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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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ebenso verdreckt wie die anderen. Getrockneter Schlamm klebt an seiner Rüstung, und er stinkt wie ein Abwassergraben. Aber er hat eine gewisse Art, trotz des Schmutzes, das muss man ihm lassen. Zumindest Sir Makin hat Manieren.
    Der Mann namens Roter Kent versucht, höflich zu sein, Mylady hier, Mylady da, und er verbeugt sich dauernd. Es ist ziemlich komisch. Als ich ihm für Wasser dankte, das er
mir brachte, errötete er vom Hals bis zum Haaransatz. Vermutlich ist das der Grund für seinen Namen.
    Wenn Kent mir nicht zu Diensten ist, verbringt er den größten Teil seiner Zeit mit Schnitzen. Dann sitzt er mit dem Rücken an einem Baum, ein schwarzes Messer in der Hand. Es ist ein Wolf, an dem er arbeitet. Das Tier sieht aus, als käme es aus dem Wald und knurrte die ganze Welt an. Er hat mir gesagt, dass er einmal ein Mann des Waldes war, vor langer Zeit.
    Es gibt auch einen Jungen, Sim heißt er. Hat ein sehr fein geschnittenes Gesicht, wie der Schauspieler, der letzte Woche an unserem Hof auftrat. Er sieht freundlich aus, scheint aber sehr schüchtern zu sein. Das Gespräch mit mir vermeidet er, doch er beobachtet mich, wenn er glaubt, dass ich es nicht bemerke. Von ihnen allen ist er am saubersten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er als Krieger viel taugt. Bestimmt ist er zu schwach, um sein Schwert richtig zu schwingen.
    Sir Makin kann kämpfen, das weiß ich. Ich erinnere mich, dass er Sir Galen auf die Probe stellte, als Jorgs Vater sie gegeneinander antreten ließ, aber ich glaube, mein Galen hätte ihn besiegt. Vielleicht hat Jorg deshalb Sageous ’ Baum umgestoßen. Um Sir Makin zu retten.
    Die anderen beiden Männer – jene, auf die der Rote Kent in Jorgs Auftrag achten soll – sind Mörder durch und durch. Man sieht es in ihren Augen. Der eine ist ein Riese namens Rike, fast so groß wie der Oger und so breit wie ein slawischer Ringer. Er scheint die ganze Zeit über zornig zu sein. Und dann ist da noch ein alter Mann, etwa fünfzig, hager und knorpelig, mit grauen Stoppeln am Kinn und das Gesicht so zerknittert wie Hannas. Sie nennen ihn Row, und er hat freundliche Augen, aber etwas an ihm sagt, dass die Augen lügen.
    Und ich sitze hier, lasse einen Federkiel über Papier kratzen und ihn von Räubern und Vagabunden berichten, weil meine Hand nicht Jorg folgen will, weil sie sich zu schreiben weigert, was er macht, weil sie sich gegen die Worte sträubt, die mir durch den Kopf hallen.
    Ich habe versucht, Jorg zu erstechen, aber es war wie in einem Traum. Ich wusste, was meine Hand tat, und ich wusste es auch nicht. Seinen Schmerz wollte ich nicht hören, sein Blut nicht sehen. Ich erinnere mich nicht daran, das Messer genommen zu haben.
    Aufhören, sagte ich zu mir selbst, aber ich hörte nicht auf.
    Und jetzt, wenn Friar Glen hier wäre … Ich würde seinen Schmerz hören und sein Blut sehen wollen. Ich würde mir nicht sagen, dass ich aufhören soll. Und doch würde ich aufhören. Denn zum ersten Mal seit langer Zeit ist mein Kopf klar und gehören meine Gedanken allein mir, und ich bin keine Mörderin.
     
    27. März, Jahr 99 Interregnum Rennat-Wald. Vormittag. Ein hoher Wind in den Bäumen.
     
    Sir Makin geht unruhig auf und ab. Er sagt es nicht, aber er macht sich Sorgen um Jorg. Wir haben eine Patrouille gesehen, die zwischen den Feldern ritt. Bestimmt suchte sie mich. Sir Makin meint, je mehr nach mir suchen, desto weniger muss er sich um Jorg in der Burg sorgen.
    Der Große. Der Riese, sollte es besser heißen. Rike. Er sagt immer wieder, dass sie sich auf den Weg machen sollen. Dass Jorg gefangen oder tot ist. Kent sagt, dass Jorg ihnen allen geholfen hat, aus dem Verlies zu entkommen, und wenn er nun in jenem Verlies gefangen ist, so sollten sie
aufbrechen und ihn befreien. Selbst Sir Makin hält das für verrückt.
    Die Nacht war kalt und laut. Sie gaben mir ihre Mäntel, aber ich friere lieber, statt unten diesen stinkenden, voller Ungeziefer steckenden Stoffen zu liegen. Des Nachts ist im Wald alles in Bewegung; überall knackt und quakt es, und überall raschelt es im Laub. Ich war froh, als der Morgen dämmerte. Als ich erwachte, stand der Junge namens Sim beim Baum neben mir und beobachtete mich.
    Das Frühstück bestand aus altem Brot und einigen Stücken Räucherfleisch. Ich aß es, ohne zu fragen, von welchem Tier es stammte. Mir knurrte der Magen, und bestimmt haben sie es gehört.
     
    Jorg ist zurückgekehrt, und seine Männer sind jetzt noch verängstigter als

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