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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Reuters durch den Kopf: Ich muss mich entschuldigen – dieser Satz hatte dem Streber sichtlich Überwindung abverlangt.
    Eine unverhoffte Wendung, fast wie im Märchen. Zugleich beunruhigte es Scholz, dass es noch weitere Datenträger gab. Womöglich war auf einem von ihnen die Rede von seinem Sohn. Falls der Familienname zu hören war, würde doch noch alles auffliegen.
    Marietta riss Scholz aus seinen Gedanken: »Hey, du musst mich lotsen, ich kenne mich hier nicht aus.«
    Mithilfe eines Stadtplans fanden sie die Adresse, unter der Frontzeck gemeldet war. Nachdem Scholz und Marietta dort geklingelt hatten, erfuhren sie von Frontzecks Freundin, dass sie die vierzigminütige Fahrt umsonst unternommen hatten: Der Grafikdesigner arbeite zur Stunde noch in der Firma, in der er als Junior-Artdirector angestellt sei, einer Werbeagentur, deren Name aus einer Buchstabenkombination bestand und die in einer Seitenstraße der Düsseldorfer Königsallee residierte.
    »Am Sonntag?«
    »Sie nennen es Aktion Frühjahrssturm. Die Agentur versucht, einen großen Kunden anzubaggern. Pascal arbeitet an einer Wettbewerbspräsentation um einen Dreißigmillionenetat. Shampoo, oder so. Ich krieg ihn nur noch zu Gesicht, wenn er schlafen geht. Und er ist auch noch stolz auf seinen Stress. Was wollen Sie eigentlich von ihm?«
    »Nur ein paar Fragen in einem Fall, in dem er vielleicht Zeuge ist.«
    »Wie gesagt, Sie treffen ihn in der Agentur. Er hat dort noch länger zu tun.«
    »Hat er gestern Abend auch gearbeitet?«
    »Nein. Nur am Nachmittag war er ein paar Stunden in der Agentur. Ich wollte meine Eltern besuchen und er kann sie nicht besonders leiden. Da war die Arbeit auch ein schöner Vorwand. Abends haben wir Freunde getroffen.«
    »Wann?«
    »Um zwanzig Uhr.«
    »Hier in Gräfrath?«
    »Ja, im Kaffeehaus, warum fragen Sie?«
     
    »Warum so schweigsam, Norbert?«, fragte Marietta, als sie wieder auf der Autobahn waren.
    Ihm fiel auf, dass sie sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung hielt. »Erzähl du mir etwas«, bat er.
    »Ich habe mit meiner Mutter telefoniert«, sagte die Kollegin.
    »Und?«
    »Sie kann sich noch gut an Carola Andermatt, geborene Lank, erinnern. Sie nennt sie die Zicke aus dem zweiten Stock.«
    »Und?«
    »Carola hat Erzieherin gelernt. Wollte aber schon früh etwas Besseres sein. Bildete sich eine Menge auf ihr Aussehen und ihre Umgangsformen ein. Trat den Jungen Liberalen bei, um sich einen Typen wie Andermatt zu angeln. Hat sich ja auch gelohnt, wenn man sich die Bude ansieht, die sie in Rath gekauft haben.«
    »Sozialneid liegt dir völlig fern«, spottete Scholz.
    »Ich zitiere nur meine Mutter.«
    »Wenn du noch immer glaubst, die Andermatt hätte meine Hormone in Wallung gebracht, bist du schiefgewickelt, Marietta.«
    Sie erreichten die Ausfahrt Bilk/Hafen und reihten sich in die rechte Spur ein, die Richtung Innenstadt führte. Ein langer Stau vor der Ampel, und das an einem Sonntag. Die Stadt sollte weniger Autos hereinlassen, fand Scholz. Keiner tat etwas gegen Feinstaub und Lärm. Die Verantwortlichen lenkten nur den Lkw-Verkehr um, damit er nicht an der Messstation vorbeibrummte.
    Die Kollegin sagte: »Mir ist regelrecht ein Stein vom Herzen gefallen, als es vorhin hieß, dass an den Vorwürfen gegen dich nichts dran ist.«
    »Ja, mir auch.« Scholz blätterte in seinen Notizen nach der Hausnummer der Werbeagentur, die Frontzecks Freundin genannt hatte.
    »Du hast gar keine Ahnung, wie sehr unser Dienstgruppenleiter die ganze Zeit hinter deinem Rücken gegen dich gehetzt hat.«
    »Ach.«
    »Als wärst du der Maulwurf der Drogenmafia.«
56.
    »Bruno, hast du sie umgebracht?«, fragte Reuter.
    »Bist du verrückt?«
    Das Seifenhorst war ein kleines Café gegenüber der Bilker Kirche, benannt nach der verwitterten Inschrift über dem Fenster, die noch von dem Seifen-und Parfumladen stammte, den es hier einmal gegeben hatte. Hohe Hocker um ein paar Stehtische, eine Bank mit Kissen im Schaufenster. Sie waren die einzigen Gäste im Inneren und bezogen Posten mit Blick nach draußen, wo ein paar Stühle aufgestellt waren und ein junges Paar Händchen hielt.
    Der Kaffee schmeckte tatsächlich nicht schlecht, aber Reuter hatte schon den ganzen Tag kaum etwas anderes getrunken. Allmählich wurde ihm kribbelig davon.
    »Erst quatschst du Marius Karge auf Liquid Ecstasy an, dann stellt sich heraus, dass Henrike mit genau diesem Zeug umgebracht worden ist.«
    »Interessant«, erwiderte Wegmann. »Das wusste

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