Knochen-Mond
beiden Hälften, seine Ichs, die schon immer in ihm gesteckt hatten, nun aber geteilt worden waren.
Der Knochenmond war erschienen, und mit ihm war seine Erinnerung gekommen.
Zebuion…
Barry sinnierte über den Namen nach. Es war ein biblischer Name, das wußte er schon. Er hörte sich nach Kampf an, nach Durchsetzungsvermögen, nach Ärger und Schwierigkeiten, gleichzeitig auch mit der Hoffnung verbunden, daß Zebuion es schaffte, diese Schwierigkeiten zu überwinden, auf welchen Wegen auch immer. Konnte ein Mensch tatsächlich aus zwei Wesen bestehen, aus zwei Ichs? Eigentlich jeder Mensch, sagte er sich, nur schafften es die meisten nicht, die beiden Teile voneinander zu lösen. Es sei denn, jetzt freute er sich über seinen Geistesblitz, das geschah im Traum. Er hatte gelesen, daß es Menschen gab, die tief im Traum ihr anderes Ich lösen konnten und es gewissermaßen auf Reisen schickten. Das hatte Bracht nie erlebt, er kannte auch keinen Menschen, dem dies möglich war, er hatte nur davon gelesen.
Natürlich betraf so etwas immer nur die anderen. Wie sollte er auch davon ausgehen, daß es ihn einmal erwischte. Außerdem waren das alles Theorien, keine Beweise.
Möglicherweise hatte er sich auch geirrt und sich alles nur eingebildet, er wußte es nicht, aber er merkte, wie ihn eine große Müdigkeit überkam. Okay, als Morgenmensch hatte er sich nie bezeichnet, aber diese Müdigkeit war unnormal. Beinahe kam es ihm vor, als hätte ihm jemand Schlaftabletten eingegeben.
Es war zudem nicht einfach für ihn, sich auf seinem Stuhl zu halten. Bevor er nach rechts wegkippen konnte, gab er seinem Oberkörper den nötigen Schwung, damit er mit dem Kopf auf der Schreibtischplatte liegenblieb.
Zum Glück sind die Türen geschlossen, dachte er noch, bevor er in einen tiefen Schlaf hineinsackte, der schon einer Ohnmacht ähnelte…
***
Barry F. Brachts Traum Eine andere Welt — düster, fast schwarz. Wenn Licht vorhanden war, dann nicht mehr als ein grauer Schimmer, der sich an gewissen Stellen wie lange Zungen verteilte, aber kaum Helligkeit brachte. Zugleich eine Welt, die sich trotz der Schwärze in einer ständigen Bewegung befand. Sie schwankte, sie schaukelte. Sie griff nach dem Träumer, und sie baute sich noch weiter auf.
Nach allen vier Seiten hin öffnete sie sich, als wäre sie ein Ballon, den jemand aufgeblasen hatte. Sie wurde größer, die Schatten nahmen zu, aber auch die grauen Streifen, die sich auf einen bestimmten Platz konzentrierten.
Sie irrten zuckend einige Male durch die unheimliehe Düsternis, bevor sie ihr eigentliches Ziel ausgemacht hatten und dort auch blieben. Genau da stand eine Gestalt!
Sie schien aus der Leere der Welt in die Höhe gewachsen zu sein, und sie stand da, ohne sich zu bewegen.
Wer war sie, wo kam sie her?
Möglicherweise konnte selbst die Gestalt die Frage nicht beantworten. Obwohl sie Menschliches an sich hatte, hätte man sie kaum als einen normalen Menschen bezeichnen können, dazu war sie einfach zu anders, denn sie hätte durchaus in einem Fantasy-Film mitspielen können. Von ihr ging etwas aus, das mit den Begriffen Kampf, Gefahr und Kraft umschrieben werden konnte.
Die Füße verschmolzen mit der Dunkelheit des Bodens. Dabei trug die Gestalt Stiefel, an deren Seiten sich ein silbriger Schimmer aus Perlen befand. In den Schäften verschwanden die Enden der langen Hosenbeine. Das Kleidungsstück schimmerte wie gewichstes Leder. Die Jacke besaß die gleiche Farbe. Sie lag so eng an wie ein Trikot. In der Mitte zwischen Jacke und Hose schimmerte ein silberner Gürtel, bei dem an verschiedenen Stellen einige Knöpfe vorstanden.
Der Kopf des Kämpfers war von einem Helm umgeben. An drei Seiten dunkel, nicht aber zum Gesicht hin, denn dort befand sich ein durchsichtiger Gesichtsschutz, wie man ihn von den Helmen der Motorradfahrer her kannte.
Das Gesicht dahinter war kaum zu erkennen. Nur soviel, daß es sich bei der Gestalt um einen Weißen handelte.
Und noch etwas kam hinzu und hob ihn von den anderen Gestalten deutlich ab.
Auf dem Rücken wuchsen zwei dunkle Flügel. Vergleichbar mit denen eines Engels. Es war nicht zu erkennen, ob diese Flügel einen filigranen Aufbau zeigten, jedenfalls mußten sie kräftig genug sein, damit sich die Person in Bewegung setzen konnte.
Sie stand unbeweglich auf der Stelle. Die Arme hingen locker an den Seiten herab. Spannung kannte die ungewöhnliche Person wohl nicht. Trotzdem strömte von ihr der Hauch einer Gefahr
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