Kochwut
worden, Prognose: Wird nicht wieder vorkommen. Aber wir wissen ja, dass auch Gutachter sich öfter irren. Soweit ich von euch gehört habe, ist der Dampf nicht raus bei dem, und du meintest ja, einen Grund, böse auf den Güldenbrook zu sein, hätte er wohl auch, Anja-Lena.«
»Stimmt. Nachdem wir deine Informationen hatten, haben wir noch mal bei ihm auf dem Hof vorbeigeschaut. Kalle Mientau züchtet eine spezielle Art Rinder exklusiv für Lebouton. Die heißen Welsh Blacks und sollen besonders zartes und schmackhaftes Fleisch liefern, das entsprechend teuer ist. Er ist als Pächter, Züchter und Lieferant vom Unternehmen Lebouton vollkommen abhängig. Sein Ansprechpartner war Christian von Güldenbrook. Der handelte die Verträge mit ihm aus, und mit dem musste er reden, wenn es Probleme gab. Lebouton hielt sich da völlig raus, sagt er.«
»Und gab es denn Probleme in letzter Zeit?«, wollte Angermüller wissen.
»Na ja, Güldenbrook behauptete wohl, Mientau hätte seine Lieferverträge nicht erfüllt und weniger geliefert, als vertraglich vereinbart war. Er verdächtigte ihn, das Fleisch auf eigene Rechnung verhökert zu haben. Aber zum einen hatten seine Tiere im Herbst irgendeine Krankheit, die die Fleischproduktion beeinträchtigte, und zum anderen ist Mientau jegliche Bürokratie ein Graus. Schietkram, wie er sagt. Er hat erzählt, er macht Geschäfte am liebsten mit Handschlag und hält Lieferscheine, Rechnungen und diesen ganzen Papierwust eigentlich für überflüssig.«
»Was ist mit seinem Alibi für den gestrigen Abend?«
»Er behauptet, er sei in der Kneipe gewesen und wüsste nicht mehr, wann er nach Hause gekommen ist. Seine Frau, die was dazu hätte sagen können, war heute in Kiel bei einer Tante.«
»Dann behaltet den im Auge, Anja-Lena, und sprecht noch mal mit seiner Frau. Wir werden Lebouton morgen nach den Unregelmäßigkeiten bei den Fleischlieferungen fragen. Bestimmt hat doch Güldenbrook mit ihm darüber gesprochen.«
»Krieg ich da Gefahrenzulage, wenn ich mit diesem Wilden noch einmal sprechen muss?«
»Du hast doch deinen persönlichen Begleitschutz dabei. Der Kollege Teschner passt schon auf dich auf.«
Anja-Lenas Teampartner Norbert Teschner nickte beruhigend.
Mehrheitlich war man der Meinung, dass bisher eine Verbindung zwischen dem Vergiftungsversuch an Maja Graflinger und dem Mord an Christian von Güldenbrook nicht ersichtlich war. Mit umso größerer Spannung sah man der Aussage des Vergiftungsopfers am nächsten Tag entgegen und wollte anschließend entscheiden, ob man die beiden Fälle getrennt voneinander behandeln würde. Im Krankenhaus, wo Maja Graflinger behandelt wurde, hatte man vorsorglich einen Beamten zu ihrer Sicherheit postiert.
»Also, konzentrieren wir uns erst einmal auf unsere Ergebnisse im Mordfall Güldenbrook«, fasste Angermüller zusammen. »Gezielte Personenhinweise durch die kriminaltechnischen Untersuchungen gibt es bisher nicht. Betrachtet man die Motivlage, gehört zum Kreis der Verdächtigen der Sohn des Opfers, Clemens von Güldenbrook, der zum Vater keine gute Beziehung gehabt haben soll. Außerdem hat er sich sehr selten auf dem Gut blicken lassen, war aber ausgerechnet gestern wahrscheinlich dort. Weiterhin ist Pierre Lebouton dabei, auch jemand, der zu Tätlichkeiten neigen soll, und wenn das mit der finanziellen Schieflage seiner Unternehmungen stimmt und Güldenbrook der Verantwortliche war, hätte er zumindest auch ein Motiv. Dann haben wir Kalle Mientau, und auch Alix Blomberg sollten wir im Auge behalten, nach dem, was der Kollege Timm erfahren hat.«
Angermüller warf Nico Timm, der bei der Erwähnung seines Namens sofort errötete, einen aufmunternden Blick zu. Nico war Mitte 20, Kriminalkommissarsanwärter, noch nicht lange im K 1 und ziemlich schüchtern. Dabei war er ein intelligenter Bursche und sah auch recht gut aus. An ihn hatte sich die Praktikantin Patricia gewandt, um ihre Zeugenaussage machen zu können, nachdem Jansen und Angermüller sie auf später vertröstet und dann vergessen hatten. Sie hatte dem jungen Kollegen ihr Wissen geradezu aufgedrängt und berichtet, dass es die Absicht gäbe, Alix Blomberg als Moderatorin loszuwerden, und dass dahinter kein anderer als Christian von Güldenbrook stecke.
»Hat sie auch gesagt, warum man die Blomberg loswerden will?«, fragte Jansen erstaunt.
»Patricia sagte, sie sei zu alt.«
»Ah ja. Übrigens, welche Patricia? Zeugen und auch Zeuginnen haben bei uns immer noch
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