auch nach 300 Jahren war die Kirche auf dem Berg noch voller geheimer Botschaften.
    Mit zitternden Fingern riss er die Schublade unter der Tischplatte auf und fingerte das mit den Jahren speckig gewordene Büchlein mit dem schwarzen Ledereinband hervor. Unter ›M‹ wie ›Martinus‹ blieb sein Blick hängen. Pius nahm das schnurlose Telefon von der Ladestation und wählte ›00379‹ für den Vatikan und dann die in seinem Büchlein vor Jahren notierte Durchwahl.
    Es knackte in der Leitung. Dann folgte ein leises Rauschen. Und dann das Tuten. Einmal, zweimal, siebenmal. Pius wollte eben auflegen, als er die vertraute Stimme des Freundes hörte.
    »Pronto?«
    »Martinus, ich grüße dich!«, rief Pius, dem es schon beim Hören der Stimme des ehemaligen Studienkollegen warm ums Herz wurde.
    »Prego?«, rief der Angesprochene in die Leitung.
    »Martinus, ich bin es, Pius aus Deutschland!«
    Einen Moment herrschte Stille. Dann brach es aus dem Italiener heraus: »Pius, alte Freund, wie geht es dir? Nach so langen Jahren zu hören von dich, was für schönes Überraschung!«
    Pius lächelte. Die holpernde Grammatik, das rollende ›R‹, all das erinnerte ihn an seine Studienjahre in Rom. An die Abende in den Straßencafés. An die hitzigen Diskussionen mit Martinus und den Kommilitonen. An die Wärme, den Rotwein und an die Gewissheit, nach Jahren des Suchens den richtigen Weg gefunden zu haben. Den Weg zu Gott.
    »Martinus, wie geht es dir?«
    »Bene, tutto va bene«, palaverte der Priester am anderen Ende. »Immer alles das Gleiche, Rom ist immer noch eine große Dorf und die Vatikan die Nabel von Welt.« Martinus lachte schallend.
    »Der Nabel der Welt? Moment, mein Freund, der ist hier in Spaichingen«, konterte Pius und fachte damit eine neuerliche Lachsalve seines römischen Freundes an.
    »Was ist Grund für deinen Anruf?«, fragte Martinus schließlich. »Du kommst nach Rom? Soll ich reservieren eine Kammer für dich?«
    »Ach, Martinus, wie gerne würde ich in die Heilige Stadt reisen und unseren Benedikt sehen«, seufzte Pius. »Doch das geht im Augenblick nicht.«
    »Du klingst betrübt«, stellte Bruder Martinus fest.
    Pius schauderte – schon als Student war der gebürtige Römer mehr als feinfühlig gewesen und nie, kein einziges Mal, war es ihm gelungen, dem Freund eine Laune oder Grille zu verheimlichen.
    »Martinus, ich habe ein Problem«, kam Pius denn auch sofort auf den Punkt. In kurzen Worten schilderte er dem Mann aus dem Vatikan die Geschehnisse der letzten Stunden. Dann und wann ließ Martinus ein Brummen hören, das Verständnis signalisieren sollte. Als Pius am Ende seiner Schilderung angekommen war, seufzte Martinus.
    »Wie sagen Deutsche? Ist ein gefallener Engel.«
    Pius konnte ein Grinsen nicht unterdrücken – Martinus schaffte es in jeder Situation, seinen Humor zu bewahren, und sei der auch noch so schwarz. »Das könnte man so sagen«, antwortete er. »Doch das alles ist nicht das Problem. Weißt du, die Kommissarin, die ermittelt, ist ein ehemaliger Zögling von mir. Irgendwie fühle ich mich dem Fall verbunden, nicht nur, weil Herr Engel von unserem Turm gestürzt ist.«
    Pius konnte sich vorstellen, wie Martinus an seinem mächtigen Schreibtisch saß, mit dem Kopf nickte, bis die glänzend schwarzen Haare auf der Stirne wippten, und den Blick nach draußen schweifen ließ. Doch mehr als Mauern würde der Pater nicht sehen, denn sein Büro in den Räumen der vatikanischen Bank ging auf den Hinterhof hinaus – was jeder andere bedauert hätte, doch Martinus, der um die Hitze der römischen Sommer nur allzu gut wusste, war dankbar für seinen schattigen Arbeitsplatz.
    »Ich habe einen Kontoauszug vor mir liegen«, brachte Pius schließlich hervor.
    »Ah, nun sich schließen Kreis, ich Banker, dort Kontoauszug. Was kann ich helfen?«
    »Nun, es ist nur eine Kontonummer angegeben, von der aus Gelder auf das Konto des Verstorbenen transferiert wurden.«
    »Und unser Pius nun wille wissen, wer der edle Spender war«, stellte Martinus fest.
    Pius hörte das Klappern einer Computertastatur durch den Hörer.
    »So,

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