König der Vampire Bd. 3 - Hexentanz
ihren Körper. Jedoch nicht von außen, die kleinen Verletzungen waren nicht die Ursache. Sie schmerzte von innen heraus. Sie hatte nichts, was ihr Halt gab, keine Kleider, die sie schützten. Und vor allem hatte sie nichts, um den Durst zu löschen und den Schmerz zu betäuben. Sie krümmte sich zusammen, lag auf dem Boden im Dreck und schrie!
Mit diesem Schrei wachte sie auf. Doch was von dem eigenartigen Traum blieb, war der Schmerz. Schlimmer noch als letzte Nacht. Alles in ihr schien in Flammen zu stehen und sich zu verkrampfen. Jeder Muskel, jede Faser brüllte auf. Ihr Hals brannte und sie schluckte immer wieder, doch der Speichel allein war machtlos gegen dieses vertrocknete Gefühl.
Tanja konnte nicht sagen, wie lange diese Qualen andauerten. Erst als sie nachließen und sie wieder zu Atem kam, sah sie auf die Uhr. Doch was nützte ihr das? Sie wusste ja nicht einmal, wann es begonnen hatte. Es war zudem niemand da, den sie hätte fragen können. Sie war allein, inmitten des zerwühlten Himmelbettes, in der Finsternis des Zimmers. Nicht einmal der Mond oder die Sterne blickten zum Fenster hinein. Tanja war isoliert mit ihrem Schmerz.
Das werdet ihr büßen, mich so allein zu lassen! , schwor sie sich.
Noch bevor der nächste Morgen anbrach, machte Sy sich auf den Weg zum Flughafen. Sie hatte schließlich über drei Stunden Fahrt vor sich und sie wollte unbedingt pünktlich dort sein. Sy ging erst einmal davon aus, dass die beiden Hexen, die sie dort abholte, auf dem Flug etwas geschlafen hatten. Sie würden ihre magischen Kräfte heute noch brauchen und hoffentlich erfolgreich einsetzten.
Es war noch dunkel gewesen, als Sy das Anwesen von Juli verlassen hatte. Wach waren trotzdem alle. Die Nacht hatte geendet, als Tanja durch das ganze Haus gebrüllt hatte. Cosimo war kurz in Versuchung gewesen zu ihr zu gehen, doch Kai hatte ihn zurückgehalten.
„Hey. Hat dir jemand Trost geschenkt, als deine Zeit kam?“, war seine Frage gewesen.
Cosimo hatte verneint und sich wieder ins Bett gekuschelt. Eine ähnliche Meinung hatten auch die anderen, wobei besonders Tobias und Sandra gar nicht wussten, wie sie mit den Schmerzen von Tanja umgehen sollten. Beide hatten für sich selbst die schmerzhafte Erfahrung ihrer Umwandlung noch deutlich vor Augen. Doch Tanja als geborene Vampirin … das war eine andere Sache. So versuchte sich Tobias darin, die Schreie zu ignorieren. Juli als Wölfin hatte ebenfalls nicht viel Erfahrung mit angehenden Zöglingen.
Sandra, ein paar Zimmer weiter, hatte keine große Möglichkeit, die Schmerzensschreie von Tanja zu ignorieren. Sie trennten nur eine Wand. Quentin nahm Sandra mitfühlend in den Arm, er sah, dass sie Mitleid mit der Vampirin hatte.
„War es bei dir auch so?“, wollte er wissen.
„Ähnlich bestimmt. Die Schmerzen sind kaum zu beschreiben. Da sie aber schon so geboren ist, wird es sicherlich nicht ganz so heftig sein“, mutmaßte sie.
„Hmm, Tobias hat mir die Grundzüge des Vampirdaseins erklärt. Zumindest in dem Maße, wie er es weiß“, gab er zurück.
„Kannst du mir nicht ein paar taube Ohren zaubern?“, fragte Sandra. Tanjas Schreie gingen ihr durch Mark und Bein.
„Nein, Süße. Das ist nicht möglich, nicht für mich. Und es heißt Magie spinnen.“
Sandra schloss die Augen und seufzte. „Wirklich schade. Wäre nett gewesen, nichts mehr zu hören.“
„Tjaaa, dann könntest du mich ebenfalls nicht hören“, raunte Quentin ihr ins Ohr.
„Du kannst doch in meinem Kopf reden“, flüsterte sie auffordernd.
Quentin verschloss ihren Mund mit einem Kuss. Dann sandte er ihr in Gedanken: wenn du mich dazu aufforderst, gerne.
Du kannst immer in meinem Kopf herumgeistern, schickte sie zurück.
Quentin lächelte in sich hinein. Sandra hatte ihm total den Kopf verdreht und längst hatte sich das Gefühl eingestellt, sie beide bildeten eine Einheit. Auch wenn sie zu unterschiedlichen Arten gehörten, ergänzten sie sich perfekt. Besonders jetzt, zu dieser eigentlich nachtschlafenden Stunde, wo die Dunkelheit sie einhüllte wie in einen schützenden Kokon. Es fiel kein Licht ins Zimmer, auch wenn Quentin zweifelsfrei davon ausging, dass alle Bewohner des Hauses aufgewacht waren. Niemand ging über den Flur und bis auf Tanjas Schreie, die derzeitig zu einem Wimmern wurden, herrschte Stille.
So lag er hier im Bett mit Sandra im Arm, eroberte sanft ihren Mund mit seinem. Ein leises Seufzen entwich ihr, als er mit seiner Zunge zwischen ihre
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