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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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der Druiden, die verhindern wollten, dass die Pfähle des Henge ins Museum gebracht werden. Doch obwohl Erik sich damals sogar auf ihre Seite schlug, konnten die Druiden nichts ausrichten, und heute ist vom Henge nur noch ein schwärzlicher Ring im Sand übrig.
    Ruth hat Max’ Mailadresse und beschließt, ihm die Einladung zu der Imbolc-Veranstaltung ganz beiläufig weiterzuleiten. Cathbad wird sicher nichts dagegen haben. Ein Druide befasst sich in der Regel nicht allzu sehr mit Gästezahlen und Tischordnungen. Außerdem wird er sich bestimmt freuen, einen weiteren Akademiker zu den «alten Riten» bekehren zu können. Wenn sie an Max’ Miene zurückdenkt, als er über die Heiligen Hugo und Fremund gesprochen hat, hält Ruth es für durchaus möglich, dass er ein heimlicher Christ sein könnte. Aber das wird Cathbad auch nicht weiter anfechten. Er ist für jede Form von Ritual offen, obwohl er frommere Zeitgenossen mitunter dadurch brüskiert, dass er Jesus als den «großen Schamanen» bezeichnet.
    Ruth hat gerade zu tippen begonnen, als draußen plötzlich ein helles Licht erstrahlt und sie zwingt, die Augen zu schließen. Sie braucht eine Sekunde, bis ihr klarwird, dass es ihre eigene Sicherheitsbeleuchtung ist. Sie tritt ans Fenster und schaut hinaus. Der Garten ist in grelles Licht getaucht, jeder Grashalm hebt sich messerscharf und weiß vor dem Dunkel ab. Doch es ist weit und breit kein Lebewesen zu sehen.

8. Juni
Der Vesta geweiht
Der rechte Brauch erfordert, der Hekate neun schwarze Welpen zu opfern. Das macht mir Sorgen, denn ich leide unter Asthma und besitze nicht einmal einen einzigen Welpen. Und ich möchte doch dem Brauch genügen. Schließlich habe ich mich dazu entschlossen, eine Katze zu töten. Es fiel mir schwer, denn ich schätze Tiere. Aber die Katze war schon alt. Ein mageres schwarzes Tier, das immer vor meinem Fenster in der Sonne lag und schlief. Ich glaube, es gehörte einem der alten Weiber aus der ärmlichen Hüttensiedlung. Wie dem auch sein mag, gestern, als das domus verlassen war, schlich ich mich nach draußen und schnitt der Katze die Kehle durch. Sie kreischte und kratzte mich, und mir wurde klar, dass ich ihr wohl erst den Schädel hätte einschlagen sollen. Nun, tamdiu discendum est, quamdiu vivas. Man lernt ein Leben lang. Ich folgte dem Tier ins Gebüsch, hielt es am Schwanz fest und vollendete mein Werk. Dann schlug ich ihm den Kopf ab. Es war harte Arbeit, doch ich fand eine Axt im Schuppen, die sich ganz hervorragend dafür eignet. Sie wird mir später noch von Nutzen sein, und so verbarg ich sie an der üblichen Stelle. Es blieb furchtbar viel Blut zurück. Viel zu viel. Ich holte einen Eimer Wasser und säuberte den Weg, dann begrub ich die Katze unter dem Lorbeerbusch. Nach alldem war ich so erschöpft, dass ich mich hinlegen musste. Ich kann nur hoffen, dass Hekate zufrieden ist.

[zur Inhaltsübersicht]
    7
    Nelson sitzt im Wagen, einem seiner Lieblingsplätze, und ist unterwegs zu einer seiner bevorzugten Beschäftigungen: Er wird einen Verdächtigen verhören. Whitcliffe würde wahrscheinlich eher sagen, dass er Pater Patrick Hennessey, dem einstigen Leiter des Kinderheims vom Heiligsten Herzen, einen «kleinen Besuch auf ein Schwätzchen» abstattet. Derzeit liegt ja schließlich noch gar kein Verbrechen vor: Ruths Skelett ist ebenso alters- wie geschlechtslos. Doch Nelson ist schon lange genug bei der Polizei, um eine Nase dafür zu haben, wenn etwas faul ist. Er hat es gleich gewusst, als er in den Graben (der für ihn eher ein Grab ist) geschaut hat und die Knochen sah, so klein, so seltsam schutzlos in ihrer zusammengekrümmten Haltung. Er hat gleich gewusst, dass er ein Mordopfer vor sich hat. Und selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Knochen doch aus dem Mittelalter stammen oder wieder mal aus der gottverdammten Eisenzeit, weiß er doch, dass er trotzdem recht behalten wird. Dieser Mensch, dieses Kind, wurde ermordet.
    Wenn jemand von ihm wissen will, was das Schlimmste an der Polizeiarbeit ist, antwortet er manchmal: «Der Gestank.» Das ist durchaus als makaberer Witz gemeint, birgt aber eine Wahrheit, die noch sehr viel makaberer ist. Verbrecher, vor allem die gemeinsten Ratten unter ihnen, stinken tatsächlich. Als junger Polizist musste Nelson einmal einen verurteilten Kinderschänder vom Gericht zurück ins Gefängnis bringen. Die vierzig Kilometer lange Fahrt, zusammengepfercht mit diesem Abschaum hinten im Polizeibus, gehört zu den

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