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Königin der Piraten

Königin der Piraten

Titel: Königin der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danelle Harmon
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Mund. Maeve bewegte die Zunge und saugte die Tropfen auf wie ein ausgetrockneter Schwamm. Sie fühlte, dass ihre Augen - und ihr Herz - sich mit Tränen füllten, und wünschte sich nur, Gray würde sie in die Arme nehmen und ihr sagen, dass alles wieder gut würde.
    Ich lasse nicht zu, dass du stirbst.
    Gray fasste sie am Kinn und hob ihren Kopf. Sie spürte, wie der Rand des Glases ihre Lippen berührte und ihr etwas Wasser, nicht mehr als ein Teelöffel voll, in den Mund lief. Gray strich ihr mit seinem trockenen, warmen Daumen über den Hals.
    »Schluck es runter.«
    »Ich kann nicht«, wisperte sie.
    »Schluck es runter!«
    Maeve versuchte, sich abzuwenden, doch Grays Finger umklammerten ihr Kinn wie ein Schraubstock und zwangen sie, den Mund zu öffnen. Wasser rann ihr die Kehle hinunter, sodass sie schlucken und husten musste und gierig nach mehr verlangte - doch sie bekam nicht mehr; Gray weigerte sich grausam, ihr noch etwas zu geben.
    Ein herzzerreißendes Schl uchzen kam ihr über die Lippen.
    Sie hörte, wie Gray das Glas auf einem Tisch abstellte. Dann umarmte er sie innig und murmelte mit erstickter, belegter Stimme etwas in ihr Haar. In Maeve brach ein Damm, sodass nun ihre Tränen flössen, nur so über ihre Wangen strömten und Grays feine Uniform durch-nässten. Sie weinte, weil sie zu schwach war, seine Umarmung zu erwidern. Sie weinte, weil sie tot war - und er auch. Sie weinte, weil er so besorgt um sie war, während sie ihn im Stich gelassen, ihn zur Hinrichtung an Nelson ausgeliefert hatte. Und sie weinte, weil einer der glänzenden Goldknöpfe sich so in ihre Wange bohrte, dass es wehtat.
    Lange Zeit wiegte Gray sie hin und her, hin und her; er hielt sie einfach fest und strich ihr übers Haar, bis sie sich beruhigt hatte. Dann ließ er sie los, und ihr gelang es, die Augen aufzuschlagen. Gray schaute sie an. Noch nie im Leben hatte sie im Gesicht eines Menschen eine so reine, bedingungslose Liebe gesehen.
    Nicht, seit sie ein kleines Mädchen und der Liebling ihres Vaters gewesen war - damals hatte jedermann sie so zärtlich und bewundernd angeschaut, und sie hatte nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollte.
    »Maeve, mein Augenstern, meine Liebste ... Es tut mir Leid. Alles wird wieder gut ... Jetzt bist du in Sicherheit, das verspreche ich dir. Ich lasse nicht mehr zu, dass dir etwas geschieht ... Nie mehr.«
    Liebevoll legte er die Hand an ihre tränennasse Wange und zeichnete den geschwungenen Umriss nach. Aus seinen dunkelblauen Augen, die genau die gleiche Farbe hatten wie sein Rock, schaute er sie an.
    »Aber du bist doch ... tot ... ich bin tot!« Ja, so musste es sein: Sie träumte nur, dass der Mann, den sie in den Tod geschickt hatte, bei ihr auf dem Bett saß und ausgerechnet so aussah, als gehörte er zur Königlich Britischen Marine. Als wäre er ein hochrangiger Offizier mit fransenbesetzten Epauletten und Sternen auf beiden Schultern. Dazu hing ihm über der weißen Weste ein Ehrenabzeichen um den Hals - nicht irgendeines, sondern das Ehrenabzeichen von Abukir. Und dann war da noch ...
    Sein Ohrring?
    »Nein«, murmelte Gray sanft und wischte ihr mit dem Daumen die Tränen fort. »Nicht tot.« Er senkte den Kopf. Das glänzende schwarze Haar hatte er im Nacken zusammengebunden, sodass es ihm über den Rücken fiel - kein Wunder, dass sie den Ohrring sehen konnte. Aber hochrangige Offiziere der Königlich Britischen Marine trugen keine Ohrringe. Und Piraten waren keine hochrangigen Offiziere; Verräter wurden hingerichtet, Gray war tot ...
    Er musste ihren fragenden, verwirrten Blick gesehen haben, denn er verschränkte lächelnd seine Finger mit ihren und hob ihre Hand an die Lippen.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte er leise und schaute sie über ihren Handrücken hinweg an. »Aber siehst du, Maeve, ich bin eben doch dein Märchenprinz. Ich erfülle jede einzelne deiner vermaledeiten Anforderungen.«
    Es hatte nur eine gegeben, die er nicht erfüllt hatte, eine miese, erbärmliche Anforderung.
    Nun erst wurde Maeve klar, was seine Uniform wirklich bedeutete - diese goldbetresste Uniform mit den üppigen weißen Spitzen am Hals und dem hohen steifen Kragen. Und sein Kinn, sein glatt rasiertes Kinn!
    »Das muss meine ewige Verdammnis sein«, brachte sie hervor, während sie versuchte, sich aufzusetzen. »Dich als den Mann zu sehen, von dem ich immer geträumt habe, und nicht mehr zu leben, um mich daran zu freuen.«
    Ohne den Blick von ihr abzuwenden, drückte Gray

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