Königin der Piraten
machen. Ich hätte ihn ja schon auf meiner Kestrel aufgeknüpft, aber ich dachte, für Euch wäre er wertvoller als für mich ...«
»Ich habe gesagt, schafft diese Frau fort!«, wiederholte Hardy.
»Setzt Euch, Thomas«, sagte Nelson. »Bitte.«
Maeve kümmerte sich weder um Hardy noch um den völlig fassungslosen Kapitän Lord. Lustig, dachte sie - sie hatte einen Cousin in England, der mit Nachnamen ebenfalls Lord hieß. Sie zwirbelte den Apfel am Stiel herum und sah Nelson schelmisch grinsend an. »Oh, Mylord ... Ihr wisst gar nicht, was Euch entgeht! Ich meine, was soll ich mit einem elenden Halunken mit Ohrring, der gerne mal einen Blick riskiert und so dreist ist, auf meiner Insel an Land gespült zu werden, nur um mich zu beleidigen, auf mich loszugehen, und der mir dann noch weismachen will, er heiße Gray - so etwas Albernes! Aber was soll's.« Sie stand auf, jeder Zoll eine Königin, so nass und verdreckt sie auch war. »Wenn Ihr ihn nicht wollt, biete ich ihn eben Villeneuve an ...«
Der Admiral war erstarrt, Kapitän Lord dagegen so weiß wie seine Hosen.
Mit einer hochmütigen Handbewegung schleuderte Maeve das Kerngehäuse des Apfels durch das zerbrochene Fenster. »Es war mir wirklich ein Vergnügen, Euch kennen zu lernen, Mylord. Schließlich trifft man nicht jeden Tag einen echten Helden! Möget Ihr Villeneuve finden und ihm die Niederlage zufügen, die er verdient. Wie ich höre, sprecht Ihr lieber davon, ihn zu vernichten ? Oh, und ich bitte Euch ergebenst um Verzeihung wegen Eurer Fensterscheibe ... Ich würde Euch die Kosten dafür erstatten, aber ich denke, die sind mit meinen Auskünften über Villeneuve abgedeckt ...«
»Wartet!«
Langsam verzog Maeve die Lippen zu einem gerissenen Lächeln und wandte sich zu Nelson um.
Der Admiral warf erst dem leichenblassen Kapitän Lord, dann ihr einen Blick zu, schärfer als der eines Adlers und ebenso durchdringend. »Kapitän Lord ... ich meine, mich zu erinnern, dass vor kurzem von Eurer Triton jemand Fahnenflucht begangen hat - oder etwa nicht?«
»Jawohl, Sir«, murmelte der junge Kapitän, während sein Blick zwischen Nelson und Maeve hin-und herwanderte. »Das ist richtig.«
»So ein großer Halunke - schwarzhaarig, glaube ich, mit eher ungewöhnlichen ... Leidenschaften?«
»Ah ... ja, Sir. Die Beschreibung ist ziemlich zutreffend.«
Nelson kniff die Augen zusammen. »Passt sie auch auf Euren Gefangenen, Madam?«
»Jawohl, Mylord«, bestätigte Maeve und grinste triumphierend. »Sehr gut sogar.«
Nelsons Mundwinkel hoben sich kaum merklich - zu einem breiteren Lächeln ließ er sich nicht hinreißen, doch es genügte vollkommen. Maeve musste sich beherrschen, um sich nicht die Hände zu reiben. Sie sah, wie der Admiral Kapitän Lord einen Blick zuwarf und die beiden sich ohne Worte verständigten. Wie wertvoll dieser Fahnenflüchtige, dieser Verräter für sie sein musste, dass sie so interessiert an ihm waren! Und wie stolz ihr Vater auf sie wäre, wenn er sehen könnte, dass sie einen englischen Admiral ausmanövriert hatte!
Nelson erhob sich würdevoll und drückte die Schultern unter seinen Epauletten durch. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen ynd ließ die harten Linien um seinen Mund verschwinden, sodass er fast jungenhaft fröhlich wirkte. Er streckte Maeve die Hand hin.
»Mylady, Ihr habt unserer Marine wahrlich einen großen Dienst erwiesen«, sagte er überschwänglich. »Und ich würde im Traum nicht daran denken, diesen Verräter den Franzosen zu verkaufen! Natürlich darf ich meine bisherigen Informationen nicht außer Acht lassen, nach denen Wiel-nuuv sich auf Tobago befindet, versteht Ihr? Wenn Ihr wirklich die Gabe des Sehens habt, werdet Ihr schon wissen, wo Ihr mich findet. Bringt mir Euren Piraten, diesen erbärmlichen Verräter - und bei Gott, ich sorge dafür, dass Euer Lohn doppelt so hoch sein wird wie alles, was Wiel-nuuv oder irgendein elender Franzose Euch anbieten würde!«
Stolz und selbstgefällig erwiderte Maeve sein Lächeln. »Sehr wohl, Mylord. Ich bringe ihn Euch, wenn Ihr von Tobago zurückkehrt, denn dort werdet Ihr die Franzosen nicht finden.« Sie sah einen Schatten über Nelsons Gesicht ziehen. Da sie nicht vergaß, dass sie die Königin der Karibischen See war, reichte sie ihm die Hand zum Kuss. Doch als Nelson sie ergriff und an seine Lippen führte, taumelte Maeve und wäre beinahe gestürzt. Ihre Miene war plötzlich starr vor Entsetzen.
Stirnrunzelnd richtete der Admiral sich
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