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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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immer sein.« Sie schloss kurz die Augen, seufzte und fuhr mit überraschend sanfter Stimme fort: »Nicht dich hasse ich, mein Kind, aber das, was du verkö r perst. Gib mir etwas Zeit, mich mit dem Unausweic h lichen abzufinden.«
    Aideen fehlten die Worte. Überrascht von so viel Offenheit und von einer düsteren Ahnung geplagt, starrte sie die Seherin an. »Habt … habt Ihr etwas gesehen?«, fragte sie zaghaft. »Habt Ihr … ich me i ne, wisst Ihr, wann …«
    »Genug jetzt!« Bethia drehte sich abrupt um und wandte sich wieder dem Topf mit den Kräutern zu. Von der leisen Vertrautheit, die für einen winzigen A u genblick zwischen ihr und Aideen aufgeflammt war, war nichts mehr zu spüren. Dennoch hatte sich etwas verändert. Aideen ahnte, dass Bethia ihr mit den wen i gen Sätzen mehr preisgegeben hatte, als es ihr selbst recht war, und sie war klug genug, es dabei zu bela s sen.
    Schweigend beobachtete sie, wie die Seherin den Sud durch ein sauberes Tuch in eine tönerne Wasse r flasche goss und diese sorgfältig verschloss. Z u sammen mit einer flachen Schale und einem Bündel frischer Kräuter legte sie die Flasche in eine gewebte Umhä n getasche, nahm ihren Mantel zur Hand, ging zum Ausgang und winkte Aideen, ihr zu folgen. »Komm!«, sagte sie. »Es gibt Arbeit.«
    »Wo gehen wir hin?«, wagte Aideen zu fragen.
    »Du kannst sehen. Kannst du es dir nicht de n ken?«
    »Nein.« Was soll diese Anspielung auf meine Hel l sichtigkeit?, dachte Aideen. Nur weil ich einmal eine Vision hatte, kann ich doch nicht alles im Voraus wi s sen.
    »Mit Vorhersehung hat das wenig zu tun«, hörte sie Bethia sagen, als hätte sie ihre Gedanken gel e sen. »Nur mit Scharfblick.«
    »Dann gehen wir sicher zur Oberin«, vermutete A i deen.
    »Nein.« In Bethias Miene zeigte sich nicht die g e ringste Regung, als sie Aideen antwortete. »Wir g e hen die Geister anrufen.«
     
    Aideen folgte Bethia auf eine Anhöhe westlich der Höhlen. Die Sonne war gerade untergegangen, und ein kühler Wind trug die frostige Luft des Nordens ins Hochland. Sie war froh, ihren Mantel angezogen zu haben, und sehnte sich insgeheim nach der Wä r me in den Höhlen.
    Der Gedanke, schon an ihrem ersten Tag Zeuge e i ner Geisteranrufung sein zu dürfen, erfüllte Aideen jedoch mit Stolz und ließ sie die Kälte besser ertr a gen. Während sie Bethia beobachtete, die nur wen i ge Schritte vor ihr ging, richtete sie sich unwillkü r lich auf und versuchte, sich ebenso anmutig zu b e wegen. Die Seherin schwebte geradezu über den felsigen, moosb e wachsenen Boden und stolperte nicht ein einziges Mal, obwohl es schon fast dunkel war. Aideen hatte große Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Immer wieder stieß sie mit dem Fuß gegen Hindernisse, die sie straucheln ließen und es ihr doppelt schwer machten, die übern a türliche Eleganz der Seherin nachzuahmen.
    »Wo bleibst du denn?« Bethias Stimme ließ A i deen zusammenfahren. Sie trat in eine Bodenwelle und stolperte, konnte einen Sturz aber im letzten Auge n blick verhindern. »Du bewegst dich so plump wie ein lahmer Esel«, schalt Bethia unwirsch. »Wenn wir uns nicht beeilen, ist der Mond aufgegangen, ehe alles b e reit ist.«
    Aideen errötete und nahm sich vor, mehr auf den Weg zu achten. Von nun an folgte sie der Seherin w e niger elegant, dafür aber sehr konzentriert und ohne in Träumereien zu verfallen. Es dauerte nicht lange, bis sie die Hügelkuppe erreichten. Hier oben blies der Wind sogar noch stärker als im Tal.
    Die Seherin schien sich daran nicht zu stören. S i cheren Schrittes führte sie Aideen zu einem von h o hen Felsen umstandenen Platz, wo es völlig windstill war. Eine alte Feuerstelle mit geschwärzter Erde und tr o ckenes Reisig, das im Schutz der Felsen unter einer ölgetränkten, mit Steinen und Grassoden b e schwerten Plane lagerte, ließen darauf schließen, dass sie diesen Ort oft aufsuchte.
    Bethia überließ es Aideen, das Feuer zu entzü n den, während sie selbst die Zeremonie vorbereitete. Sorgfä l tig breitete sie ein Tuch neben der Feuerstelle aus, auf dem sie die Kräuter bereitlegte, und goss etwas von dem Sud, den sie in der Höhle gekocht hatte, in die flache Schale.
    Aideen beobachtete sie verstohlen. Als die Flammen knisternd und funkensprühend aufloderten, wies Bethia sie an, sich vom Feuer zu entfernen. Sie selbst legte ihre Gewänder ab und begann mit einer rituellen Waschung, indem sie das Wasser aus der Schale über ihren Leib rinnen ließ.
    Aideen

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