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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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unversehrt war.
    »Ich glaube, sie hat nur ein paar Kratzer«, sagte Magdalena, während sie das Mädchen gründlich begutachtete. Beim Auftreten auf ihr linkes Bein zuckte sie jedoch zusammen. »Aber es sieht so aus, als hätte ich mir den Fuß verstaucht.« Der aufgewirbelte Staub reizte sie wieder zu heftigem Husten.
    »Kommen Sie!« Frau Moritz rückte einen abgeschabten Sessel herbei, während ihre beiden Kinder, durch den Schock verstummt, sich ängstlich an ihre Röcke klammerten. Sie wies ihnen einen Platz auf im Halbkreis stehenden anderen Kisten an. »Wir sind ja nicht zum ersten Mal hier«, seufzte sie, »aber nie war es so schlimm wie diesmal.«
    Magdalena massierte ihren schmerzenden Knöchel, tastete nach ihrer Beule am Kopf und sah sich um. Das schwache Licht der gerade entzündeten Kerze, die auf einer umgestürzten Kartoffelkiste stand, erhellte das Dunkel nur mäßig.
    »Der ganze Keller hat gezittert – und da«, sie sah sich um und deutete erschrocken auf die Wand. »Um Himmels willen, was ist denn das? Da, in der Ecke, sehen Sie nur – da liegen ja eine Menge herausgebrochener Steine.«
    »Regen Sie sich nicht auf. Das ist wahrscheinlich nichts Besonderes. Es kracht hier oft ganz gewaltig. Wahrscheinlich ein Treffer in der Nähe«, sagte eine andere weibliche Stimme hinter ihr. »Sind Sie neu im Haus?« Magdalena sah auf und verneinte. Die in einen geblümten Morgenmantel gekleidete Dame, scheinbar mit ihrem gesamten Schmuck behängt, den sie besaß, hielt ihr die Hand hin. »Ich bin Monika Schrewing. Sängerin.«
    »Magdalena von Walden – ich bin nur zu Besuch.«
    Die Dame im Morgenrock nickte ihr gefasst zu und versuchte dann, die Petroleumlampe auf einer dreibeinigen, schiefen Kommodezu entzünden, um den niedrigen Raum stärker zu erhellen. Die anderen Mieter des Hauses, vom gerade erlebten Schrecken noch ganz erschüttert, hockten, in Decken gehüllt, fröstelnd auf Stühlen, Kisten und ausgedienten Möbelstücken und sahen ausgesprochen verängstigt aus.
    »Die Elektrizität ist ausgefallen – das ist kein gutes Zeichen.« Die hohe zittrige Stimme kam von einer grauhaarigen Dame im gestreiften Kleid, die neben ihrem Mann saß. Ihr Sohn, ein wegen seiner Verletzung beurlaubter Soldat, legte schützend den Arm um sie. »Bleib ganz ruhig, Mutter – das kann man doch reparieren!«
    »Einen Bombeneinschlag in das Haus gegenüber«, meldete sich jetzt ein weißhaariger alter Mann in Hosenträgern, »hatten wir neulich schon mal. Es klang ganz genauso. Wir müssen jetzt warten, bis es Entwarnung gibt. Aber kaum ist man draußen, da geht‘s ja schon wieder los. Und in letzter Zeit ohne Vorwarnung – manchmal sogar ohne Sirene.«
    Er schüttelte unwillig den Kopf, stand schwerfällig auf und drehte an dem Radioempfänger auf der schräg stehenden Kommode, der keinen Ton von sich gab. »Wir warten besser noch«, brummte er, »sicher ist sicher!« Nach einer Weile hielt er es doch nicht mehr aus, schlurfte die Treppe hinauf und kündigte an: »Ich seh nur mal raus.« Er versuchte, die Kellertür zu öffnen, doch sie schien zu klemmen. Der Soldat kam ihm zu Hilfe, und sie rüttelten an der Klinke und zogen dann vereint kräftig an der Tür. Sie sprang mit einem hässlichen Knarren auf – doch dahinter war nichts als eine Wand von Schwärze, von Trümmern und undefinierbaren Teilen.
    »Wir sind eingesperrt!«, stellte der Weißhaarige tonlos fest. »Alles ist zu!«
    Entsetzt starrten die Hausbewohner einander an. Es war kein Laut mehr zu hören, völlige Stille, niemand sagte etwas. Sogar die Kinder waren verstummt.
    Nach einer Weile schluchzte Monika Schrewing auf. »Was soll denn das bedeuten?«
    »Dass wir verschüttet sind!«, antwortete irgendjemand aus der Runde. »Ganz einfach!«
    Tumult brach aus. Alle sprangen auf, schrieen und redeten durcheinander. Auch Magdalena begriff erst jetzt, was wirklich geschehen war. Eingeschlossen unter der Erde, gefangen, lebendig begraben! Über ihnen vielleicht tonnenschwerer Schutt, die Bruchstücke eines ganzes Hauses! Heiß stieg ihr das Blut ins Gesicht, Schweiß drang aus allen Poren. Sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, auf der Stelle zu ersticken. Ein neues Donnern über ihnen ließ die Eingesperrten vor Entsetzen erstarren. Von der Mauer rieselte Sand herab, und nach einem gewaltigen Poltern konnte man förmlich die Bildung des unheimlichen Risses beobachten, der sich langsam von einer Ecke der Kellerdecke über die ganze

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