Königin der Schwerter
…«
»Seht doch, die Augen!« Der Ausruf einer Nov i zin ließ alle herumfahren. Das Mädchen hockte auf dem Boden vor dem geborstenen Felsen, hob etwas aus dem Schutt der Felstrümmer auf und eilte damit zu Bethia.
»Der Kopf des Simions.« Ein Raunen lief durch die Reihen der Hüterinnen, als sie erkannten, was die N o vizin da in den Händen hielt. Die Skulptur war g e borsten. Der Rumpf fehlte, ein Ohr war abg e rissen, und auch der Kopf zeigte Risse. In den Augen des S i mions aber glomm immer noch das grüne Leuchten, das von Zarifes Nähe kündete.
»Unglaublich.« Bethia nahm den Affenkopf eh r fürchtig entgegen und besah ihn sich genauer.
»Was bedeutet das?«, fragte die Oberin, aber die Seherin war so in ihre Betrachtung vertieft, dass sie nicht darauf einging. »Holt mir einen verkohlten Ast aus dem Feuer«, bat sie, ohne den Blick von dem S i mion abzuwenden. »Schnell.«
Wenig später hielt Bethia einen glimmenden Stock in der einen und den Kopf des Simions in der anderen Hand. Wie alle folgte auch Aideen, die n e ben ihr stand, gespannt jeder ihrer Bewegungen. Der überr a schende Fund machte ihr Hoffnung. Sie war überzeugt gewesen, dass der Simion jenseits des Tors für immer verloren war. Doch jetzt … Sie füh r te den Gedanken nicht zu Ende, weil Bethia den Stock nun so vor den Simion hielt, dass der Lich t strahl aus den Augen im Qualm sichtbar wurde. Er wies nach Süden!
Aideen keuchte auf, als sie erkannte, was das bede u tete, und wie zur Bestätigung hörte sie Bethia in di e sem Augenblick sagen: »Sie ist hier!«
Schlagartig schlug die Stimmung um. Alle scha r ten sich nun um die Seherin, in der Hoffnung, einen Blick auf den Kopf des Simions werfen zu können. Die Wut auf Aideen schien vergessen.
»Wo ist sie?«
»Wann kommt sie hierher?«
»Ist sie weit weg?«
»Wie können wir sie finden?«
Alle redeten aufgeregt durcheinander und mac h ten es Bethia unmöglich, eine Antwort zu geben.
»Ruhe!« Es war die Oberin selbst, die ein Mach t wort sprach. »Hört auf, Bethia zu bedrängen«, verlan g te sie mit scharfer Stimme. »Seht ihr denn nicht, dass sie nachdenken muss? Ich verstehe eure Aufregung, aber es bringt uns nicht weiter, wenn ihr wie Kinder durcheinanderredet. Übt euch in Geduld. Ich bin s i cher, Bethia wird uns mitteilen, welche Schlüsse sie aus dem Zeichen zieht, sobald sie sich darüber im Klaren ist.« Tatsächlich wurde es still. Die Hüterinnen waren immer noch sehr aufgeregt, aber sie nahmen sich z u rück und warteten voller Ungeduld auf das, was Bethia sagen würde.
Die Seherin ließ sich Zeit. Immer wieder hielt sie den Simion in die Höhe und prüfte mithilfe des qua l menden Stocks, in welche Richtung der Blick des A f fen zeigte. Zwischendurch verharrte sie schweigend, als lausche sie auf etwas, das die anderen nicht hören kon n ten.
Endlich ließ sie den Simion sinken und den Blick über die Gesichter der Umstehenden schweifen. »Sie ist hier«, sagte sie wieder und fügte hinzu: »Der Blick des Simions weist nach Südosten. Dort müssen wir sie s u chen.«
»Ich werde gehen.« Mel trat vor. Ihre Augen leuc h teten vor Eifer.
»Nein, du nicht.« Bethia schüttelte den Kopf. »Ich werde gehen.«
»Aber Ihr seid noch nicht wieder bei Kräften«, warf eine der Heilerinnen ein. »Es wäre mehr als leichtsi n nig, zu diesem Zeitpunkt eine …«
»Keine Sorge, ich fühle mich schon besser«, fiel Bethia der Heilerin ins Wort. »Und außerdem gehe ich nicht allein. Aideen wird mich begleiten.«
Ein Raunen lief durch die Menge, als die Hüteri n nen das hörten.
»Die Verräterin?«, ereiferten sich einige.
»Sie wird wieder alles verderben«, mahnten and e re.
Aber Bethia ließ sich nicht beirren. Sie winkte A i deen zu sich und sagte so laut, dass alle es hören kon n ten: »Lauf hinunter und hole uns Proviant für zwei Tage. Und bitte die Botin des Dolches, uns ihr Pferd zu leihen. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Es ist mö g lich, dass Zarife verletzt ist und unsere Hilfe braucht.«
Aideen nickte und wandte sich um, um Bethias Anweisungen auszuführen. Mel warf ihr finstere Blicke zu, als sie an ihr vorbeiging. Sie sagte nichts, aber A i deen spürte, dass die Kluft zwischen ihnen immer gr ö ßer wurde. Es tat weh, aber sie hatte nicht die Zeit, sich darum zu kümmern. Zarife war i r gendwo dort draußen im Hochland. Sie zu finden und sicher zu den Höhlen zu bringen, war nun das oberste Gebot.
***
»Bei den Göttern!« Als
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