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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wenn hinten alles stramm? Bewegung jegliches braucht Platz …«
    Man wurde sich nicht einig. Leo Kochlowsky zog den Rock aus, warf ihn Moshe Abramski an den Kopf und brüllte: »Ich komme in zwei Tagen wieder. Dann sitzt der Rock, oder du sitzt wegen Betrugs!«
    Das war aber noch nicht alles, was das Schicksal an diesem Tag bereithielt.
    Gegen Abend traf auf Schloß Pleß der Husarenleutnant Eberhard von Seynck ein. Er kam in diplomatischer Mission des Königs von Württemberg, war von Staub überzogen, erhielt ein Zimmer im Diplomatenflügel und einen Burschen, der sofort ein Bad richtete.
    Während das Wasser in der Wanne dampfte und der Bursche das Gepäck auspackte, stand Leutnant von Seynck nackt hinter der Gardine am Fenster und blickte in den Park. In einem Winkel, den ein Vorbau bildete, saßen einige Menschen. Eine dickliche Frau, ein Mann, der mit zurückgelehntem Kopf zu schlafen schien – Irrtum, er dichtete! –, ein Maler vor einer Staffelei und ein Mädchen, dessen Schönheit bis nach oben sichtbar war.
    Leutnant von Seynck winkte den Burschen ans Fenster.
    »Sehen Sie das Mädchen da unten?«
    »Jawoll, Herr Leutnant.«
    »Wer ist das?«
    »Keene Ahnung, Herr Leutnant. Hier ist so viel Personal …«
    »Bitte sofort festzustellen, wer das ist!« sagte von Seynck befehlsgewohnt. »Umgehende Meldung. Hau ab, in die Wanne kann ich allein steigen.«
    Eine Weisheit der Jahrtausende bekam wieder einmal Gültigkeit: Wo Militär auftritt, verschärft sich die Lage.
    Was Leo Kochlowsky vergeblich versuchte, gelang dem Leutnant von Seynck fast auf Anhieb: Er machte völlig unkompliziert die Bekanntschaft von Sophie Rinne.
    Die Fürstin Pleß selbst vermittelte sie, ohne zu ahnen, was sie damit auslöste.
    Es war wieder eine dieser Stunden, in denen die Fürstin die kleine Mamsell zu einem Privatgespräch in ihren Salon bat. Damit lebte das Rätselraten immer wieder auf, wieso eine Sophie Rinne von Durchlaucht an die Brust gezogen, geküßt und ›mein Nichtchen‹ oder ›mein Kindchen‹ genannt wurde. Für Sophie war das nichts Neues; auch in Bückeburg hatten die hohen Herrschaften sie so gerufen und wie ein eigenes Kind behandelt, das zufällig in der Küche die große Kochkunst erlernte. Nur, daß die Fürstin Pleß das nun auch übernahm, hatte das junge Mädchen zunächst verwundert.
    Es schien ganz natürlich, daß Sophie damit eine stille Gegnerschaft der Hausdame, Baronin von Suttkamm, erwuchs. Sie wurde noch verstärkt, als Elena erfuhr, daß die wunderhübsche Mamsell von Leibkutscher Reichert, Leibjäger Wuttke und Wanda Lubkenski vor Leo Kochlowsky abgeschirmt wurde. Das bewies doch nur, daß Leo, dieses reißende Tier, nun auch Sophie Rinne auflauerte.
    Von diesem Augenblick an überwachte Elena von Suttkamm unauffällig die Freizeit von Sophie Rinne und ihre Kammer unter dem Dach. Vom Standpunkt der Hausdame aus erwies sich das als sehr nützlich: Viermal entfernte Elena die Blumensträuße, die Kochlowskys polnischer Knecht vor Sophies Zimmertür gelegt hatte, dreimal ließ sie Pralinenschachteln verschwinden und verteilte die köstlichen Süßigkeiten unter den Kindern des Gesindes, um ihr Gewissen zu beruhigen.
    Kochlowsky wunderte sich eine Zeitlang, warum von Sophie keine Reaktion auf seine Geschenke erfolgte, aber dann sagte er sich, daß sie ein scheues Mädchen war und man es eigentlich schon als Erfolg ansehen müsse, wenn sie die Sachen nicht zurückschickte.
    An diesem Tag also saß Sophie Rinne wieder bei der Fürstin, zart, schön und zerbrechlich, eine zum Leben erweckte Porzellanfigur, die man immerzu staunend anblicken konnte. Wie jedesmal ließ sich die Fürstin Pleß von Bückeburg erzählen: vom Leben der Familie Rinne, von Sophies Vater, der mittlerweile neben einem Fuhrgeschäft einen großen Hof gekauft hatte und sich doch immer noch Gepäckträger nannte, von ihren Brüdern und Schwestern, ihren Kindheitserinnerungen, in denen auch der Prinz von Nürthing-Babenhausen eine gewisse Rolle spielte, von ihren Wünschen und ihrer Ansicht, wie ihre Zukunft einmal aussehen sollte.
    Dazu gab es Sandkuchen oder Marmorkuchen, den entweder Sophie selbst oder Wanda gebacken hatten, süße Schlagsahne und indischen Tee, den vor allem die Fürstin gern trank.
    »Wir werden gestört, mein Kindchen«, sagte die Fürstin Pleß, als eine Zofe ihr auf einem Tablett eine Visitenkarte überreichte. »Aber es sind nur ein paar Minuten. Ein Gast aus dem Württembergischen will seine Aufwartung

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