Koch zum Frühstück (German Edition)
verlieben, den man sowieso nicht haben kann.
»Hab' schon bei der Nini«, behauptet sie und ich kann vom Badezimmer aus sehen, dass sie sich auf den Bauch dreht. Offensichtlich ist ‚Nini‘ Ninas neuer Spitzname. Ich hoffe nur, sie nennt mich nicht irgendwann ‚Davy‘ …
»Trotzdem!«, sage ich streng. »Sonst kannst du dir die Fischstäbchen morgen abschminken.«
»Du bist gemein«, schmollt sie, steht dann aber ohne weitere Aufforderung auf und tapst zu mir ins Bad.
Ich greife nach der Zahnbürste und drücke Zahnpasta drauf. Ist so ein fürchterliches, elektrisches Teil mit gefühlten dreihundert ‚Hello-Kitty‘ -Figürchen dran. Hab' ich ihr zusammen mit der Hase-Felix-Kindergartentasche bei ‚Amazon ‘ bestellt. Hat gefühlte fünf Stunden gedauert, bis sie sich entschieden hatte. Aber sie hatte nur eine Handzahnbürste und ich hab' im Internet gelesen, dass elektrische Zahnbürsten für Kinder besser sind.
»Ich muss die mit dem Ernie, die ist für Kinder!« Skeptisch beobachtet sie mein Tun.
«Okay«, brumme ich, spüle die Paste ab und greife nach der Kinderzahnpasta, bevor ich den Vorgang wiederhole und sie ihr reiche.
Eigentlich hat sie ja recht, meine Zahnpasta ist vielleicht wirklich nichts für Milchzähne. Ich benutze so ein Ding, das die Zähne angeblich weißer machen soll. Funktioniert aber nicht. Jedenfalls merk' ich den Unterschied, den sie einem in der Werbung suggerieren, auch nach einem Jahr noch nicht. Keine Ahnung, wieso ich das Zeug trotzdem immer wieder kaufe.
Artig geht sie rüber zur Toilette, setzt sich auf den geschlossenen Deckel, schiebt die Bürste in den Mund, schaltet sie ein und lässt die Beine baumeln.
»Dawif?«
»Hm?« Ich sollte ihr vielleicht erklären, dass Zähneputzen auf höchster Stufe nicht unbedingt der optimale Zeitpunkt für eine tiefschürfende Unterhaltung ist.
Aber offensichtlich schnallt sie das selbst, denn sie zieht die Bürste aus dem Mund und hält sie von sich. Ein Zahnpastasprühnebel aus Ernie-Kinderzahnpasta und Spucke verteilt sich im Raum. Ein paar Tröpfchen schaffen es an meinen Spiegel und ein paar in mein Gesicht.
»Wie lange sind fünf Minuten?«, will sie wissen.
»Steck' die Zahnbürste wieder in den Mund, Stella!«
»Wie lange?«
»Ich sag' dir Bescheid«, versichere ich.
»Aber wenn ich am Montag in den Kindergarten geh', holst du mich dann wieder ab?«
»Hm, jedenfalls wenn du nicht überall deine Zahnpasta verteilst«, brumme ich genervt, wische mir ihre Zahnpasta von der Wange und bereite meine eigene Zahnbürste vor. »Wer soll dich denn sonst abholen?«
»Die Frau«, sagt sie leise.
»Welche Frau?«
»Die mich abgeholt hat.«
Keine Ahnung, was sie meint.
»Wer hat dich abgeholt?«
»Die Frau, die mich dann zu dir gebracht hat…« Ihre Unterlippe zittert ein bisschen. »Weil, wenn sie mich dann wieder mitnimmt, dann… hab' ich ja gar nicht den Felix dabei und das Buch und die Maus… und meine Sachen. Dann darf ich ja gar nicht mehr bei dir wohnen… und gar nicht mehr zur Nini und zum Flori…«
»Hä?« Ich kann ihr irgendwie grade nicht folgen.
»Weil, wenn die Frau mich abholt, dann bringt sie mich weg…«
»Weg?« Ich sollte mal mit gutem Beispiel vorangehen und meine eigene Zahnbürste abstellen.
Ich raff echt nicht, wovon sie grade spricht. Und was sie plötzlich hat. Bei Nina und Flo bleibt sie ja auch. Allerdings keimt in mir der Verdacht, dass sie von der Jugendamtstante redet. Ich weiß nicht wirklich, wie diese Sache vor ein paar Wochen gelaufen ist.
»Bei Nina hol' ich dich doch auch immer ab«, versuche ich. »Und du mochtest den Kindergarten doch.«
»Ja, aber da bist du nicht weggegangen. Und die Frau weiß ja gar nicht wo die Nina wohnt, aber sie weiß, wo der Kindergarten ist… und ich mag gar nicht, dass sie mich abholt… nur du… oder noch der Flori…«
»Hey!«, sage ich, lege meine Zahnbürste beiseite, komm rüber zu ihr und gehe vor ihr in die Knie. Vorsichtig nehme ich die immer noch vibrierende Zahnbürste aus ihrer kleinen Hand, schalte sie aus und lege sie zur Seite.
»Es wird dich niemand mehr abholen und irgendwo hinbringen, okay?«, sage ich leise und versuche, dabei so zu klingen, als sei es das Sicherste auf der Welt, dass das nie mehr wieder passieren wird. »Nur ich oder der Flori.«
Ich schlucke. Dass es zukünftig wohl eher auf mich rausläuft und er nicht mehr auf sie aufpassen wird, erklär' ich ihr besser ein anderes Mal.
»Aber… wenn du auch tot
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