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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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wünscht.«
    Mit einer nachdenklichen Verbeugung verabschiedete sich Bren von Königin Anoga. Obwohl er die Frau, an der sich Velon laben sollte, mit sich führte, fiel es ihm leicht, mit Alenias Schritt zu halten. Der Fayé sah nicht nur aus wie ein Greis, er bewegte sich auch so.
    »Ihr kennt Schattengraf Gadior aus Guardaja?«, fragte Bren, um ein Gespräch zu beginnen.
    Alenias schwieg so lange, dass Bren schon dachte, er würde gar nicht mehr antworten. »Guardaja. Ja«, sagte er dann. »Ich erinnere mich. Ich bin angefüllt mit Erinnerungen, doch mein Erleben ist eine Wüste.«
    Bren dachte an den Wandteppich. »Wart Ihr einmal in einer Wüste?«
    Er nickte. »Trockener Sand, weiter nichts. Manchmal auch Fels oder Geröll, aber für die Arriek zeigt sich die Seele der Wüste nur in dem Meer aus Sand.«
    »Ihr seid weit gereist, will mir scheinen.«
    »Und doch habe ich wenig gefunden.«
    Als sie den Teich schon sehen konnten, an dem König Ilion seine Gäste versammelt hatte, sagte Bren: »Ich hoffe, wir finden bald, wen wir suchen.«
    »Dann bin nicht ich das Ziel Eurer Bemühungen? Das hätte ich mir denken können. Es wäre viel Aufhebens für Gadior gewesen, mich mit solch einem Aufgebot zu besuchen. Vor allem nach so vielen Jahren.«
    Bren wunderte sich, dass ein Tausendjähriger eine halbeDekade als lange Zeitspanne empfand. Aber es kam wohl auch für einen Fayé darauf an, ob er sich durch die Stunden quälte oder sie in Freude verflogen. Freude schien bei den Unsterblichen selten zu sein, auch bei den Osadroi.
    »Graf Gadior wird sich bei Euch nach dem Verbleib Schattenherzogin Lisannes erkundigen. Wenn er diese Frage nicht schon mit Eurem König geklärt hat.«
    Unvermittelt blieb Alenias stehen. Er sah auf die Gesellschaft am See, ohne dass Bren den Eindruck gehabt hätte, dass er sie bewusst wahrgenommen hätte. »König Ilion muss sehr stolz sein«, sagte Bren vorsichtig.
    Langsam drehte Alenias den Kopf, bis seine purpurnen Nebelaugen direkt auf Bren gerichtet waren. »Wie meint Ihr das, Ondrier?«
    »Wegen … seiner Königin. Es wird bald einen Prinzen geben, scheint mir.«
    »Früher dauerte eine Schwangerschaft zehn Jahre.« Er setzte sich wieder in Bewegung.
    »Früher?«
    »Es ist lange nicht mehr geschehen.«
    Deswegen die schwangeren Frauen! Die Fayé wollten studieren, wie die Frucht im Leib reifte und wie eine Geburt vonstattenging. So genau wie möglich wollten sie diese Vorgänge beobachten, damit bei ihrer Königin alles gelang.
    Die Gesellschaft erhob sich, als Alenias eintraf. Sogar der König, was auf die hohe Stellung des Greises hinwies. Velons Mund öffnete sich einen Spalt, als er die Frau sah, die Bren ihm zuführte.
    »Alenias, unsere …« Ilion suchte nach dem rechten Wort. »… Gäste haben ein Anliegen.«
    »Ich werde sie begleiten«, sagte der Greis unvermittelt.
    Die Überraschung auf den Gesichtern der Osadroi war unübersehbar, nur die Miene des Fayé war nicht zu deuten.
    »Warum solltet Ihr das tun?«, fragte Ilion.
    »Wir wissen, dass Lisanne nach Flutatem zog. Das kann nur einen Grund gehabt haben. Dorthin geht man, um das Meer der Erinnerung zu befahren. Wenn unsere …«, ein Lächeln kräuselte die Lippen an Alenias’ schmalem Mund, »Gäste ihr folgen, werden sie bestimmt dem Seelennebel nahe kommen. Vielleicht finde ich dort, was ich suche.«
    »Aus dem Seelennebel kehrt niemand zurück.«
    »Und womöglich suche ich genau das. Eine Reise ohne Wiederkehr. Aber die Geister unserer Verwandten sprechen zu den Seeleuten. Sagt man nicht so? Vielleicht haben sie auch für mich Antworten.«
    »Ich verliere Euch ungern, Alenias.«
    Der Greis lachte. »Warum die Lügen, Majestät?« Er sprach das Wort so betont aus, dass Bren vermutete, dass er die ehrerbietige Anrede für gewöhnlich nicht verwendete. »Ihr hofft auf neues Leben. Da ist es nicht von Vorteil, an das Sterben erinnert zu werden. Das könnte alles verderben, was Ihr hier so mühsam bewahrt habt.« Seine Geste umfasste die leuchtenden Bäume, das satte Gras, den glitzernden See, über dem am Wasserfall der Regenbogen stand. »Ihr könnt mich nicht fortschicken, aber wenn ich aus freien Stücken ginge … nun, dann könntet Ihr Eure Aufmerksamkeit ganz dem Kommenden widmen.«
    »Ihr führt eine offene Rede. Wie immer.«
    »Ich fühle mich zu alt, meine Gewohnheiten zu ändern. Jedenfalls hier. Dort draußen, beim Seelennebel, mag es anders sein. Vielleicht kann ich dort Neues lernen. Mögen mir die

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