Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Bahn erinnert. Kiss and Ride. Service Point. McClean . Erstaunt über seine Gedankengrätsche fragte er sich, was die Deutsche Bahn wohl noch mit schlecht arbeitenden Eierstöcken zu tun haben könnte. Dann besann er sich wieder auf das Telefonat, das er gerade führte.
»Wie bitte?«
»Manchmal kommt es vor, dass die Funktion der Eierstöcke schon sehr früh nachlässt. Solange die Gebärmutter allerdings intakt ist, ist eine Befruchtung immer noch möglich. Notfalls durch eine Eizellspende.«
»Und Frau Cordes hat dann also so eine Eizellspende in Anspruch genommen.«
»Nein. So schlimm war es nicht. Wie gesagt, ein Eierstock war ja noch eingeschränkt funktionsfähig. Die vorgenommene Hormonbehandlung hatte zur Folge, dass dieser Eierstock mehr Eier produzierte. Auf diesem Wege konnte die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Befruchtung enorm gesteigert werden.«
»Aha. Und kam es zu einer Schwangerschaft?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Das können Sie mir nicht sagen? Wieso das denn?«
»Die Cordes haben die Behandlung vor acht Wochen abgebrochen. Ohne Angabe von Gründen. Entweder ist ihnen das Geld ausgegangen, oder Frau Cordes ist endlich schwanger geworden.«
»Wie jetzt? Sie kümmern sich im Falle einer erfolgreichen Befruchtung nicht weiter um Ihre Patienten?«
»Im Prinzip schon. Aber streng genommen sind wir nur dafür da, dass es zu einer Schwangerschaft kommt. Es steht unseren Patienten jederzeit frei, die Behandlung abzubrechen oder sich anderen Ärzten anzuvertrauen. So ist das nun mal auf dem freien Markt.«
Der freie Markt, aha . Klotz versuchte zu verstehen, was ihm dieser Reproduktionsmediziner hier erzählte. Und er wusste nicht genau, ob er das gut finden sollte, dass die Gesetze des freien Marktes inzwischen offensichtlich in jeden Bereich menschlichen Daseins eingedrungen waren.
Schließlich verabschiedete er sich und beendete das Gespräch.
Er hatte sich zurück in den Konferenzraum begeben. Der Overheadprojektor surrte noch. Klotz erinnerte sich an Escherlich, der ihn regelmäßig darauf aufmerksam machte, dass sich die Zangenberg um rein gar nichts kümmerte. Mag sein, dachte sich Klotz, aber angesichts der grandiosen Optik, die die Sekretärin stets bot, erteilte er ihr großmütig die Absolution. Er nahm das defekte Blaulicht von der Glasfläche und schaltete das Gerät ab.
Wieder sah er hinunter in den Hof. Die beiden Streifenbeamten hatten mit ihrem Federballspiel aufgehört. Neben ihnen stand die Frau mit dem fliederfarbenen Bustier. Einer der Grün-Weißen reichte dem Kollegen seinen Schläger, verabschiedete sich, nahm die Frau bei der Hand. Dann schlenderten die beiden vom Hof. Klotz fiel auf, wie gekonnt sich die Frau in den Hüften wiegte. In dem Moment, als das Paar in der Schlotfegergasse verschwand, gab der glückliche Streifenbeamte seiner Begleitung einen Klaps auf den Hintern. Klotz fragte sich, was der Kollege wohl schmecken würde, wenn er seine Zunge später über eine bestimmte Stelle am Körper seiner Freundin gleiten lassen würde. Waldmeister, Pistazie oder vielleicht doch nur Apfel?
Er dachte an Melanie. Plötzlich spürte er einen leichten Druck auf der Brust. Wieder sah er ihren Blick vor sich. Diesen Blick, den sie Paul Cordes zugeworfen hatte. Diesen Blick, den er nicht hatte greifen können. Der irgendwie gleichzeitig etwas Vorsichtiges und Konspiratives an sich hatte. Und wenn schon, dachte Klotz weiter. Und selbst wenn die beiden was miteinander gehabt hätten. Ob er Melanie darauf ansprechen sollte? Gerade als er im Begriff war, den inneren Raum zu verlassen, in dem diese zerfasernden Gedanken vor sich hin gärten, öffnete sich die Tür.
»Ah!«, rief eine Erstaunen heuchelnde Stimme, der es an einer ordentlichen Portion Ironie nicht fehlte, »der Herr Hauptkommissar! Na, wie fühlt man sich so in Freiheit?«
Klotz schwieg. Das volle, nach hinten fallende Haar verlieh Escherlich etwas beinahe Raubtierhaftes. Er kam ihm vor wie ein Löwe, der stolz von seiner Beutetour nach Hause kam.
»Na gut, just kidding«, fuhr Escherlich fort, der sich inzwischen auf einen Stuhl hatte fallen lassen. »Willst du wissen, was wir herausgefunden haben?«
Klotz sah Escherlich in die Augen.
»Also gut, dann sag ich’s dir. Die Tatwaffe. Das ist der Wahnsinn! Dieser Typ, dieser Mörder! Wir wissen jetzt genau –«
»Ich hab jetzt keine Zeit, der Polizeipräsident erwartet mich«, schnitt der Hauptkommissar seinem Kollegen das Wort ab.
Als
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