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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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nicht ganz sicher sagen, weil ich erst mit ihm sprechen müsste, und das ist im Augenblick, wie Sie sehen, nicht möglich.« Er hob Rackhams schlaffen rechten Arm. »Aber meine Vermutung ist, dass Ihr Kapitän Rauschmittel konsumiert hat. Alkohol sicher auch, aber das ist es nicht. Er schluckt oder raucht noch etwas anderes. Haben Sie eine Ahnung, was das sein könnte?« Gerade wollte Anne verneinen, da fiel ihr das Versteck in der Holzvertäfelung der Kajüte ein. Wortlos schob sie das Schränkchen zur Seite und entfernte die kleine Klappe. Mit einem Griff zog sie ein Säckchen hervor und reichte es Hamilton.
    Der löste die Schnur und sah hinein.
    »Papaver somniferum! Und gleich in solcher Menge! Kein Wunder, dass Ihr Kapitän kaum noch zur Besinnung kommt«, stieß er hervor. Anne holte die anderen Säcke aus dem Versteck.

    »Wird er wieder gesund?«, fragte sie besorgt. Hamilton sah sie freundlich an.
    »Wenn wir ihm das Zeug wegnehmen, ja. Wenn er es weiter zu sich nimmt, nein. Dann bringt es ihn um.« Er kratzte sich am Kopf.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Lassen Sie meine Medizinkiste herschaffen. Mit Ihrer Erlaubnis werde ich das Opium an mich nehmen und dort verstecken. Für einen Arzt ist das Zeug Gold wert. Dafür bleibe ich bei Ihnen an Bord, kümmere mich um Ihren Kapitän und die Mannschaft, bis Sie mir erlauben, das Schiff zu verlassen.« Anne stimmte sofort zu.
    »So machen wir es, Doc. Wir sagen aber niemandem etwas von dem Opium, denn ich weiß, dass es viel Geld bringt, wenn man es verkauft, und die Männer hier an Bord würden sich so eine fette Beute niemals freiwillig entgehen lassen.«
    »Ich verstehe.« Ben Hamilton runzelte die Stirn. »Wenn Ihr Kapitän aufwacht, sagen wir, wir haben es ins Meer geworfen. Er wird toben, ist aber zu schwach, um etwas zu unternehmen, und sobald es ihm besser geht, wird er froh sein, dass das Zeug außer Reichweite ist. So, und jetzt gehen Sie, und kümmern Sie sich um meine Kiste. Ich bleibe hier und warte, bis er auf wacht.«
    Das Zwischendeck des Sklavenschiffs war gereinigt. Auf Virgins Befehl hatten ein paar Piraten die Vorräte der Bladen an Deck gebracht und bei Tageslicht festgestellt, dass kaum etwas davon zu brauchen war. Der Schiffszwieback war so voller Maden, dass man ihn ausklopfen musste, bevor man einen Bissen zu sich nehmen konnte. Das gesalzene Fleisch war verdorben und stank erbärmlich, das Trinkwasser roch faul und nach Krankheit.
    »Read, nimm Jubilo und räuchere den Laderaum einmal mit Schwefel aus, und dann guckt euch gut um da unten. Ich bin sicher, dass es außer diesem Fraß hier noch andere Sachen gibt. Die Herren Offiziere haben bestimmt nicht diesen Dreck gefressen.« Henry Virgin trat gegen ein Fass mit grünlich verfaultem Fleisch.
    Mary und Jubilo machten sich auf die Suche nach versteckten Lebensmitteln und wurden fündig. Hinter den Ersatzsegeln war ein kleiner Verschlag, mit Kette und Schloss gesichert. Mary stemmte sich gegen die Tür und brach den Haken heraus.

    »Das ist ja wie im Paradies«, flüsterte Jubilo und betrachtete den Fund andächtig. Ordentlich gestapelt lagen vier große Käse aufeinander. Geräucherte Wurst, Schinken, ohne eine Spur von Fäulnis, Säcke mit Kakao und Zucker, Weinflaschen. Er presste die Hände gegen seinen knurrenden Magen.
    »Lauf rauf und hol Virgin«, befahl Mary und Jubilo gehorchte.
    »Hab ich’s doch gewusst. Diese Schweine! Wie damals bei mir auf dem Schiff. Die Mannschaft kriegt madigen Zwieback, und die Herren Offiziere schlagen sich den Wanst mit Köstlichkeiten voll!« Er beugte den Kopf, tat einen Schritt in den Verschlag und zählte: »Vier Säcke mit Kakaobohnen, sechsmal Mais, zweimal Zucker. Und das hier, was ist das?« Virgin zog einen Beutel aus gewachstem Tuch aus der hintersten Ecke und reichte ihn Mary. »Mach mal auf, Read, und sag mir, was da drin ist.« Mary stieß einen schrillen Schrei aus und hielt sich die Hand vor den Mund.
    »Was quietschst du denn wie ein Weib?«, schimpfte Virgin und kam aus dem Verschlag gekrochen. »Zeig her!« Er riss ihr den Beutel aus der Hand.
    »Das sind Ohren! Menschenohren!«, flüsterte Mary starr vor Schreck. Virgin würdigte sie keines Blickes.
    »Ja, Read, das sind Menschenohren. Die haben sie den Kranken und Toten abgeschnitten, bevor sie sie den Fischen zum Fraß vorwarfen. Damit können sie später beweisen, dass sie Verluste bei der Überfahrt hatten, und die Versicherungsprämie einstreichen. Schlau! Ein Jammer nur,

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