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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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ihr Leben vor den wütenden Naturgewalten zu retten. Sie klammerten sich an Masten und Taue, um nicht von der nächsten Welle über Bord gespült zu werden.
    Als Jubilo die letzte Fessel gelöst hatte, entdeckte er ein Leck im Rumpf des Schiffes. Das Loch hatte den Durchmesser eines männlichen Oberarms. Unaufhörlich strömte Wasser in den dunklen Bauch des Schiffes. Die ersten Fische schwammen bereits im Inneren des Rumpfes. Gerade wollte Jubilo sich umdrehen, da hörte er inmitten des Getöses einen gellenden Hilfeschrei.
    Kisu, ein junges Mädchen, das ganz hinten an einem Pfeiler angekettet gewesen war, war ausgerutscht und hatte sich den Knöchel so verstaucht, dass sie nicht mehr auftreten konnte. Auf allen vieren kroch sie nach vorne, fand keinen Halt und wurde immer wieder von den Schiffsbewegungen von rechts nach links geworfen. Mit drei Sätzen war Jubilo bei ihr, hob sie hoch und lud sie auf seinen Rücken.
    »Halt dich fest. Ich bringe dich nach oben.« Das Mädchen verstand ihn nicht, klammerte sich aber instinktiv an ihren Retter. Kaum hatte Jubilo mit seiner Last die Treppe bewältigt, fühlte er, wie das Schiff wie eine Feder in die Luft gehoben wurde. Mit letzter Kraft gelang es ihm, sich und Kisu zum Schanzkleid zu schleppen. Er packte ein Tauende, schlang es erst dem Mädchen, dann sich selbst um den Leib und wickelte das Seil ein paarmal um die Relingplanke auf dem Schanzkleid. Das Schiff bohrte sich mit dem Bug voran in die tobende See. Die brodelnden Wassermassen schlugen über ihnen zusammen. Kisu und Jubilo schluckten Salzwasser, spuckten und husteten, schluckten noch mehr Salzwasser, rangen nach Atem und sahen, wie drei Afrikaner von einer Flutwelle in hohem Bogen über die Reling gespült wurden. Die Schreie der Ertrinkenden gellten lauter als das
Brüllen des Sturmes. Das Schiff taumelte zurück und stabilisierte sich für einen kurzen Augenblick, dann wurde es erneut in die Luft gehoben. Bei jeder neuen schwindelerregenden Welle kippte das Deck unter den Füßen weg. Hoch oben auf den brodelnden Wellenkämmen glitt die Bladen wie Treibgut, um gleich darauf in einem Abgrund zu stürzen.
    Jubilo hörte ein bedrohliches Krachen und sah, dass der Hauptmast brach wie ein Streichholz. Wind und Wellen zerstörten einen Querbaum, der donnernd auf die Planken schlug.
    Der Sturm brachte prasselnden Regen. Die dicken Tropfen fielen so dicht, dass man die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Alle Wassermassen dieser Welt schienen sich verschworen und den Untergang der beiden Schiffe beschlossen zu haben.
    Saugend zogen die Wellen die Bladen nach unten. Mauern aus schwarzgrünem Schaum stiegen rechts und links auf und donnerten über die Planken. Jubilo hatte tief Luft geholt und versuchte den Atem anzuhalten, bis die Wellen sich wieder zurückzogen, um gleich darauf einen neuen Anlauf zu nehmen. Jeder Knochen schmerzte. Kisu saß mit geschlossenen Augen neben ihm, umklammerte das rettende Tau und murmelte unaufhörlich beschwörende Worte in einer Sprache, die er nicht kannte.
    Nach sechs entsetzlichen Stunden war auf einmal alles vorbei. Die Bladen stampfte noch immer heftig auf und ab, wurde aber nicht mehr von den Wellen in die Luft geworfen.
    Jubilo rieb seine geschundenen Glieder und sah sich um. Das Ausmaß der Zerstörung war verheerend. Unter den gebrochenen Teilen der Masten lagen Verletzte und Tote mit zerschmetterten Schädeln, Armen und Beinen. Er befreite Kisu und sich. Wie durch ein Wunder hatten sie beide außer ein paar Schrammen und blauen Flecken keinen Schaden genommen. Kisus Knöchel war geschwollen, aber sie konnte das Gelenk bewegen. Jubilo bedeutete ihr sitzen zu bleiben und stand auf, um den Verwundeten zu helfen.
    Er fand Mary, die eingeklemmt zwischen einer Kiste und der Reling lag und kein Lebenszeichen von sich gab. Jubilo zog die schwere Kiste zur Seite und kniete sich neben sie.
    »Read! Wach auf. Du bist nicht tot, du darfst nicht tot sein!«,
flehte er und schob seinen Arm unter ihren Kopf. Der durchnässte Ärmel seines Hemdes färbte sich rot. Jubilo sah, dass aus einer Wunde am Hinterkopf Blut sickerte. Er sah sich die Verletzung an. Durch die Veränderung ihrer Lage erwachten Marys Lebensgeister.
    »Du bist nicht tot, ich wusste, dass du nicht tot bist!« Jubilo küsste sie auf die Wange.
    »Nein, ich glaube, tot bin ich nicht, aber mein Schädel brummt, als hätte ich einen Schlag mit dem Hammer darauf bekommen.« Mary setzte sich auf und betastete vorsichtig ihren

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