Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König Mythor

König Mythor

Titel: König Mythor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
schon weit in Richtung des Baumes vorgetrieben, wie weit, das konnte auch Hapsusch nicht sagen.
    Mythor hatte den Boden mit dem Gläsernen Schwert aufgekratzt und das gleiche schimmernde Geflecht gefunden wie an der Straße des Bösen und bei Althars Wolkenhort. Hier jedoch hatten sich Knoten und armdicke violette Stränge gebildet, wirkliche Wurzeln, in die das Geflecht überging.
    Überhaupt schienen die Pflanzen nirgendwo gleich zu sein. Es hatte den Anschein, als würden sie umso schrecklicher, je näher sie an den Baum des Lebens herankamen. An der Straße des Bösen hatten sie keine Chimären ausgespien, und beim Wolkenhort hatten Mythor, Nottr und Steinmann Sadagar nur gegen die roten Ranken zu kämpfen gehabt, aus deren durchtrennten Strängen alles zerfressende Säure gespritzt war.
    Der Baum des Lebens war der fünfte Fixpunkt des Lichtboten, den Mythor erreicht hatte. Somit lagen noch zwei vor ihm. Wüteten auch dort die Pflanzen oder noch weitaus abscheulichere Kreaturen der Finsternis?
    Mythor bezweifelte es fast. Der Baum des Lebens war der erste lebende Fixpunkt, und seiner unfassbaren Größe nach zu schließen, mochte er wahrhaftig so alt sein wie die Lichtwelt selbst.
    Doch die Nacht war nahe, und es war zu erwarten, dass die aus ihrer unerklärlichen Starre erwachenden Pflanzen und ihre halb tierischen Ausgeburten sie nutzen würden, um sich weiter auszubreiten, über den Tempel hinweg.
    Nach einem langen Blick auf den Baum des Lebens kehrte Mythor in den Tempel zurück, wo Hapsusch und ein halbes Dutzend leonitischer Krieger auf ihn warteten.
    Von den Januffen, den Wächtern des Baumes, die angeblich zwei Gesichter haben sollten, war nur gelegentliches schrilles Kreischen zu hören. Gesehen hatte Mythor noch nichts von ihnen. Ansonsten herrschte Stille. Nur dann und wann waren die Laute der Löwen zu hören, die für die Leoniter heilige Tiere waren und seit Anbeginn der Lichtwelt in unmittelbarer Nähe des Baumes lebten - das glaubten sie jedenfalls. Ihnen brachten sie regelmäßig in feierlichen Prozessionen Opfer dar, die Früchte des Lebensgärtchens, Ziegen und Schafe.
    Mythor bedauerte, nur wenig von diesem Paradies gesehen zu haben. Wo sonst Männer und Frauen arbeiteten, wuchsen nun die Schlangenpflanzen in den Himmel. Das Lebensgärtchen begann nicht gleich hinter den Stadtmauern von Leone, sondern erst hinter einem breiten Streifen freien Landes, auf dem auch die Akinlayer ihr Lager aufgeschlagen hatten. Und es war kein Gärtchen, sondern ein riesiger Garten des Friedens und blühenden Lebens. Bis jetzt.
    Mythor setzte sich auf einen einfachen Hocker und legte den Helm der Gerechten auf seine Knie. Erwartungsvoll blickte er Hapsusch und die Krieger an, die erst vor kurzem zurückgekehrt waren und die Spuren im Gesicht geschrieben trugen, die der Tag hinterlassen hatte. Mit Fackeln und Blasebälgen hatten sie die erstarrten Pflanzen und Chimären auf eine Breite von vierzig, fünfzig Schritt verbrannt. Doch dahinter erhob sich der schreckliche Dschungel, und er würde sich das verlorene Gebiet nach Einbruch der Dunkelheit zurückholen - innerhalb weniger Augenblicke.
    »Das«, sagte der Lebensgärtner und berührte dabei ein Schälchen mit etwas drin, das wie feiner gelber Staub aussah, »werden wir vor Anbruch des Morgens wiederholen. Ich werde dich dann zum Baum des Lebens führen, und die Löwen werden dir kein Leid antun. Anschließend kehre ich hierher zurück und bereite auch mich vor. Du wirst auf mich warten, König.«
    Mythor nickte und hob den rechten Arm an seine Nase. Der gelbliche Staub und ein besonderes Wässerchen, mit dem Hapsusch ihn am ganzen Körper bestäubt hatte, verlieh ihm, wie der Lebensgärtner sagte, »Januffengeruch«.
    »Du zweifelst, mein König?« Hapsusch lächelte sinnig.
    »Du wirst sehen, dass deine Sorgen unbegründet sind. Mit diesem Geruch werden dich die Januffen als ihresgleichen akzeptieren. Und wenn du dich geschickt anstellst und ihnen dies hier gibst.«, Hapsusch holte ein Fläschchen aus einer Tasche seines Gewandes hervor und ließ es ebenso schnell wieder verschwinden, ». werden sie dir aus der Hand fressen. Ich weiß es, weil ich es selbst schon erlebt habe.«
    »Dann warst du schon im Baum?«
    »Leider nur in den unteren Ebenen«, gestand Hapsusch, und sein Blick verriet, wie sehr er sich wünschte, höher hinauf gelangt zu sein, bis in die Spitze in schwindelerregender Höhe. »Ich bin zu alt dazu, Mythor, zu schwach. Und vielleicht ist

Weitere Kostenlose Bücher