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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pfanne leer aß, sich aber dabei so zügelte, daß er Messer und Gabel so gesittet handhabte, als säße er an einer großen Tafel. Dazu trank er den einfachen Wein, den Leo ihm vorsetzte, als sei er das beste Hochgewächs aus Burgund.
    »Essen, trinken und die Poesie – so muß Gott das Paradies geplant haben«, sagte Eugen, als er fertig war und sich den Mund mit einem Taschentuch abputzte. »Welche Farbe?«
    »Das Paradies muß grün gewesen sein …«, stotterte Leo verwirrt.
    »Quatsch! Ihre Haarfarbe. Die von der Frau!«
    »Blond. Helles Blond! Wenn es in der Sonne leuchtet, dann …«
    »Überlaß Vergleiche einem Dichter!« Eugen lehnte sich weit zurück und schloß die Augen. »Figur?«
    »Zart. Zerbrechlich. Wie Porzellan …«
    »Das sollst du doch dem Dichter überlassen! Gesicht?«
    »Denk an einen Engel.«
    »Alter?«
    »Sechzehn …«
    »Vorbei!« Eugen kippte den Stuhl wieder nach vorn und öffnete die Augen. Leo starrte ihn entgeistert an.
    »Was heißt vorbei?!«
    »Ich schreibe kein Gedicht, mit dem ich einen Kinderschänder unterstütze!«
    »Sie ist voll erwachsen!« schrie Kochlowsky und wurde krebsrot im Gesicht.
    »Hast du das nachgeprüft?«
    »Man sieht es!«
    »Ein solches Wesen ist viel zu schade für dich! Ich werde ein Gedicht schreiben, ja … ein Schmähgedicht auf Leo! Seht, da kommt der Grobian – blanke Stiefel hat er an … Und so weiter.«
    »Dieses Mädchen ist mein Schicksal, Eugen.« Kochlowsky wischte sich über die Augen. »Ich lasse dich nach Nikolai zurückfahren mit einem Wagen voll Eingemachtem, Kartoffeln, Sauerkraut, Salzfleisch, Mehl, Speck, Gries, Zucker – was du willst …«
    »Ich habe lange keinen Schweinebraten mehr gegessen …«
    »Bekommst du, Eugen!«
    »Einen Rollbraten.«
    »Dick gerollt.«
    »Mit Nierchen drin?«
    »Ich verspreche es dir! Eugen, es muß ein Gedicht sein, wie man es noch nicht gelesen hat!«
    »Ich schreibe nur Dinge, die noch keiner gelesen hat!« sagte Eugen stolz. Er erhob sich und ging leicht hinkend im Zimmer auf und ab.
    Er hinkte von Geburt an, ein Hüftleiden, das ihn aber nicht störte. »Zu hohe Steißlage«, hatte ihm das einmal ein Arzt erklärt. »Sie waren als Embryo eine zu hohe Steißlage. Da kann man nichts machen.«
    »Talleyrand-Périgord, Fürst von Benevent, hinkte auch!« sagte Eugen Kochlowsky immer, wenn man ihn wegen seines Gebrechens bedauerte. »Und er war der politische Geist Napoleons I.!«
    Jetzt resümierte er: »Jung, blond, engelgleich … Mir wird schon etwas einfallen.« Er blieb vor Leo stehen. »Wann brauchst du das Gedicht?«
    »Sofort!«
    »Das ist barbarisch! Ich muß in Stimmung kommen.«
    »Du hast drei Eier und Speck gehabt! Deine Säfte müßten fließen!« brüllte Kochlowsky. »Morgen früh soll sie das Gedicht mit einem Blumenstrauß bekommen. Und übermorgen auch. Jeden Tag …«
    »Immer dasselbe Gedicht?«
    »Jedesmal ein anderes, du Affe!«
    »Ich soll mehrere Gedichte …«
    »Mindestens zehn brauche ich!«
    »Ein Dichter ist kein Huhn, das Verse legt!«
    »Du bleibst so lange hier, bis ich zehn Gedichte habe.«
    »Das ist ein Wort! Ich werde auf Pleß in Pension gehen.« Eugen warf seinem Bruder Leo einen vernichtenden Blick zu und hinkte weiter durchs Zimmer. Plötzlich blieb er ruckartig stehen. Leo hob gespannt den Kopf.
    »Ha!« sagte Eugen laut.
    »Du hast es?« Kochlowsky sprang von dem Stuhl hoch, auf dem er sich gerade niedergelassen hatte.
    »Ja!« Eugen wölbte die Brust nach vorn und gab seiner Stimme einen vollen Klang. »Ich merke, es geht nicht. So nicht! Vielleicht am Morgen, wenn ich über Land wandere …«
    »Was willst du?!«
    »Mich in Gedanken ergehen. Durch die Wälder, durch die Auen … Unter dem blauen Himmelsdom kommen mir die besten Gedanken. Das ist Zwiesprache mit dem Schöpfer aller Dinge. Das inspiriert mich ungemein, Leo.«
    Es war unmöglich, Eugen Kochlowsky noch an diesem Abend zum Dichten zu bringen. Leo sah das ein, kapitulierte zähneknirschend vor dem brüderlichen Genie und befahl, ins Bett zu gehen. Gehorsam folgte ihm Eugen und nahm die halb ausgetrunkene Flasche Wein mit in sein Gastzimmer.
    In der Nacht schrak Leo hoch. An seiner Schlafzimmertür klopfte es. Caesar rührte sich nicht, er schlief weiter. Sein Familiensinn war grandios.
    »Leo!« meldete sich Eugen vor der Tür.
    »Was ist los?« fauchte Kochlowsky. »Leg dich mit'n Arsch ins Bett!«
    »Ihre Augenfarbe habe ich vergessen …«
    »Blau!« schrie Kochlowsky. »Mitten in der Nacht

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