Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
Vom Netzwerk:
konnte mir wohl nicht passieren, denn gerade unser Oberst ist sehr eigen und ein Kommandeur ohne Ständer am Wagen für ihn undenkbar!
Denk nicht, Liebes, wir hätten hier keine anderen Sorgen; aber die äußere Form und der Rang, der jedem zusteht, sind nicht unwichtig, und all das hält eine Truppe wie die unsere zusammen. Ich musste eine gehörige Strafpredigt über mich ergehen lassen, und der Oberst hat mich sofort von meinem Amt als sein persönlicher Fahrer enthoben. Jetzt bin ich vorläufig Kradfahrer und Melder, um Nachrichten von Posten zu Posten zu übermitteln. Diese Aufgabe ist kein Pappenstiel – man muss höllisch aufpassen, nicht abgeschossen zu werden und alles heil zu überbringen. Es gibt kaum Straßen, höchstens Wege, und man sinkt in den nach dem Frost aufgetauten Boden fast bis zum Knie ein. Er besteht aus zähem, festen Lehm, der vor allem an den Reifen festklebt. Aber ich bin zuversichtlich, tagsüber scheint die Sonne schon ziemlich warm herunter und der Boden wird sicher bald fest werden. Ach, Magdalena! Hast Du schon mit deiner Mutter gesprochen, damit wir bei meinem nächsten Heimaturlaub gleich heiraten können? Ich möchte, dass Du endlich zu mir gehörst!
Ich bin zuversichtlich, dass es Dir gelingen wird, sie von unserer Liehe zu überzeugen!
Verzeih mir, aber meine linke Hand ist taub vor Verkrampfung, die Augen fallen mir zu, und ich kann keine gerade Linie mehr ziehen. Ich umarme und küsse Dich innig, mein Liebling, meine Einzige! Und damit Du siehst, wie sehr ich Dich liebe und an Dich denke, sende ich Dir diese Verse, die mir an einsamen Abenden, an denen ich in der Ferne das Meer vor mir schimmern sah, in den Sinn kamen.
Nur unserer großen Liebe Macht
leitet uns durch die einsame Nacht
Hin zum Glück, dem hellen Licht
Das wie ein Hoffnungsstrahl aus der Ferne bricht.
Schwer ist die endlose Trennungszeit
Die Tage werden zur Ewigkeit
Fern der Heimat, allein steh ich hier
Liebste, wann bin ich wieder bei Dir?
Für immer in treuer Liebe
Dein Paul
    Magdalena presste den Brief mit einem verklärten Lächeln an ihr Herz und küsste ihn. Sie las ihn wieder von vorn, Wort für Wort, Zeile für Zeile. Immer dann, wenn sie Post von Paul erhielt, schloss sie sich für eine Weile in ihr Zimmer ein, um allein zu sein und so den Inhalt auf sich wirken zu lassen, als wäre er es selbst, der zu ihr sprach und sie hinter seinen Schriftzügen ansah. Das einfache Gedicht bewahrte sie wie einen Schatz, es sprach ihr mehr als alles andere von seiner Liebe und seiner Sehnsucht.
    Diesmal war sie jedoch spät dran und musste sich zum Abendessen beeilen. Natürlich hatte sie noch nicht mit der Mutter wegeneiner Heirat gesprochen. Sie schob es immer wieder hinaus, denn die abwesende, fremde Miene, ihre das Schicksal anklagende Haltung, in der sie seit Lutz’ Tod förmlich erstarrt schien, machte ihr Angst. Auch Großmama Louise war wortkarger geworden, ihre Parolen und Begeisterung für Hitler klangen in letzter Zeit eher gedämpft – wenn sie überhaupt noch einmal über den Krieg sprachen.
    Die Glocke klingelte zu Tisch, und wie gewöhnlich war die Tafel mit Silber, Kristall und gutem Porzellan eingedeckt, an dem niemals gespart wurde. Magdalena setzte sich auf ihren Platz und entfaltete die gestärkte Serviette. Die Atmosphäre war ruhig und gedrückt, obwohl die Großmama sich Mühe gab, eine Konversation in Gang zu bringen. Als es an der Tür läutete, führte das Mädchen den Besucher herein, Gottfried von Treskow, der in der Zeit seines vierzehntägigen Heimaturlaubs auffallend oft vorsprach und jedes Mal zum Essen eingeladen wurde. Die Stimmung lebte zwar sichtlich auf, doch Magdalena fühlte sich in seiner Gegenwart seltsam unwohl, und seine Aufmerksamkeiten waren ihr peinlich. Aus dem verklärten Blick, mit dem Gottfried sie bei Tisch ständig ansah, erriet selbst der Dümmste, aus welchem Grund er so häufig erschien. Auch diesmal konnte sie das nachsichtige Lächeln Louises, die zustimmende Miene der Mutter, das Tuscheln der Geschwister kaum ertragen.
    Theo grinste, als Gottfried aus Verlegenheit leicht an einer Falte des Teppichs hängen blieb, und stieß Gertraud, die bei seinem Eintreten auffallend errötet war, unter dem Tisch mit dem Fuß an. »Guck mal, was Magdalena für ein Gesicht macht. Sie kann ihn überhaupt nicht leiden!«
    Gertraud schubste ihn zurück. »Weil sie blöd ist!«, flüsterte sie. »Aber was geht dich das an. Halt lieber den Mund von Sachen, die du nicht

Weitere Kostenlose Bücher