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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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drängte sich mühsam neben ihn und kehrte um. Während das Maschinengewehr der Russen hinter ihnen herknallte, dass die Ohren taub wurden, brachte er den Wagen gerade noch zurück, bevor auch er ohnmächtig wurde.
    Als er erwachte, fand er sich in einer schmutzigen Baracke wieder, einem provisorischen Lazarett. Sein Arm und die linke Schulter waren verbunden, und die überforderte einzige Krankenschwester, die gerade eine Spritze aufzog und nicht wusste, wen sie zuerst verbinden und wo lagern sollte, erklärte ihm, sein Blutverlust sei beträchtlich gewesen, als man ihm die Kugel aus dem Arm entfernt habe. Das an der Schulter sei nur sehr oberflächlich. Der übermüdete Arzt, der draußen auf einem Brett, das auf einem Baumstumpf lag, Verletzte operierte, würdigte ihn keines Blickes, aber er sah so bleich aus, als brauchte er selbst ganz dringend eine Behandlung.
    Paul erschrak, als er neben sich leblos, mit offenem Mund und starren Augen von Steinheim liegen sah, der zuvor noch so forsch mit seinem Mut angegeben hatte.
    In diesem Augenblick packten ihn zwei Sanitäter, legten ihn auf eine Pritsche und schleppten ihn zum Abtransport in einen der Güterwaggons, vollgepfropft mit stöhnenden Verletzten,wo sie ihn neben anderen Kranken kurzerhand auf dem Boden ablegten. Ein bestialischer Gestank nach Blut, Eiter und Exkrementen raubte ihm den Atem. Aber noch bevor er lautstark protestieren konnte, wurde die Waggontür mit hässlichem Quietschen zugezogen, und es wurde bis auf die Ritzen im Holz dunkel um ihn. Ohne Angabe von Gründen, ohne ärztliche Hilfe allein mit den stöhnenden Schwerkranken, ohne Toiletten und Wasser blieb der Waggon stundenlang auf den Gleisen stehen. Paul stieg über die anderen hinweg und schleppte sich zur Schiebetür, hatte aber kaum die Kraft, die Waggontür zu bewegen, die mit einem Riegel von außen verschlossen war. Verdammt, sollte er hier drinnen ersticken, krepieren in dieser Gruft, wo es weder Hilfe noch frische Luft gab? Er untersuchte selbst seine Verletzungen, die ihm nicht allzu ernst schienen. Der Streifschuss war kaum der Rede wert, nur die Verletzung am Arm, wo man die Kugel entfernt hatte, würde eine Weile zur Heilung brauchen. Irgendwann, nach einer Zeit, die ihm endlos vorkam, waren von draußen Geräusche zu hören, ein Rangieren, Hin- und Herruckeln und dann setzte sich der Waggon endlich in Bewegung. Das Ächzen und Jammern der Verwundeten hielt die ganze Nacht an, und etliche waren bereits verstorben, als der Transport plötzlich anhielt. Als sich die Tür von außen öffnete, taumelte Paul als Erster heraus und sog die frische Luft mit vollen Zügen in seine Lungen. Die Sanitäter wichen vor dem Gestank, der ihnen von drinnen entgegenschlug, zurück und mussten sich Tücher vor Mund und Nase binden. Zuerst wurden die Toten herausgeschafft, dann die Verletzten, die man in das behelfsmäßige Lazarett einer einfachen Baracke brachte. Paul ließ sich einen frischen Verband anlegen und dachte über seine Lage nach. Egal, wo er sich befand, er musste weg, weiter nach Westen. Was nützte es, wenn er hier im Lazarett gesund würde, wenn ihn dann die Russen kaperten, die sozusagen bereits vor der Tür standen? Im schlimmsten Fall würden sie ihn erschießenoder auf Nimmerwiedersehen als Kriegsgefangenen nach Sibirien schicken.
    »Wo sind wir hier?«, fragte er einen Sanitäter, der sich in der Nähe zu schaffen machte.
    »In Graudenz«, antwortete dieser mit resigniertem Ton. »Und der Russe ist schon ganz in der Nähe – wenn er nicht schon voraus ist.«
    Paul sprang wie elektrisiert von seiner Pritsche, obwohl sein Arm dabei schmerzte. Ihm war eine Idee gekommen. »Meine Verletzung ist geringfügig«, stieß er hervor. »Ich muss zum Regimentsstab, möchte wieder eingesetzt werden! Wo kann ich mich melden?«
    »Was? Sie wollen wieder eingesetzt werden?« Der Sanitäter sah ihn verblüfft an und schüttelte den Kopf. »Jetzt noch? Und mit dem Arm? Da sind Sie aber die große Ausnahme.« Mit einem müden Lächeln deutete er hinüber auf die andere Seite, zu einem schlaksigen, völlig verdreckten Leutnant. »Na, dann fragen Sie den da mal!«
    Paul hängte seine Jacke um, trat so aufrecht wie möglich vor und grüßte den Leutnant vorschriftsmäßig. »Mein Name ist Paul Hofmann. Nach mehreren Einsätzen in Russland hatte ich den Auftrag, mich um neue Maschinenersatzteile für unsere Truppe zu kümmern. Ich sollte nach Berlin, um verschiedenes Material aus dem dortigen HKP

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