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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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oder ›hermetischen‹ Kunst rangierten.
    Die zwanzig Jahre seines selbstgewählten Exils inmitten der Stadt hatten ihn dem Ziel seiner Träume, dem Elixier des Lebens, dem Stein der Weisen, dem ›Theriak‹ oder was immer für Namen dafür existierten, beträchtlich nahe gebracht, wie er zuinnerst bei sich spürte. Nur wenig Zeit noch, ein paar Tage und Stunden vielleicht, dann wäre er dem letzten großen Werk, dem ›Experimentum Crucis‹, gewachsen.
    Beim Gedanken daran verklärte sich sein für gewöhnlich ausdrucksloses Antlitz, und die Welt nahm all die leuchtenden Farben an, die er sonst nur seinen Retorten entlocken konnte. Von ihm, Christian Casimir Creuz, erhielte die Menschheit schon bald ein Mittel, das mehr als geeignet wäre, die falsche Schuld vergessen zu machen, mit der man ihn belastete. Als Wohltäter würde man ihn feiern, als Lebensretter verehren und in die königliche Akademie aufnehmen. Er sah den eigenen Namen bereits in eine Linie mit Hermes Trismegistos, Archimedes, Paracelsus und Albertus Magnus gerückt. Die Welt wäre eine andere, eine bessere; Kriege würden sinnlos, Habsucht würde verpuffen, der Stachel Tod seine Bedeutung verlieren …
    Ein lauter Knall unterbrach seine Fantasien: Aus Unkonzentriertheit hatte er einen Reagenzkolben zu lange erhitzt, aus dem schon längst alle Flüssigkeit entwichen war. Wie eine Seifenblase war das Glas zerplatzt. Der Gast, der ihm seit zwei Tagen beim Hantieren zusah, wich mit einem Aufschrei ins Nachbarzimmer zurück und konnte erst durch Lachen und gutes Zureden von der Harmlosigkeit des Geschehenen überzeugt werden.
    Creuz blieb weiterhin unschlüssig, ob dieser Mann verrückt war oder nur unter dem Eindruck eines schweren Schmerzes stand, der ihn in kindlich anmutende Zustände zurückversetzte.
    Nichtsdestotrotz schien er ihm wie vom Himmel geschickt. Hätte er sich ein geeigneteres Wesen wünschen können, um die Quintessenz all seiner Mühen auszuprobieren? Behutsam führte er ihn aus dem Labor und verschloss es hinter sich. In seiner Umnachtung könnte der Fremde leicht das Haus in Flammen setzen und die Früchte vieler aufopferungsvoller Jahre in Rauch aufgehen lassen.
    In der Obhut seines Lehrlings ließ er ihn zurück und machte sich auf den Weg in den Kornschen Gasthof. Bei seinen jungen Freunden in der ›Litterärischen Harmonie‹, einem äußerst kuriosen Zusammentreffen ähnlich zurückgezogen lebender Gelehrten, würdeer sich einige Stunden lang schon heute in dem Gefühl sonnen können, ein geachteter, wichtiger Mann zu sein.
    Der Donnerstagvormittag war eine einzige Strapaze gewesen. Das Mittagessen hatte ungewohnt üppig ausfallen müssen, da ein an Umfange und Wohlgerundetheit Honoré Langustier nicht viel nachstehender Herr, aus Rheinsberg kommend, in Charlottenburg Station gemacht hatte: Pierre Louis Moreau de Maupertuis, das künftige Oberhaupt der Akademie der Wissenschaften, erschien gewissermaßen als Vorbote Sr. Königlichen Majestät, die am Sonnabend in Charlottenburg einzutreffen geruhten.
    Diese Neuigkeit war nur ein Grund mehr für den Zweiten Hofküchenmeister, ins Wanken zu geraten. Was um Himmels willen hatte er bislang geleistet? Wo waren seine vorzeigbaren Erfolge? In zwei Tagen würden Jordan und er vor den König treten. Wie aufgeputzte Trottel stünden sie da. Mit einem flehenden Blick zum Himmel verließ er den Küchenflügel und folgte Monsieur de Maupertuis zu einer auf dem Vorplatz wartenden Kutsche.
    Der Gelehrte hatte es sich nicht nehmen lassen, seinen Landsmann in der Küche aufzusuchen und ihm persönlich für die erlauchten Genüsse zu danken, die ihm bereitet worden waren: getrüffelte Bandnudeln, Zwetschgen in Wachteln, Weinbergschnecken süßsauer und geschmorte Schirmpilze. Der aufgeschlossene, lustige Mann war mit dem Koch sogleich in anregende Gesprächsmaterien geraten, als er Langustiers Interesse an sämtlichen Naturerscheinungen und den Errungenschaften der Naturwissenschaften verspürt hatte. Herrlich konnten beide über alles und nichts parlieren. Ablenkung, fühlte Langustier, konnte ihm nichts schaden. Daher akzeptierte er liebend gerne de Maupertuis’ Anerbieten, ihn kurz in sein Berliner Domizil zu begleiten, um einen Blick auf seine viel gerühmte Sammlung von Naturalien zu werfen. Bei dieser Gelegenheit hoffte Langustier auch, in der eigenen Stadtwohnung wieder einmal nach dem Rechten sehen zu können.
    Auf der Fahrt ging ihr Geplauder recht munter fort. Sie sprachen über

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