Königin der Piraten
eingeschüchterte Mannschaft sich angestrengt bemüht hatte, jedem Befehl Folge zu leisten, der durch die Sprachtrichter der Leutnants erteilt wurde. Obendrein hatte Sir Graham sich ein flammendes Wortgefecht mit Maeves Furcht erregendem Leutnant Enolia geliefert - sie hatten darüber gestritten, wer die Pflege der genesenden Piratenkönigin übernehmen sollte.
Auch wenn die Kriegerin das Schwert gezückt hatte - gegen einen Admiral hatte sie natürlich nichts ausrichten können.
Sir Graham hatte seinen Willen bekommen.
Hatte der alte Schwerenöter sich etwa endlich ernsthaft verliebt? Nun ja, angesichts seines Piratenticks überraschte Colin das nicht weiter. Es war nur folgerichtig, dass seine persönliche Anne Bonney ihm den Kopf verdreht hatte. Der Teufel mochte wissen, was auf Maeves Insel geschehen war! Colin nahm die anhängliche Katze auf den Arm und wandte sich zum Gehen.
»Hattet Ihr noch ein Anliegen, Colin?«
Der Flaggkapitän hielt inne. Er schaute seinen Admiral an, der auf dem Sofa saß und Maeve immer noch beschützend im Arm hielt, und er wünschte sich, er hätte auch jemanden, den er lieben und umsorgen könnte ... Doch Colin sprach nicht gerne über sich selbst und war es gewöhnt, seine Gefühle für sich zu behalten. »Jawohl, Sir. Der Ausguck hat soeben Barbados erspäht.«
»Und?«
»Wir müssten bei Einbruch der Dunkelheit dort ankommen, Sir. Die Handelsschiffe sind bereits versammelt und warten nur darauf, dass wir sie nach Hause geleiten.«
»Na schön, Colin. Dann besteht ja Hoffnung, hm? Je eher wir Westindien verlassen, desto besser. Einen Konvoi von Handelsschiffen zurück nach England zu geleiten, ist zwar eine Aufgabe, auf die ich liebend gerne verzichten würde, aber wir werden trotzdem keine Zeit vergeuden. Wir werden uns beeilen, damit wir morgen aufbrechen können. Und dann ...«
Gray brach ab und sah Colin mit einem Lächeln in den blauen Augen an.
»Dann«, beendete der Flaggkapitän den Satz ruhig, »sind wir bald in England.«
Die beiden wechselten einen Blick. England. Wie schön es war, wieder nach Hause zu fahren.
Maeve erwachte von der unerträglichen Hitze. Das Nachthemd klebte ihr auf der Haut, und sie erstickte fast, weil sich auch noch jemand dicht an sie drängte. Sie bekam nicht nur kaum Luft, sie konnte nicht einmal mehr schwitzen. Keuchend schlug sie die Augen auf. Wer sich da so an sie schmiegte, war Gray!
Nein, nicht Gray, korrigierte sie sich, sondern Admiral Falconer - der berühmt-berüchtigte Wüstling und Herzensbrecher in der ganzen Karibik.
»Oh, Liebes, du bist wach!«
Sie versuchte angestrengt, ihn von sich zu schieben, obwohl sie dabei große Schmerzen hatte. »Halt den Mund und verschwinde.«
»Möchtest du einen Schluck Wasser, Schatz? Etwas Limonade?«
»Höchstens, um sie dir über den Kopf zu schütten.« Maeve zwang sich, die Augen offen zu behalten, und funkelte Gray an, als er aufstand, sie bequem auf dem Sofa zurechtsetzte und sich einen Stuhl heranzog. Die goldenen Fransen an seinen Epauletten glänzten in der Sonne - wenn sie daran dachte, dass sie sich schuldig gefühlt hatte, weil sie ihn in den »Tod« geschickt hatte! »Von dir will ich überhaupt nichts, zum Kuckuck - du verlogener, elender, hinterhältiger Schurke! Du hast mich hintergangen. Ich habe dagestanden wie eine Närrin ...«
»Ich glaube, Limonade wäre doch besser. Hier, Liebes, setz dich auf. Ich habe dir schon etwas eingeschenkt.«
»Ich ...«
Lächelnd drückte Gray ihr ein Glas an die Lippen. Seine Augen zwinkerten zwar schelmisch, doch in seiner Hand an ihrem Kinn spürte sie seine Entschlossenheit, seinen starken Willen. Er zwang sie, den Kopf still zu halten, den sie aus reiner Boshaftigkeit zur Seite drehen wollte.
Dagegen kam sie nicht an.
»Komm schon, Maeve, Liebling, sei nicht so eigensinnig«, sagte Gray vorwurfsvoll und neigte das Glas. Er hielt immer noch ihr Kinn fest, damit sie sich nicht abwenden konnte, und wachte mit Argusaugen darüber, dass sie wirklich etwas trank. »Ich habe viel Zucker hineingetan. Du wirst sehen, es ist süß und stark, genau wie du.«
»Lass mich in Ruhe, du ... du Betrüger.« Über den Rand des Glases hinweg funkelte Maeve ihn an. Sie kniff die Lippen zusammen und weigerte sich, etwas zu schlucken, sodass ihr die Limonade über Kinn und Hals in das verschwitzte Nachthemd lief.
Die blauen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Trink!«
Diese plötzliche Härte überraschte Maeve so, dass sie
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