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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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mehrmals umwickelt und fest verschnürt. Sie stand am Strand und suchte nach einer geeigneten Stelle, um den Schatz zu vergraben.
    »Wir müssen einen Platz finden, den wir jederzeit wiedererkennen oder beschreiben können. Für den Fall, dass jemand anders die Kiste für uns holt.« Sie einigten sich auf eine Stelle etwa dreißig Schritte landeinwärts. Neben einer großen Kokospalme lag ein Felsbrocken, hinter dem sie die Schatulle in etwas mehr als einem Meter Tiefe vergruben. Von der Royal Queen klangen die Stimmen der feiernden Männer herüber. Mary stand mit gefalteten Händen an Mike Fosters Grab. Anne entfernte sich einige Meter und betrachtete die Lichter des Schiffs. Wenn alles nach Plan verlief, würde es in wenigen Tagen in Flammen aufgehen und auf dem Meeresboden versinken. Ein Jammer um die viele Arbeit und das Geld, das Hudson investiert hatte.
    Mary setzte sich neben sie. Sie ließ den feinen weißen Sand durch ihre Finger rinnen und sah nachdenklich auf das Meer.
    »Bonny, ich muss dir etwas sagen.« Mary wandte den Blick nicht vom Wasser.
    »Wenn ich mich nicht irre, und ich glaube nicht, dass ich mich irre, oder besser, ich bin sicher, dass ich mich nicht irre, also, Bonny …, ich erwarte ein Kind.«
    »Ach du liebe Güte!«, war alles, was Anne im ersten Moment hervorbrachte.
    »Ich meine natürlich, du liebes bisschen«, sie hörte selbst, dass das auch nicht besser klang, und nahm einen erneuten Anlauf: »Ich meine, da müssen wir uns aber etwas überlegen.« Mary nickte.
    »Weißt du, ich freue mich darauf, ich wollte immer Kinder haben. Mike ist tot, aber so bleibt mir wenigstens ein Kind von ihm.«
    »Wie lange weißt du es denn schon? Ich meine, wie weit bist du denn?« Anne betrachtete forschend den Bauch der Freundin, konnte jedoch nicht einmal die kleinste Wölbung erkennen. Mary winkte ab.
    »Noch ganz am Anfang. Aber ich dachte, ich sage es dir schon
mal. Ich werde einen Platz brauchen, an dem ich das Baby bekommen kann. Meinst du, ich kann zu Grandma Del?«
    »Ich weiß es nicht, aber das finden wir heraus. Ich wollte meinen Kleinen ohnehin besuchen, und dann fragen wir sie einfach.« Mary nickte zufrieden.
    »Bonny, ich muss dir noch etwas sagen. Wenn ich das Kind habe, werde ich nicht zurück an Bord kommen. Ich habe so viel Geld, dass ich mir ein kleines Häuschen kaufen kann. Dort will ich mit meinem Kind leben, und wenn du möchtest, kümmere ich mich auch um deinen kleinen Jack.« Sie räusperte sich verlegen. Anne umarmte sie und lachte.
    »Was für eine Vorstellung. Du mit zwei Kindern an Land, ich auf See, und wenn ich anständig Beute gemacht habe, komme ich euch besuchen und bringe euch Geld.« Der Gedanke gefiel Anne.
     
    Die Stimmen auf der Royal Queen wurden leiser. Die meisten Männer waren eingeschlafen. Mary und Anne ruderten zurück. Als sie an Deck kamen, stand Calico an der Jakobsleiter und wartete.
    »Wo seid ihr gewesen? Ich habe euch gesucht«, sagte er leise. Anne registrierte sofort, dass er nüchtern war, und sah ihn überrascht an. Seine geplatzte Augenbraue war verkrustet, die Nase noch immer geschwollen, und rings um das rechte Auge prangte ein stattliches Veilchen. Mary würdigte den Mörder ihres Geliebten keines Blickes. Rackham trat ihr in den Weg.
    »Bitte, Read, nur einen Augenblick. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich würde mein Leben geben, um rückgängig zu machen, was ich getan habe, aber das kann ich nicht. Bitte glaub mir, dass es keine Absicht war. Ich war besoffen wie ein Schwein und habe seit dem keinen Tropfen mehr getrunken. Bitte vergib mir.« Mary sah in sein geschundenes Gesicht.
    »Lass mir noch ein wenig Zeit, Rackham. Du hast deine Dresche bekommen. Mike ist tot, und niemand kann ihn wieder lebendig machen. Ich werde lernen, damit klarzukommen.« Calico nickte.
    »Und du? Kannst du mir verzeihen. Bonny, ich schwöre dir, ich bin ein anderer. Sieh nur, meine Hand zittert nicht, ich trinke nicht mehr. Keinen Tropfen. Lass uns noch einmal von vorne anfangen. Ich bitte
dich.« Anne schaute ihn prüfend an, ging einen Schritt auf ihn zu und flüsterte eindringlich: »Es ist deine letzte Chance, Calico. Nutz sie! Noch eine habe ich nicht zu vergeben.« Gemeinsam verschwanden sie in der Kajüte.
    Mit dem ersten Tageslicht verließ die Royal Queen die Bucht. Anne stand auf dem Achterdeck und lächelte. Die Nacht mit Calico war so innig wie die Anfänge ihrer gemeinsamen Zeit gewesen. Sie hoffte inständig, dass er Wort hielt. Sie

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