Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Hafen hinaufzog.
    Als die Sänfte auf einer Höhe mit ihm war, wurde der Vorhang zur Seite gezogen. Einen Moment lang blickte der Ritter geradewegs in ein Paar schwarze, traurige Augen. Dann waren die Sklaven vorüber.
    Wie ein Schlafwandler erhob sich Ludwig von der Steinbank. Diese Augen! Auf diese schmerzvolle, wissende Weise hatte ihn auch seine Stiefschwester angesehen, als ihr Vater sie fortgebracht hatte.
    »Du nimmst Kurs auf gefährliche Gewässer«, brummte Orlando und packte ihn am Arm. »Komm, setz dich wieder! Dieses stolze Schiff hat schon einen Eigner.«

    »Wer war das?«, flüsterte Ludwig und blickte der Sänfte nach.
    »Eine Sirene, zum Teufel! Du wirst doch ihretwegen nicht unseren Wein sauer werden lassen. Ich sage dir, jemand wie sie bringt nur Ärger!«
    Ludwig schüttelte den Kopf. »Hast du denn nicht gesehen? Diese Frau ist einsam!« Er griff nach seiner Laute und lief die enge Gasse hinauf, um der Sänfte heimlich zu folgen.
     
    Anno hatte die Pferde versorgt und verließ den Stall des kleinen Gasthauses am Kontoskaklion-Tor, in dem sie abgestiegen waren. Er war ausgesprochen schlechter Stimmung. Diese Stadt bedrückte ihn. Und den Tieren ging es auch nicht besser. Ihre Pferde waren immer noch unruhig, obwohl sie nun schon ein paar Tage wieder festen Boden unter den Hufen hatten. An diesem Ort konnte man sich nicht wohlfühlen! Es war niemals still in dieser Stadt. Immer hörte man irgendwo Stimmen oder Gelächter. Und alle sprachen dieses grässliche Kauderwelsch, das kein anständiger Christenmensch verstehen konnte. Wenn sie wenigstens eine Spur des dritten Königs gefunden hätten. Aber Heinrich brachte es ja nicht einmal zuwege, den Mann zu finden, mit dem sie sich hier treffen sollten!
    Anno ging die Straße entlang und musterte misstrauisch die Gestalten, die an ihm vorübereilten. Griechen! Alles Betrüger! Wie viel ihr Gastwirt für das schlichte Zimmer verlangte, das sie sich teilten! Das grenzte an Diebstahl!
    Ein stämmiger Mann in bunten Kleidern erweckte seine Aufmerksamkeit. Ein breiter, silberbeschlagener Schwertgurt wies ihn als Krieger aus. Er hatte weizenblondes Haar
und stolzierte daher, als hielte er sich für einen zweiten Siegfried. Dabei sah er in der roten Hose mit den gelben, aufgestickten Blumen im höchsten Grade albern aus. »Ein Narr könnte nicht lächerlicher daherkommen«, murmelte Anno abfällig, als der Geck an ihm vorbeiging.
    Der Fremde blieb stehen. »Was hast du gesagt?« Er sprach deutsch mit einem Dialekt, den Anno nicht sofort zuordnen konnte. Der Sennberger drehte sich langsam um und stemmte die Hände in die Hüften. Sein Gegenüber hatte eine breite, fleischige Nase, die offenbar schon mindestens einmal gebrochen worden war. Anno sah zu den Stickereien auf der Hose und grinste herausfordernd. »Das Fräulein liebt Blumen?«
    »Dir werde ich den Staub aus den Kleidern klopfen, Bauerntölpel!« Der Fremde griff nach seinem Schwertgurt, öffnete ihn und lehnte die Waffe an die nächste Hauswand.
    Anno folgte seinem Beispiel und legte ebenfalls die Waffe ab. Herausfordernd hob er die Fäuste. »Kommt her und versucht Euer Glück, Fräulein!«
    Ohne weitere Zeit mit Worten zu verschwenden, ging der Fremde zum Angriff über. Anno duckte sich unter einem Faustschlag weg und versuchte den anderen umzureißen. Doch sein Gegner war nicht ungeschickt. Noch bevor Anno an ihn herankam, war der Blonde mit einem Satz zurückgewichen. Das würde kein leichter Kampf werden!
    Einige Augenblicke lang umkreisten die beiden Kämpfer sich und suchten nach einer Lücke in der Deckung des anderen. Dann sprang Anno vor und verpasste seinem Kontrahenten einen Schlag in den Leib. Doch der Kerl zuckte nicht einmal zusammen. Seine Bauchmuskeln waren hart
wie Mauerstein. Ein Hieb traf Anno im Nacken, und er spürte, wie seine Beine nachgaben. Mit einem Fluch auf den Lippen rammte er dem größeren Mann seine Faust mitten ins Gesicht. Anno ließ eine Rechte folgen, die jedoch ihr Ziel verfehlte. Der Fremde wischte sich Blut von den aufgeplatzten Lippen und griff sofort wieder an. Er traf Anno mit einer wuchtigen linken Geraden, die den Sennberger fast von den Füßen riss.
    Etliche Passanten waren stehen geblieben und sahen den beiden zu. Anno bemerkte, wie zwei bärtige Griechen eine Wette abschlossen, und so, wie ihn der eine ansah, hatte er das Gefühl, dass es nicht gut um seine Quote stand. Dieser verdammte Blondschopf war ein härterer Brocken, als er gedacht

Weitere Kostenlose Bücher