Knigge fuer Individualisten
scheuen sich nicht, in den Vordergrund zu treten: »Hier bin ich, das kann
ich, so heiße ich.« Fassen Sie sich bei Ihrer Selbstpräsentation kurz,
selbst wenn die anderen wissen müssen, dass Sie wichtig sind. Knapp und
knackig formulieren, das können Sie ja sonst auch. Und vielleicht ist da
sogar jemand, der noch wichtiger ist als Sie. Und der ein bisschen mehr Zeit
in Anspruch nehmen will oder soll oder darf … als Sie.
AUS
ÜBERZEUGUNG: SICH SELBSTBEWUSST
VORSTELLEN
Suchen Sie sich bitte eine Situation aus, in der Sie
sich in Ihrem Alltag vorstellen dürfen oder müssen: einen Besuch bei
Neukunden, eine Besprechung, ein Seminar, eine Party, ein Flirt an der
Bar. Auf geht’s: Stimmung erzeugen, Ihre Funktion bzw. Ihren Nutzen
für Ihr Gegenüber erklären, Vor- und Nachnamen nennen. Merken Sie, wie
schwer es ist, seinen Namen so prominent in den Raum zu stellen? »Sag
deinen Namen und halt den Mund.« Das ist so einfach. Und so schwer.
Und so lohnend. Denn: Wenn Sie selbst schon nicht von sich überzeugt
sind – wer sollte es dann sein?
Wer ist denn das schon wieder?
Bekannt machen
Wissen ist Macht. Vor anderen etwas erfahren heißt
einen höheren Status haben bzw. zugewiesen bekommen. Deshalb lautet die
Etikette-Grundregel zum Bekanntmachen: Die wichtigste Person wird zuerst
informiert. Als Vermittler brauchen Sie nur
zu definieren, wem Sie die Priorität
geben (wollen), und
die andere(n) Person(en) ebenfalls zu
informieren.
Bringen Sie Ihre Führungskraft, einen Mitarbeiter oder
einen Kollegen mit einem Kunden zusammen? König Kunde wird auf jeden Fall
zuerst informiert: »Schön, dass Sie sich kennenlernen. Unser
Vorstandsvorsitzender, Herr Jakob Acker«. Danach erst erfährt Herr Acker,
wer der Kunde ist: »Der Geschäftsführer der Kaiser GmbH, Herr Steffen Sass.«
Wenn Sie Ihre Frau gewöhnlich auf Händen tragen, ist das toll. Bei einer
Begegnung mit einem Ihrer Kunden, z. B. im Theaterfoyer, zieht sie aber –
zeitweise – den Kürzeren; geben Sie dem Kunden Vorsprung: »Darf ich Ihnen
meine Frau vorstellen?«
Bringen Sie Kunden untereinander ins Gespräch?
Sortieren Sie sie und informieren Sie
erst die anwesenden Personen, dann die
hinzukommenden,
die (wesentlich) älteren Personen vor den
jüngeren,
Damen vor Herren.
Traditionelle mögen Struktur, Natürliche zeigen
Respekt mit kleinen Gesten und wohldosiert. Dynamische analysieren schnell; ein kurzer Check, ob die
Analyse stimmt, könnte aber nicht schaden. Lockere würden sich lieber aus der Affäre ziehen – mit einem
lustigen: »Sich vorstellen können Sie doch selbst am besten.« Nichts da,
hier bleiben! Handeln. Sagen Sie »bekannt machen« statt »vorstellen«, das
stellt Augenhöhe her und klingt nicht so förmlich.
Anredeformen? Nicht nur
eine Sache der Einstellung!
Wenn Sie oft Kontakt mit hochrangigen Politikern,
Geistlichen, Militärs oder Akademikern haben, kennen Sie die Anredeformen
aus dem Effeff. Haben Sie selten mit ihnen zu tun, schlagen Sie die gängigen
Titel und Grade nach ( > ). Weniger gängige
leiten Sie aus den Beispielen ab. Im Bürgerlichen Gesetzbuch würden Sie die
Anredeformen vergeblich suchen. Wir sprechen hier vom Gesetz der
Höflichkeit. Und die ist bekanntlich freiwillig.
Das lesen Traditionelle sicher nicht gern. Für Sie ist es
selbstverständlich, Anreden korrekt zu wählen. Was Grad- und Titelträger zu
schätzen wissen. Verzichten Sie aber bitte auf Formen, die Sie aus alten
Filmen oder Operetten kennen: Der »Herr Graf« ist heute vielleicht der Vater
der Tennislegende oder sonst ein Mensch mit dem Familiennamen Graf. Denn,
für die Präzisen unter Ihnen: Adelstitel werden nicht (mehr) mit dem heute
bürgerlichen Anredewort »Frau« oder »Herr« verknüpft. Und ein »Gnä’ Frau«
zum Twen in Jeans und Lederjacke mag Ihrem persönlichen Stil entsprechen,
gefallen wird die Anrede der jungen Frau eher nicht.
ANDERE LÄNDER, ANDERE ANREDEN
In anderen Sprachen wird der Umgang mit Vor- und
Nachnamen oft anders gehandhabt als im Deutschen. So ist die Variante
Vorname plus »Sie« z. B. in Frankreich gängig: »Marie, comment
allezvous?« (Wie geht es Ihnen, Marie?). Redet ein türkischer Kunde
Sie mit »Frau«/»Herr« plus Vorname an, ist das nicht respektlos,
sondern ein Zeichen seiner Ehrerbietung. Sie können ruhig bei Ihrer
üblichen Anredeform bleiben. Vorsicht im Englischen:
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