Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Verlust des gesamten Vermögens durch die Bankenkrise aufgebaut hatte.
Hans sah ihn mitleidig an. »Was ist passiert?«, flüsterte er ihm so leise wie möglich zu. »Willst du mir’s nicht erzählen?«
»Ich fahr heim!«, antwortete Paul trocken und starrte an die Decke. »Luftangriff – meine Mutter hat’s voll erwischt. Und meine Schwester …«, seine Stimme erstickte, »ist seitdem vermisst!«
»Armer Kerl! Das tut mir leid! Am liebsten würde ich dich begleiten!« Hans verzog das Gesicht. »Aber …«, er warf einen betrübten Blick auf sein verbundenes Bein, »du kommst bestimmt wieder.« Er senkte seine Stimme noch eine Oktave tiefer. »Das Feldgericht – was ist eigentlich damit?«
»Ich glaube, der Müller hat nichts gesagt. Die ganze Geschichte hört sich ja auch zu blöd an und bringt nur Unruhe!«
»Sei doch froh!«, winkte Hans ab. »Wann fährst du?«
»Gleich! Mit dem leeren Transportzug. Der geht heute um Mitternacht!«
»Na dann viel Glück, Kumpel. Kopf hoch! Wir sehen uns wieder!« Hans hielt ihm die Hand hin und Paul schlug ein.
Kurze Zeit später erschien Dr. Müller. »Sind Sie schon marschbereit?«, fragte er, als wie wenn nichts gewesen wäre.
»Ja«, antwortete Paul und schnürte seinen Tornister zu, »und ich danke Ihnen noch mal schön, dass Sie mir diese peinliche Befragung erspart haben. Aber ich schwöre … «
»Hören Sie doch auf!«, fuhr ihn Doktor Müller barsch an. »Das interessiert wirklich keinen mehr. Bringen Sie mir einfach nur genügend Penicillin mit, Morphium, Schmerzmittel und soviele Schlaftabletten wie möglich. Merken Sie sich das gut! Das ist das Wichtigste. Diese Mittel brauche ich nämlich hier im Lazarett am dringendsten! Und davon schicken die mir immer zu wenig! Hier ist Ihre Autorisation.«
Er reichte ihm ein unterschriebenes Blatt Papier mit einer Aufstellung. Paul nickte erleichtert. »Versprochen. Wird gemacht, Herr Doktor!«
»Ach«, der Arzt wandte sich noch einmal um, »das hätte ich fast vergessen.« Er nahm etwas aus seinen Papieren und nestelte in seiner Tasche. »Hier, das soll ich Ihnen von General von Manstein überreichen – zusammen mit dieser Urkunde: Im Namen des Führers: Dem Unteroffizier Paul Hofmann, Stabsbatterie WR 70 wird hiermit das Krimschild verliehen. Sie werden ja dann bei der offiziellen Feier in ein paar Tagen nicht dabei sein!«
Paul nahm das Abzeichen entgegen, ohne ein Gefühl der Freude oder des Stolzes zu empfinden. Gerade jetzt war eben nicht der richtige Moment dazu.
»Meinen Glückwunsch! Aber jetzt reisen Sie erst mal nach Hause.« Jovial nickte er ihm zu und eilte nach einem Wink des Assistenzarztes wieder in den Operationssaal.
Paul steckte das Krimschild und die Urkunde in seinen Tornister und legte sich wieder auf die Pritsche. So furchtbar das alles auch war – aber er würde Magdalena wiedersehen! Es gab ihm einen Stich ins Herz. In größeren Abständen sah er immer wieder nach der Uhr. Die Zeit verging einfach nicht. Die restlichen paar Stunden, die noch vor ihm lagen und langsam dahinschlichen, schienen ihm eine fast endlose Zeit.
Die 11. Armee unter Generalfeldmarschall von Manstein hatte sich nach der Eroberung der Halbinsel Kertsch und Sewastopol zunächst bis auf einige Reste des Gebiets zur Verteidigung nach Simferopol zurückgezogen. Danach wollte er hinter dem Jailagebirgein Ruhe und Bereitstellung gehen, um die nächsten Schritte zu überdenken und auf neue Befehle aus dem Führerhauptquartier zu warten.
Sosehr sich die Soldaten auch über den Sieg und die Eroberung des wichtigsten russischen Stützpunktes freuten, so war doch der Anblick der verlassenen Dörfer beklemmend, in deren Katen oft noch Verwundete lagen, die ohne Hilfe dahinvegetierten. Neuntausend russische Gefangene, die untergebracht werden mussten, unzählige Tote an der Küste, die in der Hitze verwesten und deren Geruch man nur mit Tüchern vor dem Mund ertragen konnte, ließen ahnen, zu welchem Preis der Sieg erfochten war. Jetzt wurde dringend ein zweiter, großer Transportzug mit Nachschub, Lebensmitteln, schwerem Gerät und Waffen erwartet, um wenigsten einen Teil dessen zu ersetzen, was man bei dem Dauerbeschuss auf der Krim verloren hatte. Alles stand schon bereit, diese Reserven mit Fahrzeugen in ein verstecktes Lager in den Bergen zu den Tartaren zu transportieren, die es bewachen sollten.
Hans, von dessen Verwundung jetzt nur noch eine Narbe zeugte, war nach seiner Entlassung aus dem Lazarett zu dem
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