Knigge fuer Individualisten
bitten Sie um Hilfe: »Ich möchte weitere Gäste begrüßen. Erlauben Sie?«
Einem natürlichen Sprecher bricht dabei das Herz. Dabei helfen Sie durch Ihr
Weggehen dem Gegenüber, Gespräche mit interessierteren Leuten als Ihnen zu
führen.
»Das muss ich Ihnen unbedingt noch …« Ein Lockerer sucht Gesellschaft; besorgen
Sie sie ihm, führen Sie ihn zu einer Gruppe. Als Lockerer zeigen Sie bitte
Flagge, so schwer es fällt. Mit »Ich bin gleich wieder da« zu verschwinden,
wäre nicht nett.
Ein Dynamischer kommt
selbst zurecht, findet den Kontakt, den er will, und braucht Ihre Eskorte
nicht. Sind Sie selbst dynamisch, riskieren Sie, mit einem allzu flotten
Abgang zu brüskieren: die Lockeren, die Natürlichen und die Traditionellen.
Fast alle.
BLAMAGE-PROPHYLAXE
Machen Sie einen guten Eindruck und vermeiden Sie
diese Fettnäpfe:
Anlässe umfunktionieren: statt einer
leichten Unterhaltung Fachgespräche oder Diskussionen anzetteln;
eine Tischrede für eine programmatische Stellungnahme benutzen;
bei einer Gratulation kritisieren
Grenzen überschreiten: das Gespräch
an sich reißen; indiskrete Fragen stellen; Intimitäten
ausplaudern
andere anöden: langweilige Reden;
Monologe; auf Themen beharren
Smalltalk-Stile missachten:
Bedürfnisse nach Nähe und Distanz übersehen
Informativ, lebendig und persönlich – so sollte ein
Text sein. Wäre jedes Schreiben so, wanderte nicht so viel Post ungelesen in
»die Ablage P«, den Papierkorb des Rechners oder unter dem Schreibtisch. Was
fördert die Lust des Lesers an der Lektüre?
HERAUSGELESEN: DAS PASSENDE MEDIUM
»Hallo Ihr Lieben!« Sie sehen beim Öffnen der E-Mail
einer Freundin diese Anrede. Welche Bilder gehen Ihnen da durch den Kopf?
Und welchen Film sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn Sie einen
gefütterten Briefumschlag aus dem Briefkasten nehmen, darauf eine
Sonderbriefmarke und Ihre Adresse in Schönschrift? Im zweiten Fall lesen Sie
auf Anhieb einen bedeutenderen, gewichtigeren Inhalt in die Nachricht hinein
als im ersten. Das ist kein Wunder: Für Marketing-Fachleute gilt die
Gleichung »Inhalt + Verpackung = Produkt«. Für Korrespondenz-Experten
bedeutet das: »Inhalt + Medium = Botschaft«. Wie das Etikett der Flasche den
Vor-Geschmack des Weines prägt, so beeinflusst das Medium die Erwartung des
Empfängers. Mit diesem Wissen können Sie spielen – gezielt, individuell,
geschickt. Damit der Leser schon beim ersten Blick genau das erkennt, was er
erkennen soll.
Schnecke oder Gepard: Wege zum
Empfänger
Papier und Tinte und damit die »Schneckenpost« kommen
immer seltener zum Einsatz; wir haben ja alle so schrecklich wenig Zeit zum
Schreiben. Und das Warten auf eine Antwort sind wir auch nicht mehr gewohnt.
Der Briefkasten an der Haustür bleibt oft leer, stattdessen füllt sich die
Festplatte des Computers.
Der Weg ist
fast das Ziel. Oder: Das Medium schreibt mit
Wann wem wie schreiben? Die Antwort finden Sie hier.
Die Übersicht zeigt Ihnen, wie die verschiedenen Wege der
schriftlichen Kommunikation wirken und wie sie unter welchen
Bedingungen in welchen Kontext passen – damit Sie sich schnell und
leicht entscheiden können.
Brief oder Karte mit
Umschlag
Postkarte
E-Mail
SMS
Einladung
hohes Niveau, Eleganz
mittelhohe Erwartung
mittelhohe Erwartung
lockere Party oder im Voraus save the date: Einladung folgt
Zusage
formvollendet
—
praktisch für Sender und Empfänger
informell, kurzfristig
Absage
formvollendet
—
informell
kurzfristig; darüber hinaus Anruf sinnvoll
Gratulation zum Geburtstag
wertschätzend
Motiv: esoterisch bis witzig; auch als E-Card
informell
informell
Gratulation zur Hochzeit
wertschätzend
—
—
—
Kondolenz
wertschätzend
—
—
—
Festtagsgrüße
wertschätzend
nach Motiv: informell bis witzig
nach Motiv: esoterisch bis witzig
nur zusätzlich zu anderem Weg
Urlaubsgrüße
—
üblich
reizvoll mit Fotos
spontan
Der Fortschritt in der Kommunikationstechnik
ermöglicht es inzwischen sogar, Dokumente, die als Beweismittel bei Gericht
Bestand haben müssen, anstatt »mit Brief und Siegel« auf elektronischem Weg
zu versenden – blitzschnell, verschlüsselt, fälschungssicher. Also ab ins
Museum mit dem alten Plunder?
Im Gegenteil: Dass der handschriftliche Brief so selten
ist, steigert seinen Wert. Wie viel mehr Mühe steckt in einem von Hand
verfassten Schreiben als in einer in die Tastatur getippten
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