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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kostbar! Wo ist Mamsell Rinne?«
    »Ja, wo ist sie?« tönte Eugen. »Hyperion, der Titan, der Sonnengott Helios, will sie sehen!« Er blickte die ergriffene Wanda mit strahlenden Augen an und warf dramatisch den Kopf in den Nacken. »Das ist die Deutung, Madame: Hyperion ist Sonne, Licht, Wärme, Leben …«
    Wie eine Schlafwandlerin schritt Wanda zurück zur Küche, um die ungeduldig wartende Sophie ans Tageslicht zu holen. Eugen sank in sich zusammen, die Heldenpose verkümmerte.
    »Wie war ich, Louis?« fragte er.
    »Ungeheuer …«
    »Danke dir.«
    »Ungeheuer blöd! Erschütternd dämlich!«
    »Aber ich habe Wanda für uns erobert! Wir können jetzt hier tun, was wir wollen.«
    »Das konnte ich auch ohne dich.« Landauer dachte an das zweite Gemälde: Wanda-Maja auf der Chaiselongue. Hingegossen in aller üppigen Fülle. Wenn das Eugen ›Hyperion‹ erst wüßte! Aber Landauer war nicht geneigt, auch dieses Geheimnis mit ihm zu teilen.
    Ja – und dann kam Sophie.
    Landauer kannte ihren Anblick – trotzdem hielt er den Atem an. Sie sah noch schöner aus, als er sie in Erinnerung hatte. Obwohl er nur den Kopf malen sollte, trug sie ein anderes Kleid als sonst, ein tiefrotes Gewand mit einem runden Ausschnitt. Er ging bis zum Ansatz der kleinen, jugendlichen Brüste, und die Haut schimmerte wie Perlmutt. Auf ihrem hellblonden Haar lag die Sonne wie Goldgespinst.
    Eugen Kochlowsky warf diese Erscheinung buchstäblich um. Er stützte sich schwer auf Landauers Schulter, holte tief Luft, und dann zuckte Landauer wie unter einem Blitzeinschlag zusammen, denn Eugen brüllte:
    »Begreiflich, o Unendlichkeit, bist zu geworden, denn aus Unendlichem kam Schönheit zu uns nieder …«
    Danach hielt er erschöpft inne, rollte die Augen und senkte den Kopf. Der Vulkan war explodiert. Wanda drückte beide Hände gegen ihren mächtigen Busen und seufzte verklärt. Sophie starrte Eugen entsetzt an. Er machte den Eindruck, als habe er mit dem Aufschrei seinen Geist aufgegeben, und nur noch eine leere Hülle stütze sich auf Landauers Schulter.
    »Das war Hypnosium«, sagte Wanda mit bebender Stimme.
    »Hyperion …« Eugen sah Sophie mit traurig-poetischen Augen an. »Das heißt, der Vers war von mir. Schlug aus dem Himmel in mir ein … Fangen wir mit dem Malen an. Ich werde mich dort in eine Ecke setzen und ganz still sein. Keiner wird mich bemerken, keiner hören. Ich werde nur zusehen und in Versen ertrinken …«
    »Wo soll ich sitzen?« fragte Sophie.
    Ferdinand Jüht, als einziger in das Vorhaben eingeweiht, hatte Stühle aufgestellt, die Landauer und Eugen jetzt zurechtrückten. Hinter einer hohen Hecke beobachtete Jüht das Geschehen, auf einen Rechen gestützt und selber glücklich, daß die kleine Mamsell Sophie nun von einem so berühmten Maler porträtiert wurde. Ein Künstler, der schon Bismarck gemalt hatte. Das ist eine Empfehlung!
    Landauer wartete, bis Sophie saß, kam dann zu ihr, korrigierte die Kopfhaltung und rückte die Schulter zurecht. Dabei berührte er die nackte Haut an ihrem Ausschnitt. Es war ihm, als zucke Feuer durch seine Fingerspitzen.
    Ich werde nicht malen können, dachte er erschrocken. Jedesmal, wenn ich sie berühre, flammen meine Finger. Ich darf sie nicht anfassen, solange ich male.
    »So ist es gut«, sagte er gepreßt, als Sophies Gesicht engelgleich seiner Staffelei zugewandt war. Eugen hockte auf seinem Stuhl an der Hauswand, neben sich Wanda, die erregt atmete.
    »Was passiert jetzt?« flüsterte sie heiser.
    »Er macht den ersten Strich.«
    »Wie aufregend! An was denken Sie, Herr Eugen?«
    »An ein Glas Bier«, sagte Eugen völlig unpoetisch. »Ich habe vom Deklamieren einen rauhen Hals …«
    So begann die Arbeit an dem Gemälde von Sophie Rinne, während um die gleiche Zeit Leo Kochlowsky in der Kreisstadt Pleß wieder einen riesigen Krach mit dem Schneider Moshe Abramski hatte. Der ›Affenhintern‹ bei den Hosen war beseitigt worden, dafür entdeckte Kochlowsky – aber nur er sah das natürlich –, daß eine Jacke am Rücken beulte.
    »Das könnte dir so passen, mich zu verhunzen!« schrie er. »Mir einen Buckel anzudrehen! Du willst der beste Schneider Oberschlesiens sein? Der beste Scheißer bist du! Wie kriegst du den Buckel wieder weg?«
    »Das ist kein Buckel nicht, bei Mamalebens Seligkeit!« rief Abramski verzweifelt und rang die Hände. »Muß sein e bissl Dehnweite, Herr Verwalter, sonst platzt alles beim Kutschfahren, sag i … Wie wollen sich beugen nach vorn,

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